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Onward To Freedom

Seit 1990 ist der Ausnahme-Drummer Ted Kirkpatrick mit seiner Progressive-Thrash-Metal-Band Tourniquet am Start. Zumindest in den USA ist die Band populär – zahlreiche gewonnene Auszeichnungen für Alben und von Drum-Magazinen sprechen eine deutliche Sprache. Neben den immer wieder auftauchenden christlichen Themen auf den Alben war Kirkpatrick von Beginn an auch ein eifriger Verfechter des Tierschutzes. Bereits auf dem Debütalbum „Stop The Bleeding“ war mit ‚Ark Of Suffering‘ ein halb anklagender, halb ermahnender Thrash-Metal-Appell gegen Tierversuche zu finden. Seither hat sich Kirkpatrick immer wieder für den Erhalt der Schöpfung eingesetzt, zuletzt auf seinem Solo-Debüt „Ode To A Roadkill“, einem Konzeptalbum zum Thema von 2010. Nun meldet sich der Percussionist und Komponist mit einem neuen Projekt für die Tiere zurück. „Onward To Freedom“ wurde mit Hilfe der Crowdfunding-Plattform Kickstarter realisiert, ein Teil der Erlöse fliesst zurück an Tierschutzorganisationen. Wie bereits beim Vorgänger „Antiseptic Bloodbath“ hat Kirkpatrick einmal mehr namhafte Gastmusiker für das Album gewinnen können. Unter anderem wirken Michael Sweet (Stryper), Dug Pinnick (King’s X, KXM), Marty Friedman, Bruce Franklin (Trouble), Mattie Montgomery (For Today) und Rex Carroll (Whitecross) auf dem neunten Tourniquet-Album mit.

Der Titeltrack und Albumopener ist die Hymne, die das ganze Album definiert. Mit Michael Sweet von Stryper an Gitarre und Gesang (mit spektakulären Guy-Ritter-Gedächtnis-Pitches) und Mattie Montgomery von For Today mit seinen gewaltigen Metalcore-Screams im zweiten Teil ist der Song einer der besten des Albums. Die Riffs sind schön knackig und der Refrain geht ins Ohr. Inhaltlich vermittelt Kirkpatrick seine Überzeugung, dass man mit reflektiertem Konsumverhalten bereits viel zum Tierschutz und Tierrechten beitragen kann. Ein weiterer, ultraharter Thrash-Metal-Kracher ist ‚The Slave Ring‘, in dem es um Hundekämpfe geht. Die Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind, machen betroffen, wenn man Bilder von Hunden nach Kämpfen sieht. Die Brutalität des Themas, „dem totalen Betrug am besten Freund des Menschen“ spiegelt sich auch sehr eindrucksvoll in der Musik wider, zum Beispiel im verstörenden Intro. ‚Let The Wild Just Be Wild‘ spricht den Tieren das Recht auf ein Leben in Würde als Tiere zu. Hier ist außer dem typischen Drumming und den neo-klassizistischen Gitarren des Meisters ist vor allem der Gesang von Gabbie Rae faszinierend. In ‚No Soul‘ besingt Doug Pinnick von Kings X eindringlich die Frage, ob Tiere eine Seele haben. Nein, ist die Antwort von Kirkpatrick – haben sie nicht. Und dennoch oder gerade deshalb sind sie nicht zu Bösem fähig – im Gegensatz zum Menschen. Eindringlichkeit bekommt der Titel durch die prägnante Stimme von Pinnick. Ein Song, der wie eine gelungene Mischung aus Tourniquet und King’s X klingt, so banal das klingen mag. Franklin von Trouble setzt mit seinem unverwechselbaren Gitarrensound das Tüpfelchen auf’s „I“. Wirklich sehr schick! ‚Drowning In Air‘ lässt der bekennende Verehrer von Chopin, Mozart und Konsorten mit einem barocken Piano-Intro beginnen. Keine Angst, die Gitarrenriffs und Kirkpatricks fantastische Drums kommen früh genug, und wie sie kommen! In diesem fantastischen Titel liefern sich die beiden Sänger Nick Villars und Blake Suddath ein Gesangs- Duell. Der eine screamt, der andere singt und Guardian-Saitenmann Tony Palacios streuselt ein zuckersüßes Solo drüber. Das vielseitige Album schließt mit der Rock-Ballade ‚Cage 23‘, der erneut Gabbie Rae ihre wohlklingende Stimme leiht, welche den Song dominiert. Sehr hübsch, aber stilistisch ein etwas unpassendes Anhängsel.

Die stilistische Einordnung des Albums als Ganzes ist auch ein guter Aufhänger für das Fazit. Denn „Onward To Freedom“ fällt deutlich aus dem Rahmen der bisherigen Touniquet-Discographie, auch wenn sich das nicht so ganz einfach beschreiben lässt. Man könnte sagen, daß „Onward To Freedom“ in erster Linie ein musikalisches Projekt/Konzeptalbum für den Tierschutz ist und erst in zweiter Linie ein Rock- und Metalalbum. Das ist eigentlich kein Kriterium für die Qualität, aber man muss es wissen. Deutlich wird dies beispielsweise auch am Spoken-Word-Titel ‚The Noble Case For Mercy‘. Die Bandbreite der Songs ist beeindruckend. Von metalcore-lastigen Thrash-Songs wie ‚Drowning in Air‘ und ‚The Slave Ring‘, über Classic-Metal in ‚Onward To Freedom‘ bis zu einem Mix aus Thrash-Metal und Progressive Rock in ‚No Soul‘. Die technische Klasse der Gastmusiker und des Tourniquet-Kerns ist ohnehin unbestritten. Und den Gräueltaten gegen Tieren eine Stimme zu geben ist ohnehin ehrenwert. Fazit: Wer kein reines, geradliniges Metal-Album erwartet und progressiven Tendenzen etwas abgewinnen kann, wird alles andere als enttäuscht werden.

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