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Phantom Anthem

Wenn man als Band ein paar Erfolge hatte, dann kann man wählen: Entweder auf dem Geschaffenen ausruhen oder den eigenen Stil (falls vorhanden) weiterentwickeln. August Burns Red haben in den letzten Jahren jede Menge ausprobiert. Nicht alles wurde von den Fans wohlwollend aufgenommen (Stichwort cleaner Gesang), also ging es auf dem letzten Album „Found In Faraway Places“ eher in eine andere Richtung: Metalcore plus Einschübe aus anderen Musikrichtungen wie Klezmer und Country. Kann man das toppen?

Man kann es, muss es aber nicht. Das neue Werk „Phantom Anthem“ steht in der Tradition des bekannten Materials, ohne riesige Sprünge nach vorn zu wagen. Der Opener ‚King of Sorrow‘ erweckt zwar in der ersten Minute den Eindruck, noch brutaler und vor allem geradliniger sein zu wollen als das was man schon kennt, wenige Momente später überwiegt aber schon wieder die gewohnte Spielfreude der Band. Auffällig ist dennoch, dass melodische Elemente immer wieder selbstverständlicher als noch zuvor einfließen.

Härte und Melodie spielt das Quintett hier nicht gegeneinander aus, sondern ergänzt beides mit einer beeindruckenden Eleganz und ohne, wie beim Vorgänger, zwischendrin allzu stark auf die Bremse zu treten. ‚The Frost‘ dürfte das beste Beispiel sein – ein Titel, der sich nicht nur thematisch an das anlehnt, was die Band mit ihrem Weihnachtsalbum „Sleddin‘ Hill: A Holiday Album“ schon eindrucksvoll angedeutet hat. Schellenring und Glöckchen können durchaus Metal sein, man muss es nur ausprobieren.

Melodielinien die länger im Kopf bleiben findet man allerdings erst in der zweiten Albumhälfte. Besonders ‚Quake‘, ‚Generations‘ und ‚Dangerous‘ glänzen mit einigen Hooks, die noch eine Weile nachklingen. Alles andere klingt nach gewohnter Qualität mit noch etwas komplexeren Arrangements, ohne dass es im Ergebnis allzu chaotisch würde. Technisch erweisen sich August Burns Red einmal mehr als erfahrene Größen ihrer Szenen, die längst eigene Maßstäbe gesetzt haben. Auch wenn sie auf diesem Album im Vergleich zu mancher Glanzleistung der Vergangenheit etwas kürzer treten.

(geschrieben von Michael Seiler)

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