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Depression Cherry

Zwei Wörter, eine Lackierung: ‚Depression Cherry‘. Eine besonders schöne noch dazu. Eigentlich kommen wir kaum umhin, dieses fünfte Album von Beach House feierlich gen Himmel zu stemmen und über den grünen Klee für seinen guten Geschmack zu loben. Die whiskey-soda-Farbe zu adaptieren war allerdings nicht nur äußerst stilsicher, sondern auch ein ausgebuffter Zug, um sich auf der Webpräsenz eines der bedeutendsten Musikmedien des Landes (prust) wirkungsvoll in Szene zu setzen. Ein Glück für Beach House, dass unser hochbezahltes Anwaltsteam (Ihr seid gefeuert!) keinerlei markenrechtliche Stolperfallen aufgestellt hatte.

Es sieht übrigens tatsächlich ganz so aus, als sei das transatlantische Musikerduo diesmal gut beraten gewesen, lediglich musikalische Argumente vorzubereiten. Mit letzteren lässt sich nämlich nicht allzu hoch zu pokern. Wollten sich Beach House nach der kommerziellen Verfestigung der letzten Jahre fürs neue Album endlich wieder von ihren Urinstinkten leiten lassen, so mag ihnen das zwar unter innerem Triumph gelungen sein. Aber zu welchem Preis? Ihren Vorgängern ‚Teen Dream‘ und ‚Bloom‘ jedenfalls kann die Trauerkirsche nicht im Entferntesten das Fruchtfleisch reichen.

‚You should see, there’s a place I want to take you …‘

Ach ja? Der verlässliche Dreampop ist auf ‚Depression Cherry‘ zum flüchtigen Popdream ohne Dimension geraten, der Leierkasten zur dampfenden Mangel. Vor lauter Warterei auf den Grower to grow droht das Verschmachten am Melancho-Tropf. Beach House nehmen sich alles heraus, geben aber so wenig wie nie. Nicht dass es an Werkstoff gemangelt hätte. Nur wird selbiger reichlich unausgegoren auf dem Teller ausgestrichen. Haben die zwei erst einmal ihren heilsbringenden Tune gefunden, wird sich bequem (oder verzagt?) darauf ausgeruht und die Gangschaltung nicht mehr angerührt. Wie im Autopilot steuern die Tracks auf ihre Zielmarke zu, keine Turbulenzen, klarer Himmel, weiche Landung. ‚Levitation‘ werden derartige Dämpfer dann genannt. Hochklassige Hooks wie das des ‚Space Song’s schweben auf sich allein gestellt über die Kulisse und lassen auch den Neuhörer erahnen, wie viel Potential hier unabgerufen geblieben ist.

‚I would never ever / Try to capture you‘, verspricht Legrand ihrem ‚Blue Bird‘ mit ihrer traurigen, androgynen Stimme. Aber wenigstens ihren Hörer hätte sie doch kaptivieren können! Mensch! Die wollen das doch! Und gerade, als man glaubt, da entstünde gerade ein zartes Band zwischen Album und Hörer, spielt die Drehorgel auch schon ihr letztes Lied: ‚Days Of Candy‘. Süßigkeitentage. Zucker für den Affen. Fantastisch, doch leider zu spät, um diesen ersten diskographischen Ausrutscher noch aufzufangen. Da hilft nicht – wie doch eigentlich sonst immer! – üppig Einwirkzeit, hilft nicht, zu wissen, was ‚PPP‘ bedeutet oder was um ’10:37′ war, helfen keine salbungsvoll-verquasten Hinweise auf Inspirationsquellen oder vorgebliche Schlüsselzeilen. Aber der Samt-Einband dieses belanglosen Scheibchens, der hilft! Weil: Was für ’ne Farbe! Eins plus! Klares Ding.

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