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Rise

Mit ihrem Debütalbum sorgten die Hollywood Vampires Alice Cooper, Joe Perry und Johnny Depp vor knapp vier Jahren für eine riesige mediale Aufmerksamkeit. Wann verbünden sich schon einmal zwei absolute Rock-Ikonen mit einem der populärsten Hollywood-Schauspieler der letzten 20 Jahre zu einer Rockband? Aus Coopers Gewohnheit entstanden, bei seinen Konzerten Cover-Versionen von verstorbenen Rockmusik-Grössen der 70er zu Ehren seiner Saufkumpane Keith Moon, Ringo Starr, Marc Bolan, Keith Emerson und anderen zum Besten zu geben. So war dann das erwähnte, selbstbetitelte Debüt bis auf drei Songs ein Cover-Album mit Songs von T.Rex, The Who, Led Zeppelin, Jimi Hendrix und anderen.

Bei „Rise“ sind die Vorzeichen nun genau umgekehrt. Das Album umfasst dreizehn Original-Songs, hauptsächlich aus der Feder von Cooper, jedoch auch Cover-Versionen von David Bowies ‚Heroes‘ oder Punk-Poet Jim Carolls ‚People Who Died‘. Ein weiterer Unterschied: Der Umfang an (prominenten) Gastmusikern wurde von „sehr vielen“ auf „beinahe Null“ heruntergefahren. Lediglich Drummer Glen Sobel und Gitarrist Tommy Henriksen aus Coopers Hauptband sind aktiv beteiligt. Dennoch ist ‚Rise‘ in mehrerlei Hinsicht ein eigenständigeres Album der zwei Altrocker und des Fluch-der-Karibik-Millionärs Depp, der schon seit Mitte der 90er Musik für Filmsoundtracks, als Gastmusiker bei Marylin Manson, Iggy Pop, seiner Ex-Lebensgefährtin Vanessa Paradis sowie seiner eigenen Band p. Auf „Rise“ ist Depp zudem bei zwei Songs Hauptsänger, beim Debüt steuerte er lediglich Hintergrundgesang bei.

Ja, alles schön und gut, aber wie sind denn nun die Songs? Die Songs sind solide und rocken, aber die wenigsten haben echtes Hit-Potential! Natürlich tragen die meisten mit der unverkennbaren Stimme von Alice Cooper dessen DNA, obwohl alle Songs kooperativ und ein grosser Teil unter der Mitwirkung von Depp und Perry entstanden sind. So wie der tighte Opener ‚I Want My Now‘ mit seinen treibenden Beats und Riffs, der gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen setzt! Die düstere Hymne an Schadenfreude ‚Who’s Laughing Now‘ besticht um Midtempo. Perry singt die hübsche New-York-Dolls-Nummer ‚You Can’t Put Your Arms Around A Memory‘ mit country-bluesiger Begleitband-Produktion. ‚Git From Round Me‘ aus Feder und Mikrofon von Henriksen und Depp gefällt als rifflastiges-Groove-Brett.

‚Heroes‘ hat mit viel Hall bei Gesang und Gitarren einen starken aber nicht unsympathischen U2-Touch, Depp überzeugt bei dem Song am Mikrofon. ‚Mr. Spider‘ sammelt als melancholische-schaurige Ballade Punkte, das Caroll-Cover ‚People Who Died‘ dagegen scheint etwas unpassend zum Rest der Songs aus dem Rahmen zu fallen. Die Instrumentalstücke von Depp, der bereits bei Filmen wie „Chocolat“ als Bohemian die Akustik-Gitarre schwang, enttäuschen jedoch als überflüssiges Füllmaterial, genauso wie die Spoken-Word-Nummer ‚Congratulations‘ am Ende des Albums.

„Rise“ gefällt und macht Eindruck, nicht zuletzt, wenn man das schicke Digi-Pack oder Vinyl mit geprägtem Bandlogo und einem coolen Nosferatur-Vampir-Artwork in den Händen hält. Einige Songs wie ‚I Want My Now‘, ‚Who’s Laughing Now‘ oder ‚Git From Round Me‘ haben Strahlkraft und Wiedererkennungswert, und Depp und Perry überzeugen als Sänger bei zwei tollen Cover-Versionen. Wo viel Licht ist, ist aber auch viel Schatten: Etliche Songs plätschern oder wirken unausgewogen, was das Album als Ganzes doch etwas abwertet. Für Fans ist das sicher mehr als genug, für jeden, der nach einem funkelnden Rock-Diamanten sucht, wohl kaum etwas.

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