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Dreamless

Mit „Dreamless“ beglücken uns die Prog-Death-Metaller von Fallujah mit ihrem mittlerweile dritten Longplayer. Die Erwartungen nach den durchweg positiven Kritiken des Vorgängers „The Flesh Prevails“ (2014) sind entsprechend hoch. Wurde die Band nach ihrer Debut-EP „Leper Colony“ (2009) und der ersten LP „The Harvest Wombs“ (2011) noch dem Deathcore mit Post-Black-Metal-Einflüssen zugeschrieben, läutete die 2013er EP „Nomadic“ bereits den zukünftigen, progressiveren und melodischeren Stil der Band ein, der sich in der folgenden Veröffentlichung vollends manifestierte. In den zwölf nahtlos ineinander übergehenden Liedern auf „Dreamless“ setzen die fünf Kalifornier diesen eingeschlagenen Weg konsequent fort und bereichern ihn durch neue Elemente. An den Reglern saß erneut Zack Ohren, der seit dem Debütalbum fest mit der Band zusammenarbeitet. Wurde bei „The Flesh Prevails“ noch bemängelt, dass der Gesamtsound zu dicht und undifferenziert sei, schaffte es der Produzent dieses Mal, dem warmen Gesamtsound der Band und den sphärischen Melodien der Gitarristen Scott Carstairs und Brian James Raum zu verschaffen. So entstand ein differenzierteres Klangbild. Ebenfalls am Start ist Gastsängerin Tori Letzler, die schon das letzte Werk der Jungs aus Los Angeles mit ihrem ätherischen Gesang zusätzlich veredelte.

Der Opener ‚Face of Death‘ beginnt mit einem einminütigen Intro, das von einem für Fallujah typischen, stampfenden Midtempo-Riff durchbrochen wird. Das bedeutet allerdings keine „rammsteinige“ Monotonie, sondern vielmehr verschachtelte, wechselnde Akzentuierung über einem zugrundeliegenden 4/4-Takt, bevor schließlich der Gesang einsetzt. Es folgen mit ‚Adrenaline‘ und dem bereits vorab veröffentlichten ‚The Void Alone‘ zwei bandtypische Nackenbrecher mit vertrackter Rhythmik und vertrauter Melodieführung. Beide Songs werden durch ruhige Parts unterbrochen, die wegen der Delay-Gitarren und
-Soundscapes nicht nur entfernt an Cynic erinnern. Schlagzeuger Andrew Baird und Bassist Rob Morey liefern während der komplexen Rhythmusfiguren wahrhaft Unglaubliches ab. ‚Abandon‘ kommt in gemäßigterem Tempo daher und wälzt einen regelrecht um. Wie bereits von den bisherigen Alben gewohnt, stellt der Titeltrack ein Instrumental dar und besticht durch eine großartige Atmosphäre. ‚Prodigal Son‘ weist alle Facetten der stilistischen Bandbreite von Fallujah auf, während ‚Amber Gaze‘ durch die Harmonieführung zu Beginn sowie mit seiner Brachialität und den thrashigen Blastbeats sogar Reminiszenzen an das Debütalbum zulässt.

Nach dem kurzen ‚Fidelio‘, das als Ambient-Track mit Piano, Spoken Words und Dubstep-Rhythmen (!) daherkommt, folgt mit ‚Wind for Wings‘ ein weiteres technisches Highlight. Alex Hofmann ist hier erstmals mit klarem Gesang am Ende des Songs zu hören. Gefällt! Anschließend erklingt mit ‚Les Silences‘ der wohl ungewöhnlichste und zugleich atmosphärischste Song des Albums. Er besticht durch weite Soundflächen, einen spartanischen Elektro-Beat, darüber eine emotionsgeladene Melodie und hintergründige Filmsamples. Mutig und Extraklasse zugleich! Im finalen ‚Lacuna‘ bieten die fünf Amis dann nochmals alles in gebündelter Form auf und lassen den Hörer letztlich erstaunt und geplättet zurück.

Ob das jetzt progressiver Melodic Death, Tech-Death oder bewusstseinserweiternder Schwurbelcore ist, Fallujah liefern hier ihr bisher reifstes Werk ab und erweitern ihr Soundspektrum durch noch mehr Atmosphäre und einige überraschende elektronische Finessen. Sperriger und progressiver als der Vorgänger benötigt „Dreamless“ mehrere Durchläufe, um seine unglaubliche Schönheit zu entfalten. Spätestens jetzt ist die Band definitiv in der Spitze moderner brutaler Progressive-Bands angekommen. Fans von The Faceless, Cynic oder Obscura sollten hier blind zuschlagen!

(geschrieben von Marcel Mattner)

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