PASCOW – Ein vorletztes Mal SIEBEN

Es gibt so Bands, die einen immer wieder verwundern, weil sie nicht in den üblichen Formaten wie Radio oder Fernsehsendung auftauchen, und wenn man ihren Namen in Kollegen- oder Freundeskreisen nennt, oftmals nur ein Achselzucken erhält. Dann kommen von denen Tourankündigungen, zum Beispiel für das ziemlich große FZW in Dortmund (Kapazität 1.300), und mehr als ein halbes Jahr vorher wird „ausverkauft“ gemeldet. Pascow ist so ein Phänomen. Dass ein solcher Erfolg überhaupt möglich ist, wenn man, weil man berufsbedingt und damit als „Teilzeitmusiker“ in der Festival-Saison viele Angebote nicht annehmen kann, wie Schlagzeuger Ollo uns in einem Interview (hier noch einmal nachlesen) zur aktuellen Platte „Sieben“ erzählte, ist es noch erstaunlicher.
Wenn dann 1.300 Menschen gefühlt jede Zeile des insgesamt 25 Songs umfassenden Sets mitsingen können, wundert es dann allerdings kaum, sondern ist nur konsequent.
Genauso passiert es an diesem eisigkalten Januarabend im Freizeitzentrum West unter den Lichtern des Dortmunder Wahrzeichens, dem strahlenden U der lokalen Brauerei. Ungewöhnlich früh, bereits um kurz nach 19.00 Uhr, eröffnen TNÄ den Abend, da der Club noch eine zweite Veranstaltung hat. Eine gute halbe Stunde bringen sie den Laden in Stimmung, bevor die vier Herren von Pascow mit „Silberblick & Scherenhände“ die Bühne betreten und 90 Minuten – beinahe ohne Luft zu holen – durchbrettern. Klar, dass das aktuelle und namensgebende Werk der Tour mehr als prominent mit (was könnte passender sein) sieben Nummern vertreten ist, auch der Vorgänger „Jade“ wird reichlich gewürdigt. Ansonsten zocken sich Alex, Swen, Flo und Ollo durch ihre gesamte, nun fast 30jährige Karriere. Es ist das vorletzte Konzert zur Scheibe, wie Frontmann Alex früh klarmacht, und dass man sich danach für eine längere Zeit erst einmal zurückziehen werde.
Man merkt, dass sie Bock haben und sich und ihre Titel noch einmal abfeiern wollen. Das zelebriert das Quartett auch in jedem einzelnen Takt: Keine Minute stehen sie still und zappeln sich durch das Set, insbesondere Bassist Flo braucht nach Feierabend keinen Work-Out mehr. Zwischendrin gibt es immer wieder ein paar kurze, meist politische Ansagen, aber weitestgehend stehen die Lieder im Vordergrund. Immer wieder kommt Gastsängerin Clara Krum für ein paar Minuten auf die Bühne und veredelt, teils gemeinsam mit Geigerin Laura, den Gesamtsound, was eine wirklich passende Ergänzung ist. Die Stimmung ist bombig, auch wenn einige Besucher*innen immer wieder nervöse Blicke aufs Handy und das aktuelle Fußballgeschehen des leidgeplagten BVB werfen. Kurz vor Schluss bekommt Clara zu „Wunderkind“ einen Solospot, und steht „nackt“ und alleine nur mit Akustikgitarre da und singt die eindringlichen Zeilen „Weil du weißt, dass du alleine stirbst, Wie all die andern auch, Und die Spinner sind nicht besser, Weil du sie jetzt nicht mehr brauchst“, was umso beeindruckender ist, wenn man ihren Facebook-Account heute verfolgt hat und weiß, dass sie am Morgen ihre Oma beerdigt hat.
Danach ist aber Endspurt angesagt, und das Tempo wird für die Schlussetappe wieder angezogen. Drei Zugaben gibt es und dann wird mit „Trampen nach Norden“ der finale Schlusspunkt gesetzt. Nicht nur die Kapelle, auch die Zuschauer*innen verlassen verschwitzt und glücklich das FZW und überlassen es den Gästen der anschließenden Partynacht.
















SETLIST
Silberblick & Scherenhände
Toulousi
Jade
Königreiche im Winter
Monde
Diene der Party
Die Realität ist schuld, dass ich so bin
Wenn Mila schläft
Himmelhunde
Herz
Tom Blankenship
Merkel-Jugend
Im Raumanzug
Marie
Mailand
Spraypaint the Walls
Kriegerin
Wunderkind
Sturm, der durch Erlen zieht
Gottes Werk und Teufels Beitrag
Mond über Moskau
Too doof too fuck
Nach Hause
Daniel & Hermes
Trampen nach Norden
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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda