ILLEGALE FARBEN – Monte Fiasko

Drinnen Sinnkrise, draußen Krieg? „Monte Fiasko“ (Rookie Records) könnte da ein wenig Trost spenden. Zumindest packt das vierte Album von Illegale Farben aus Köln verstörende Empfindungen wie diese in die richtigen Worte.

Wir erinnern uns: Einst wollte die Band Mauern einreißen. Heute sind die Musiker anscheinend froh, wenn sie sich in selbige bisweilen zurückziehen können. („Ich halte mich lieber raus und halte mal den Rand … Lass mich schlafen, lass mich endlich mal in Ruh“ – Geisterbahn) Denn die Welt ist mittlerweile eine andere als 2016, da es bei den Kölnern powerpopmäßig einfach nur nach vorne ging. Zum Durchtanzen reicht nun aber offenbar die Kraft nicht mehr. Und kommt doch ein wenig Leichtigkeit auf, schleicht sich gleich das schlechte Gewissen an.

Angedeutet hatte sich das ja schon mit „unbedeutend ungenau“, dem Konzeptalbum mitten aus dem Lockdown. Dass die introvertierten, fast düsteren Songs keine Ausnahme in der Krise waren, zeigt nun „Monte Fiasko“. Denn Krise ist immer noch, und Illegale Farben wollen und können womöglich nicht mehr komplett zu den alten Zeiten zurückkehren.

Einen der Gründe dafür bringt die Band gleich im Opener des neuen Albums an, und das ohne das Problem direkt beim Namen zu nennen. Angesichts des eindeutig uneindeutigen Textes von „Etwas liegt in der Luft“ kann man leicht erschaudern bei dem Hinweis, dass die Musiker den Song – ebenso wie das ganze Album – schon im Spätsommer 2023 aufgenommen haben (und nicht erst nach den Correctiv-Berichten im November):

Versucht aufzurühren, versucht zu verführen, versteckt sich dabei kaum / Finstere Pläne, offen ausgeführt, unerbittliche Pläne“

Neben all dem, was da draußen alles so Unangenehmes vor sich geht, thematisieren Illegale Farben auch die Krisen auf ganz persönlicher Ebene. Egal, ob durch das ominöse mittlere Alter, durch den Herbst oder durch Überforderung ausgelöst – in den Texten von „Monte Fiasko“ dürften sich alle wiederfinden, denen diese Zeiten Sorgen bereiten und die sich sehr alleine fühlen. Entsprechend sind das Tempo der Songs und überhaupt ihr Ton zumeist dezent gehalten. Für interessante Details wie etwa die Bläser bei „10 Sekunden“ oder „Slow Dance“ muss man da schon genauer hinhören. Passiert das gerad einmal nicht, wird man mit „Gefühle“ zwischendurch schön wachgerüttelt. Da konnte der wütende Aufschrei dann doch nicht mehr zurückgehalten werden, und mit sicherem Instinkt wurde als Co-Sängerin Cecilia von The Baboon Show dazugeholt.

Obwohl die Musiker von Illegale Farben in den Anfangstagen der Band auch schon keine tatendränglichen Jungspunde mehr waren, hat sich die hibbelige Aufgeregtheit der ersten beiden Alben gelegt. Immer noch spielt sich die Musik zwar zu einem deutlichen Teil im Bauch ab. Doch wo zuvor ein starkes Kribbeln war, haben sich nun ein dumpfes Gefühl und die Sicherheit breitgemacht, dass die Dinge schlecht stehen. Kein Wunder, dass man sich da am liebsten verkriechen will. Aber Illegale Farben wären nicht Illegale Farben, wenn sie wirklich aufgeben würden. Nur das „Lass uns weitergehen“ am Albumende klingt doch sehr melancholisch und schwerfällig.

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