Vor beinahe auf den Tag genau einem Jahr hatten die Ausnahme-Musiker von Saviour Machine ihre noch immer solide Fangemeinde mit ihrem exklusiven "Unmasked/Unplugged" Konzert überrascht. Der furios stimmungsvolle Konzertabend war ein überragender Erfolg und ein Quasi-Comeback der Band auf einer deutschen Konzertbühne nach beinahe einem Jahrzehnt Bühnenabstinenz. Emotional enorm berührend und gleichzeitig musikalisch äußerst ansprechend hatte das Quintett um Frontmann Eric Clayton große Teile ihres Back-Katalogs für den akustischen Auftritt neu arrangiert.

Mit leichter Verspätung öffnete sich der Bühnenvorhang am Samstagabend zu den ersten Trommelschlägen von ‚Sympathy For The Devil‘ von den Rolling Stones. Die Bühne in stimmungsvolles rotes Licht getaucht und mit acht großen Kerzenleuchtern dekoriert zeigte Clayton beim Eröffnungssong mit einem ironischen Augenzwinkern in Richtung der erzkonservativen christlichen Kreise, was er von ihrer einseitigen Kritik an seiner Band hält. Die folgenden beiden Songs ‚Ludicrous Smiles‘ und ‚Wicked Windows‘ klangen noch etwas zurückhaltend, was nicht zuletzt daran lag, dass sich die komplette Band eine Erkältung zugezogen hatte. Nach einer von einem Scherz begleiteten Tasse Erkältungstee nahm die Band dann deutlich an Fahrt auf. Mit ‚Son Of The Rain‘ folgte das erste Gänsehaut-Highlight: Der kristallklare akustische Gitarrensound inklusive Solo in der Mitte des Songs sorgte für den ersten begeisterten Applaus, zumal der Song seit fast 20 Jahren das erste Mal live gespielt wurde.
Erstaunlich war während der ersten Stunde die trotz Erkältung und grundsätzlicher gesundheitlicher Probleme ausdrucksvolle Gesangsstimme von Clayton. Zwar war aufgrund der Erkältung der eine oder andere „kleine Wackler“ zu hören und der Bariton merkte mit einem selbstkritischen Grinsen an, dass er vor 15 Jahren zwei Oktaven höher habe singen können. Der einzigartigen Atmosphäre beim vollendet inszenierten Konzertabend tat dies allerdings nicht den geringsten Abbruch. Von frenetischem Applaus begleitet verabschiedete sich die Band nach einer guten Stunde in eine 20-minütige Pause. Nach der Unterbrechung fragte Clayton das Publikum interessiert danach mitzuteilen, woher sie angereist waren. Die Rückmeldungen der Konzertbesucher aus den USA, Griechenland, Italien, Frankreich, Schweden, Norwegen, Finnland und der Schweiz zeigten beeindruckend auf, wie groß und international die Fangemeinde der Band auch nach den langen Jahren Live-Absenz immer noch ist.
Nach dem besonders eingängigen ‚Behold A Pale Horse‘ endete der zweite offizielle Teil des Konzerts mit ‚The End Of The Age‘ von Legend III.I. Eric Clayton ließ an dieser Stelle das Publikum entscheiden, ob es noch weitergehen sollte. Die Frage, ob noch 4 oder 45 Minuten weitergespielt werden soll, erwies sich als rhetorisch: Das Publikum applaudierte anhaltend und weiter ging es mit dem dritten Teil, der ähnlich wie im letzten Jahr wieder aus Stücken von den beiden ersten Alben bestand: Der Opener des Debütalbum, ‚Carnival Of Souls‘ löste auch 19 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung im einzigartigen Unplugged-Arrangement wohliges Schaudern aus. Selten sind solche perfekten Songs, in denen so viel Dynamik, Melodik, Dramatik und Lyrik verdichtet ist. Nach weiteren Songs neigte sich der Abend mit ‚Saviour Machine II‘ und ‚Gethsemane‘ dem Ende entgegen.
Für alle, die es nicht zu einem der wenigen außergewöhnlichen Konzerttermine geschafft haben, gibt es einen vielversprechendes Trostpflaster: Die Band hat angekündigt, eine Live CD/DVD zu produzieren. Gemessen an der grandiosen Atmosphäre und der hohen Qualität früherer Live-Produktionen, dürfte die Fangemeinde eine fantastische Live-DVD von den sensationellen „Unmasked/Unplugged Konzerten erwarten.
Theater Heilbronn, 7. September 2012
Bericht: Daniel Frick
Fotos: Andreas Voßeler