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Regenerations

Ganz ehrlich: das Artwork läßt ja tendenziell eher Schlimmes vermuten. Solche Bilder hatte die Freundin des Drummers damals auch von unserer Schülerband gemalt. Das bedeutet nicht, daß es eine gute Idee wäre, die trotz aller damaliger Begeisterung heuer als Grundlage für ein Coverartwork zu nutzen. Andererseits spielt Nick Douglas schon seit 27 Jahren in der Band von Doro Pesch, und die hat ja auch einen Hang zu einigermaßen kitschigen Portraits auf Albumcovern.

Aber es soll ja um die Mucke gehen, und die ist im Falle von Nicks zweitem Alleingang wirklich mehr ordentlich ausgefallen. Allerdings nicht unbedingt so, wie man es von einem Doro-, Blaze Bayley– und Chris Caffery-Sidekick erwarten würde. „Regenerations“ ist nämlich ein entspanntes Mainstream-Rock-Album mit poppigen Hooks und durchaus radiotauglichem Songmaterial geworden. Irgendwo zwischen einer weniger harten (!) Version von Nickelback, Matchbox Twenty und neueren Bon Jovi angesiedelt, erinnert das Ganze ein wenig an die Alben, die Harem Scarem seinerzeit unter dem „Rubber“-Projektnamen veröffentlicht hatten.

Dabei macht Nick auch als Sänger über weite Strecken eine überraschend gute Figur, lediglich in den hohen Lagen fehlt ihm dann doch ein wenig die Durchschlagskraft, beispielsweise in ‚You Break‘ und ‚My Lucky Day‘. In cleverer Selbsterkenntnis bleibt Nick aber ehedem hauptsächlich in den mittleren Lagen. Und das kommt echt gut, gerade, wenn’s tendenziell ruhiger wird. Zum Beispiel in der mutigen, fast auschließlich von Synthies getragenen Ballade ‚Before You Break‘ mit Duettpartnerin Sharlotte Gibson oder auch im countrylastigen ‚Didn’t We Try‘. Vielleicht sollte sich Jon Bon Jovi mal bei seinem ebenfalls aus New Jersey stammenden Kollegen mal um Songwriting-Hilfe bemühen, denn Songs wie ‚The Soul You Keep‘ oder ‚I Need Real‘ hätten den letzten Bon Jovi-Alben eine enorme Aufwertung gegeben. Das abschließende, von Rebecca Gowarty großartig gesungene ‚Blue‘ ist dann nochmal eine synthiegetragene Ballade mit Nashville-Flair, die in jedem Disney-Weihnachtsschinken die Tränen zum Rollen gebracht hätte – und diese Rolle auch hier perfekt übernimmt.

Den einzigen, aber nicht unerheblichen Mecker für „Regenerations“ gibt es aber für Nicks Entscheidung, fast alle Instrumente selber einzuspielen und die Drums zum größten Teil zu programmieren. Denn das führt leider dazu, daß das Album steifer und weniger packend klingt, als es die durchweg tollen Songs verdient hätten. Eine kleine Portion Groove und Proberaumstaub hätten hier wirklich einen großen Unterschied gemacht. Dennoch ein überraschend cooles und supersympathisches Album, das Mainstream-Rocker definitiv auschecken sollten.

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