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Grau

Der Tag, an dem ‚Problemzone Mensch‘ geschrieben wurde, muss ein verzweifelter gewesen sein. Denn nur solche bringen bekanntermaßen so leidenschaftliche, sich fast physisch einbrennende Songs hervor. Illegale Farben machen mit ihnen zwar schmerzhaften, aber kurzen Prozess. ‚Ein Tag, ein Song‘ ist das Prinzip, nach dem nun schon ihre zweite Platte entstanden ist, die Pein des menschlichen Alltags ungehemmt seziert und uns trotzdem ganz viel Hoffnung geschenkt wird.

Die Kölner führen mit sicherem Takt weiter, was sie mit ihrem Debüt anno 2016 begonnen haben, und deswegen kann man schon jetzt von einem originären Illegale Farben-Sound sprechen. Der ist gut und nötig und rettet unsere noch nicht verlorenen Seelen. Auch wenn das musikalisch alles nichts Neues, sondern viel 80er ist, ist der Fünfer doch eine hochinspirierende Band. ‚Grau‘ und dessen Texte vermögen das Gefühl zu vermitteln, als würde Einem der Kopf geöffnet. (

‚Wenn schon keiner eine Insel ist, bring mich wenigstens zum Strand‘

/ ‚Viel zu viel‘). Denn die Herren schämen sich nicht ihrer Leidenschaft (

‚Und alle Megafone schreien deinen Namen‘

/ ‚Sirenen‘), und es ist diese Offenheit, die über so manche verpoppte Melodie milde hinwegsehen lässt. Viel wichtiger sind die feinen Beobachtungen und klugen Reflexionen dessen, was uns alle umgibt und betrifft, und die Lust am Wortgefrickel (

‚Augen viel zu weit geschlossen, auf dem Weg zum nächsten Fall haut’s dich zweimal auf die Matte, ist es leider schon vorbei‘

/ ‚Was passiert‘)

‚Grau‘ ist thematisch und emotional durchaus Programm auf dem neuen Album. Aber es hat auch – und das kennen wir bereits vom Debütalbum – eine tiefe Romantik. (

‚Doch die Unsichtbaren können nicht noch mehr verlieren‘

/ ‚Schneeweiß‘). Und da sind wir wieder bei ‚Problemzone Mensch‘. All die Verzweiflung, mit der wir die Augen zusammenkneifen und

‚Was haben wir getan??‘

mitrufen, will uns das Herz aus dem Leib reißen. Mit Illegale Farben ist Eines garantiert: Wir verbittern nicht und ziehen uns nicht zurück. Keine Resignation, niemals.

‚Halt mein… halt mein… halt mein Herz!‘

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