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Please Come Home

Schon mal darüber nachgedacht, daß die Menschen nicht von der Erde kommen könnten? Nein, das wird hier jetzt kein Lobgesang auf Erich von Däniken, der ernsthaft davon ausgeht, daß die alten Ägypter von Außerirdischen besucht wurden. John Mitchell, vor allem bekannt als Gitarrist der englischen Neo-Progger Arena, hat mit seinem neuen Projekt Lonely Robot einen etwas philosophischeren Ansatz als der esoterische Schweizer Ufologe:

„Das Konzept des Albums beschäftigt sich damit daß alte Zivilisationen, zum Beispiel die Mayas, die Ägypter und die Chinesen Technologie besaßen, die ihrer Zeit weit voraus war. Es ist fast so, als wären manche von Ihnen aus einer anderen Zeit und von einem anderen Planeten auf die Erde versetzt worden wären. Ich glaube einfach nicht, dass die Menschheit von der Erde stammt. Wenn das so wäre, würden wir nicht alles um uns herum zerstören. Es gibt kein anderes Lebewesen auf diesem Planeten, dass so mit seiner Umwelt im Konflikt steht. Also könnten wir höchstens eine Mischung aus zwei sehr unterschiedlichen Spezies sein.“

Auch eine Art, sich die zweifellos selbstzerstörerische Menschheit zu erklären. Wo auch immer die Menschheit letztlich herkommen mag: Glücklicherweise hat sie auch die Fähigkeit, Dinge zu erschaffen. Atmosphärischen Progressiven Rock wie „Please Come Home“ beispielsweise, bei dem Mitchell von zahlreichen bekannten britischen Musikern kreative Unterstützung bekam. Von Steve Hogarth von Marillion und den 80er-Jahre Pop-Größen Nik Kershaw (‚The Riddle‘, ‚Wouldn’t It Be Good‘) und Peter Cox, um nur die Bekanntesten zu nennen.

Auf den elf Songs übernimmt der vielseitige Mitchell selbst jedoch den stattlichsten Anteil der Instrumente und des Gesangs, von der Produktion ganz zu schweigen. Mitchell ist Inhaber eines eigenen Musikstudios, in dem er schon Alben von Bands wie Architects, Alter Bridge oder Funeral for a Friend produziert hat. Alleine in punkto Produktion ist Mitchell ein modernes, atmosphärisches Progressive-Rock-Album gelungen. Von den Kompositionen ganz zu schweigen. Der Freund und bekennende Verehrer von Steven Wilson legt besonderen Wert auf zwei Dinge: Melodien und Arrangements. Und die sind die großen Stärken auf dem gitarrenlastigen Progressive-Rock-Album. Das hat was die Melodien betrifft, eine charmante Pop-Attitüde, Riffs und Gitarrensolos sind mitunter aber recht hart und erinnern an Mitchells Band Arena, die zuletzt ebenfalls mit Progressive-Metal liebäugelte. Ein sehr gelungenes Beispiel für diesen launigen Mix ist der achtminütige Titeltrack ‚Lonely Robot‚. Der beginnt mit dem vom britischen Schauspieler Lee Ingleby gesprochenen Refrain, der in ein wunderschöne melodisches Lied mit viel Gefühl mündet. Ruhige Gitarren, cinematische Keyboards und die sanfte Stimme von Mitchell legen einen harmonischen Teppich aus, der einen wohlig umschmeichelt. Mitten im Song streut der Vollblutmusiker dann ein verzerrtes Metal-Riff als Gegenpol zum Wohlfühl-Kurs ein. So simpel harmonisch darf das offensichtlich einfach nicht sein, Lonely Robot zieht seinen Reiz aus der vielseitig eingesetzten Mischung unterschiedlichster Zutaten, von denen hardrockige Gitarren eine wichtige darstellen. Auch in ‚God vs. Man‘ zelebriert der Meister diesen reizvollen Mix sehr geschmackssicher. Im Focus steht jedoch immer die Melodie und der Gesang, besonders deutlich wird das bei der Piano-Ballade ‚Why Do We Stay?‘. Die glänzt wie auch ‚Oubliette‘ mit einem absolut fantastischen Gänsehaut-Duett Mitchells. Seine Gesangspartnerinnen sind die englischen Sängerinnen Kim Seviour (Touchstone) und Rebecca Neew-Menear.

In dieser beschriebenen Stoßrichtung sind alle elf Songs aufgezogen, mit keinem einzigen Aussetzer wohlgemerkt. Das Album besteht im Kern aus Unmengen wundervoller Melodien und viel stimmiger Emotion, irgendwo zwischen eingängigem Pop-Rock und cinematischem Progressive Rock. Natürlich spielen auch die anderen Elemente und Instrumente eine wichtige Rolle, Mitchell hat alles stimmig arrangiert. Die perfekte Mischung aus Pop und Prog-Rock, man könnte auch musikalisch überirdischer Pop-Rock sagen. Vielleicht kommt die Menschheit ja doch von einem anderen Stern.

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