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The Fall

Wie klingt ein Fall? Ein Fallenlassen, ein Fall in die Tiefe, ein Fall auf die Knie, ein Hineinfallen in die Umgebung. Es gibt diverse Möglichkeiten ihn zu beschreiben. Auch Tiny Fingers fallen. In ihrem Falle klingt das Ganze auf ihrem neuesten Werk wie ein Sog. Zwischen den Touren und auf Reisen entstanden die neun Songs auf ‚The Fall‘. Die neuen Eindrücke gesammelt und konserviert, reißt das Quartett aus Israel einen mit in den Sturzflug. Schon wie das vorhergehende ‚Megafauna‘ ist auch ‚The Fall‘ ein reines Instrumentalalbum. Es teilt das Gefühl seines Vorgängers, das als Liveset aufgenommen wurde, und gibt sich der Musik in einem Stück hin.

Die Tracks schmelzen zu einer organischen Masse zusammen und bilden eine dunkle, zähe Atmosphäre. Allein zum großen Finale ist es eine liebliche Akustikgitarre, die Raum zum Atmen lässt (‚Music For The Sun‘). Als würde man verfolgt, zieht und zerrt bereits der Titeltrack an einem. Die heulenden Gitarren bilden den Absprung und schon befindet man sich im freien Fall. Das Album lebt von seiner bedrohlichen und düsteren Stimmung, die von einem ununterbrochenen Brodeln des Basses und den Verschiebungen von Laut und Leise verstärkt wird. Ruhepausen und Höhepunkte fügen sich dabei so symbiotisch ineinander ein, dass die Songübergänge kaum zu spüren sind. Dabei erinnert der Sound der Tiny Fingers an einigen Enden stark an Dead Can Dance. Um das düstere Fundament winden sich psychedelische Gitarren, die besonders kontrastreich in ‚Traveller’s Soul‘ zu hören sind, oder baut sich ein Gefüge aus elektronischen Keyboardsounds, die der endlosen Reise eine anhaltende Spannung verleihen. Am stärksten vereint dabei ‚Nine of Swords‘ das Bedrohliche mit dem Befreiendem. Es sind rasselnde Becken und akzentuiertes Gitarrenspiel, das einen erst in die Ecke treiben und tiefe Bässe und elektronische Sounds, die das strenge Gerüst aufsprengen. Nur an einigen Stellen verliert sich das Spiel der Tiny Fingers im großen Wirrwarr. Auffällig wird das bei ‚The Other‘, das die vorhergehende Stimmung durch eine völlig chaotische Drumeinlage zu zerstören droht und dadurch irritiert.

‚The Fall‘ ist ein Sich-Hingeben. Ein spannungserhaltendes Gesamtwerk, das die mystische Atmosphäre von Anfang bis Ende konserviert. Durch die langsam auslaufenden Ruhepausen im kleinmaschigen Soundgerüst und die akustischen Einschübe schaffen es die Tiny Fingers, dass einen das Dunkle nicht gänzlich verschluckt. Ein Album, das mitzieht. Eines zum Sich-Fallenlassen.

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