FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE – Misslungene Zusammenführung

Ein gellendes Pfeifkonzert durchzieht das ausverkaufte Amphitheater in Gelsenkirchen. 6500 Menschen tun so ihre Missstimmung über die gerade auftretenden Fury In The Slaughterhouse kund. Die Band, von denen sehr viele hier Shirts anhaben und etliche Euro Eintritt bezahlt haben, um sie heute sehen zu können. Dabei schienen Christof, Christian, Rainer, Kai, Gero und Thorsten bis hierher alles richtig gemacht zu haben. Wie konnte es an diesem wunderschönen Sommerabend so weit kommen?

Fangen wir von vorne an. Den Abend eröffnen Mrs. Greenbird mit ihren sehr ruhigen, leicht countryesken Klängen. Das eigentliche Folk-Pop-Duo -bekannt als Gewinner der Casting-Show „X-Faktor“- wird von einem weiteren Gitarristen verstärkt und zu dritt zaubern sie eine halbe Stunde ihre Klänge, die freundlich aufgenommen werden, aber natürlich warten alle auf das Sextett aus Hannover.

Nach einer kurzen Umbaupause geht es dann los. Mit dem Fisher-Z-Cover „Protection“ eröffnen sie, und gleich stehen alle im Rund und feiern mit ihren Furys. Im Gegensatz zu den letzten beiden Touren haben sie dieses Mal keine neue Platte im Gepäck, und so setzen sie auf ein Best-Of. Perfekt eingespielt zocken sie alle relevanten Klassiker, wobei sie in der ersten Hälfte eher auf die etwas kleineren Hits wie „Milk And Honey“ und „Hang The DJ“ oder neuere Lieder („Letter To Myself“) setzen. Etwa zur Halbzeit überlässt Kai seinem Bruder Thorsten in bester Jagger/Richards-Manier das Mikro. Der jüngere Wingenfelder stellt zunächst die Kapelle als Flug-Crew des Abends vor, bevor er einige fromme Wünsche äußert, und den fatalen Satz sagt, dass es doch auch schön wäre, wenn Dortmund und Schalke sich so gut verstehen würden, dass sie eine gemeinsame Mannschaft stellen.

Oha. Sein anschließendes „Then She Said“ kann er vor Unmut-Bekundungen fast nicht anstimmen. Kurz vorher hatte Christof sich noch erfolgreich eingeschleimt, und den Gerüchten über die Hässlichkeit von Gelsenkirchen entgegengehalten: „Das stimmt doch alles nicht – Ihr seht wunderbar aus!“. Doch nun wird die Freundschaft kurzfristig aufgekündigt. Nach „Dead and Gone“ haben sich aber alle wieder lieb und es geht auf die Zielgeraden. Kai nimmt während „Radio Orchid“ ein Bad in der Menge, und im Video zu „Every Generation“ werden nicht wie vor ein paar Jahren die aktuellen Kriegsschauplätze eingeblendet, sondern Bilder von Trump und Putin, was der Aussage des Textes nicht weniger Bedeutung verleiht.

„Wir machen jetzt etwas, was wir seit 40 Jahren nicht gemacht haben“ verkündet Stein-Schneider in der Ansage zu „Nine Lives“, und meint damit, dass nun ein noch unbekannter -weil unveröffentlichter- Song kommt. Scheinbar hat er vergessen, dass bei der letzten Tour die damals aktuelle Scheibe „Hope“ erst zur Mitte der Reise rauskam und bei den ersten Shows, wie u.a. in Aurich, ebenfalls jede Menge noch unreleased Tracks dargeboten wurden.

Was ebenfalls vier Dekaden gebraucht hat, ist der Luxus, sich einen Bühnen-Kühlschrank in Amp-Optik zu gönnen, den die Jungs sich in diesem Jahr zugelegt haben und stolz als großen Fortschritt präsentieren, bevor mit „Won´t Forget These Days“ der Abend ein (vorläufiges) Ende findet.

Tausende Kehlen singen die Zeilen mit, so laut, dass es vermutlich bis in die verbotene Stadt zu hören ist und der Chor will gar nicht enden. Klar, das haben die Herren, Profis wie sie sind, rausprovoziert und nehmen zu Beginn des Zugabenblocks die Akkorde noch einmal auf. Natürlich gibt es auch noch „Time To Wonder“ und mit dem finalen „Seconds To Fall“ enden dann zwei höchst unterhaltsame Stunden. Kai verspricht, mit dem neuen Longplayer im nächsten Jahr wiederzukommen, und man darf sicher sein, dass sich die allermeisten wieder ein Ticket besorgen werden.

 

WS-Interview mit Christof

WS-Interview mit Kai

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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda