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Disposal Of The Dead / Dharmata

Defeated Sanity aus Berlin sind zurück. Und wie schon bei ihrem hervorragenden, letzten Album „Passages Into Deformity“ gehen die vier Jungs um Drummer und Bandleader Lille Gruber ihre absolut eigenen Wege im Brutal Death Metal. So sehr die Jungs auf Gore bei ihren Vorbildern stehen, ihnen selbst ist das zu eindimensional. Für ihre Eigenständigkeit und ihr technisches Können werden die Jungs zu Recht weltweit verehrt. Hatte der Vorgänger von 2014 vor allem mit dem gelungenen Dreiklang aus Härte, Vielseitigkeit und Spiritualität nicht nur bei uns gepunktet, fällt 2016 gleich der besondere Titel ins Auge (und beim Ersten anhören auch ins Ohr): „Disposal Of The Dead / Dharmata“ scheint eine Art Doppelalbum zu sein. Des Rätsels Lösung ist so simpel wie einfallsreich: Defeated Sanity haben aus einer spontanen Idee heraus ein Split-Album mit sich selbst aufgenommen. So gesehen handelt es sich hier quasi um eine „Doppel-EP“. Alleine schon dafür haben die Herren einen Innovations-Bonus verdient, zumal die Umsetzung exzellent ist. In unserem Interview hat Gruber im Detail über die Unterschiede gesprochen. Die Kurzversion für Lesefaule: „Disposal Of The Dead“ sind sechs Brutal Death Metal Songs, die typisch nach Defeated Sanity klingen – geradlinig und alle um die vier Minuten – aber volles Brett. Die Vocals hat noch der inzwischen ausgestiegene Konstantin Lühring eingesungen, der selbst im Genre für ultratiefe Growls steht. Daneben gibt es tonnenweise Blastbeats und Doublebass, tief gestimmte Saiteninstrumente und Grubers eigenständigen Drum-Sound. Die Texte behandeln Bestattungsrituale verschiedener Kulturen – auch hier alles ganz, wie es sich für eine Todesmetall-Truppe ziemt. ‚Consuming Grief‘ lautet der Titel des Songs, den wir hier herausgepickt haben. Ein Sturm ist das, was einen da wegbläst. Und auch wenn dieser Song in punkto Komplexität vergleichsweise einfach gehalten ist, bietet er ideenreichen, harten Death-Metal, wie ihn nicht jede Band da draußen auf die Beine stellt.

Das nur einminütige ‚Dharmata‘ läutet den zweiten Teil dieser irgendwie verrückt-genialen Scheibe ein, und der klingt vor allem jazzig-thrashig und deutlich weniger todesmetallisch. Freunde von Death, Cynic oder Believer werden sich hier zu Hause fühlen und natürlich alle anderen, die progressiv-thrashige Bands mögen. Es gibt keine Blastbeats oder Double-Bass, aber jede Menge Soli, Licks und Intermezzi. Der Bass ist sehr deutlich zu hören, die Gitarren sind clean und der Gesang von Max Phelps (Ex-Cynic, Death to All) reicht von heiseren Shouts bis zu fiesem Keifen. Die Songstrukturen sind komplex mit jeder Menge atypischen Takten und Rhythmuswechseln, jeder Song beginnt in einer anderen Tonart und durchgeht mehrere Modulationen. Der zweite Teil des Albums ist also musikalisch in beinahe jeder Hinsicht völlig anders als der Erste, aber genauso faszinierend einfallsreich. ‚The Quest For Non-Existence‘ beispielsweise ist ein unglaubliches Innovations-Gewirr mit abgedrehten Drums-Fills, kurzen, chillig-atmosphärischen Überleitungen, überquellend-vielseitigen Riff-Ideen und, und, und.

Einmal mehr kann man Defeated Sanity mit Ausrufezeichen attestieren, daß bei ihnen die Jagd nach der grellen Idee und deren meisterhafter Umsetzung im Zentrum steht. Keine Klischees, die es zu erfüllen gilt. Eigene Idee, eigener Sound, kreativ und anspruchsvoll wie Hölle. Das sind Defeated Sanity.

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