Power Nap
„I am stronger than I might think.“ (Easy Way Out)
Auf jeden Fall, möchte man aufgeregt zustimmend rufen. Auf „Power Nap“ (Power Nap Records) ist zwar viel von Lethargie und Melancholie die Rede. Aber der stärkste Eindruck, den Ilgen-Nurs Debütalbum hinterlässt, ist doch der ihres Selbstvertrauens. Kaum zu glauben, dass hier eine 23-Jährige am Werk ist, die ihre Songs erst seit zwei Jahren vor Publikum spielt. In der kurzen Zeit schaffte sie es bereits ins Vorprogramm von Tocotronic und auf Festivals wie The Great Escape (GB) und Eurosonic (NL).
Was ist es also, das sie so besonders macht? Talent. Oder besser: eine Gabe. Ilgen-Nur hat ein absolutes Gespür für Songwriting und -ausstattung. Arrangements, Textumfang, Gesangseinsatz, Stimmlage, Instrumentalsoli sitzen perfekt. Nichts möchte man anders wollen. Musikalisch schafft sie es, sehr gegenwärtig – um nicht zu sagen: modern – zu klingen und gleichzeitig nur die besten Referenzen an den 90er-Jahre-Indie zu bedienen. In ihrer Abgeklärtheit bieten ihre Songs wunderbare Gitarren-Melodien, die weder zu cool, noch zu süß sind.
Mit dunkler, aber klarer Stimme geht die Wahl-Hamburgerin mit einer großen Selbstverständlichkeit durch ihre Songs, in denen sie offensichtlich ganz sie selbst sein kann. Das vermittelt auch dem Hörer eine angenehme Geborgenheit. Hilfreich war dabei mit Sicherheit die Unterstützung von erfahrenen Kollegen wie Max Rieger (Die Nerven) als Produzenten oder Paul Pötsch (Trümmer) an der Gitarre. Ilgen-Nur gewährt uns auf seine letzten Tage nochmal die ganze Lässigkeit des Sommers, das süße Laissez-faire langer Sonnentage. Mit „Power Nap“ lässt sich diese behagliche Entschleunigung bis zur einsetzenden Winterstarre beibehalten. Schließlich heißt es in „Nothing Surprises Me“:
„Should I do something differently? I don’t know, I don’t think so.“