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Juggernaut: Omega

Das Metal-Sextett Periphery von der US-Ostküste gehört neben TesseracT und den Animals as Leaders zur Speerspitze einer neuen Generation von Progressive-Metal-Bands, deren Ursprung wohl bei Meshuggah zu finden ist. Allesamt hervorragend exzellente Musiker, haben sie dem in vieler Hinsicht gar nicht mehr so fortschrittlichen Genre mit ihrer Öffnung zu „anderen“ Musikstilen wie Metalcore und Jazz sowie einer von den Effekten bis zur (Selbst)-Vermarktung modernen Haltung zur Musik eine Frischzellenkur verpasst, die sich nicht nur in stetig steigenden Anhängerzahlen, sondern auch in einer breiten Beachtung in Metal-Magazinen ausdrückt. TesseracT werden von Dream-Theater-Gitarren-Magier John Petrucci nicht nur für ihr letztes Album „Altered State“ als die wohl momentan beste Metal-Band verehrt und auch die Cousins von Animals as Leaders haben im vergangenen Jahr mit ihrem neuesten Werk „Joy In Motion“ bei all jenen, die Metal mit Jazz-Einflüssen lieben, für allerhöchste Verzückung gesorgt. Nun legt Periphery mit dem Doppel-Konzeptalbum „Juggernaut“ nach, das inhaltlich und auch musikalisch eine Einheit bildet, aber als zwei Einzelalben „Juggernaut: Alpha“ und „Juggernaut: Omega“ verkauft wird. Die Entstehung des Doppel-Konzeptalbums beschreibt die Doku auf der beiliegenden DVD auf „Juggernaut: Omega“ namens „JuggerDoc“. Drummer Matt Halpern erklärt:

„“Juggernaut“ ist eine Geschichte, die wir mit unserer Musik erzählen – und wir wollen unserem Publikum das Gesamtergebnis besonders gut verdaulich präsentieren. Weil „Juggernaut“ sehr detailliert und in Bezug auf die Entwicklung der Charaktere, Höhen und Tiefe in der Erzählung und Höhepunkte und Auflösungen sehr dicht ist, haben wir die Geschichte in zwei Teile, also zwei Alben aufgeteilt. „Alpha“ ist der erste Teil der Geschichte und konzentriert sich auf die Rahmenhandlung und die Charaktere, während im zweiten Teil „Omega“ einige ernste und aufregende Ereignisse in den Mittelpunkt stellt. Man begleitet den Hauptcharakter auf seiner spannenden Achterbahnfahrt einer komplexen Geschichte. Obwohl wir die Alben aufgeteilt haben, ist die Geschichte nur vollständig, wenn man beide Alben nacheinander anhört. Nur so kann der Hörer die musikalischen und inhaltlichen Themen sowie deren Entwicklungen und Überschneidungen voll genießen.“

Der zweite Teil des Doppelwerkes beginnt nach der ‚Reprise‘ mit dem heftig-genialen ‚The Bad Thing‘ – irgendwo angesiedelt zwischen Deathcore mit einer derben Bandbreite von Screams und Growls (eine nochmalige Steigerung dessen folgt wenige Titel später mit ‚Hell Below‘) – und atmosphärisch-ruhigen Passagen, vor allem gegen Ende. Zum Beginn von ‚Priestess‘ kommt kurz eine Flamenco-Gitarre zum Einsatz – und dann bestimmt neben der enorm vielseitigen Gitarre einmal mehr Sänger Spencer Sotelo mit warmem Gesang die angenehm komplexe Musik. ‚Graveless‘ zerstört die Idylle im Ohr wieder – doch die harten Passagen bzw. der Wechsel zwischen Screams und Klargesang erzeugt eine unglaubliche Dynamik, Gänsehaut inbegriffen. Der Titelsong ‚Omega‘ ist mit über elf Minuten das Herzstück des zweiten Albums dieser Doppel-Veröffentlichung. Er bildet im Kleinen nochmals alles das ab, was auch auf den beiden Alben als Gesamtes immer wieder für aufgeregte Zustimmung sorgt.

Das ist vor allen Dingen die Bandbreite der Härte des Albums, das von derbstem Deathcore inklusive vielen ungewöhnlichen Tempo- und Rhythmuswechseln bis zu beinahe meditativen Gitarrenstrecken und melancholisch-wohlklingendem Gesang reichen. Absolut aufregend und in seiner Komplexität nicht mit einigen wenigen Hördurchgängen zu erfassen, was als Kompliment gemeint ist. Trotzdem gibt es immer wieder auch sehr eingängige Abschnitte, und diese Kombination aus Komplexität und Eingängigkeit ist gemeinsam mit der technischen Klasse der Musiker auch der große Pluspunkt dieser umfangreichen Doppel-Veröffentlichung. Laut Lexikon steht der Begriff „Juggernaut“ für eine unaufhaltsame Kraft, die alles vernichtet, was ihr im Wege steht und nur schwer zu lenken ist. Der Titel passt, die Analogien liegen zumindest teilweise auf der Hand. „Juggernaut“ ist ein spektakulär kraftvolles Album, das nicht allein durch Härte, sondern den perfekt ausbalancierten Dreiklang aus Komplexität, Emotion und Härte besticht.

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