Consolamentum

Wer Eindruck schinden möchte, fährt für gewöhnlich große Geschütze auf … oder eine Armee an Musikern. Neun Köpfe zählt das französische Post Metal-Orchester Year Of No Light inzwischen. Da ist der sprichwörtliche Wall of Sound vorprogrammiert. Doch so einfach machen es uns die Lärmkünstler nicht. „Consolamentum“ (Pelagic Records) ist kein musikalisch ekstatischer Mahlstrom, sondern ein auf vielen Ebenen mitreißendes Hörerlebnis.
Eine Reise in die Zeit der Ketzerei und Häresie
In fünf Kapiteln erklimmen Year Of No Light die höchsten Berge, durchwandern die tiefsten Täler, werden von den massivsten Kaventsmännern durchgeschleudert und schleppen sich durch die Wüsten der Zivilisation. Die Reise dauert eine gute Stunde. Sie ist mitreißend und niederdrückend, abenteuerlich und emotional kalt. Sie lebt von den Gegensätzen, von der immer wiederkehrenden Abkehr vom Thema, von der allgemeingültigen Lehre. Sie wird als Ketzerei, Häresie oder „Consolamentum“ bezeichnet. Year Of No Light verbinden atmosphärische, post-metallische Wehmut, die sich bis in blanke Verzweiflung steigert mit düster schwerfälligem Doom, der aus einem Schmelztiegel einer entmenschlichten Industrie gewonnen wird. Dabei bedienen sich die Mannen aus Bordeaux sämtlicher Grauschattierungen, die wir hören, fühlen und spüren können.
Die fünf Kompositionen sind ausufernd, zwischen acht und 13 Minuten lang. Da sie einen aber in eine andere Welt entführen, sind die 56 Minuten eine ganzheitliche Erfahrung, die einen entweder fesselt oder abstößt. „Consolamentum“ lässt einen nur die Wahl, in die nervenaufreibende Welt von Year Of No Light einzutauchen und sich möglicherweise darin zu verlieren oder mit Unverständnis nach nur wenigen Klängen die Weiße Flagge zu hissen. Year Of No Light stehen jenseits der Lehre des Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Musters. Und sie kommen gänzlich ohne ein, wie auch immer, artikuliertes Wort aus.
Eine post-metallisch, schwerfällig-industrielle Offenbarung
Year Of No Light zelebrieren die Negierung des Easy-listenings, indem sie mit ihrer Musik den gesamten Körper erfassen, durch bedrohliche Songstrukturen, durch Lautstärke und die audio-visuelle Präsentation der Lieder. In den Aspekten von Intensität, Ausdruckskraft und Geschlossenheit sucht „Consolamentum“ seinesgleichen. „Consolamentum“ ist ein Brocken, der schwer zu schlucken ist und lange nachhallt – für denjenigen, die dies zulassen. Dieses Wagnis wird fast schon mit einer spirituellen Offenbarung belohnt. Traut euch!