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A Momentary Lapse Of Reason (Vinyl Remaster Reissue)

Den Abschluß der Wiederveröffentlichungskampagne des Pink Floyd-Backkatalogs auf Vinyl macht passenderweise das Album, das Ende der 1980er das Comeback der Band einleitete. Ohne Roger Waters, dafür mit dem Heimkehrer Rick Wright (mehr oder minder – siehe unten) und zugänglicherem Sound als auf den letzten paar Alben unter Waters‘ Führung wurde “ A Momentary Lapse Of Reason“ damals wie heute kontrovers diskutiert – aber zu einem der erfolgreichsten Alben der Bandgeschichte.

Begonnen hatte das Album während bitterer Rechtsstreits zwischen Waters und dem Rest der Floyds – um den Bandnamen und natürlich um Geld. David Gilmour hatte eigentlich geplant, in Zusammenarbeit mit Nick Mason ein drittes Soloalbum zu veröffentlichen, dafür jedoch relativ wenig Zuspruch bei seinem Label gefunden. Also wurde kurzerhand beschlossen, aus dem Soloprojekt ein Pink Floyd-Album zu machen. Wie beim Betrachten des Innersleeves deutlich wird, waren aber dennoch mehr Gastmusiker auf dem Album zu finden als Floyd-Musiker, darunter mit Carmine Appice und Jim Keltner sogar zwei Schlagzeuger, die statt Mason den Großteil der Songs einspielten. Ebenfalls als Gast wurde Originalkeyboarder Rick Wright genannt, der pünktlich zur folgenden Tour wieder als Bandmitglied eingestellt wurde, aber hier nur ein paar Hammond- und E-Piano-Parts sowie Backing Vocals beisteuerte.

Umso verwunderlicher, daß „A Momentary Lapse Of Reason“ mehr vom „klassischen“ Pink Floyd-Songwriting der frühen Siebziger hat als alles nach „Wish You Were Here“. Soundtechnisch hingegen regieren hier die Achtziger: Sequencer, Synth-Gitarren, Drumcomputer und natürlich King Crimson– und Peter Gabriel-Wunderbasser Tony Levin mit seinem Chapman Stick führten den Floyd-Sound in die (damalige) Neuzeit. Dem atmosphärischen Intro ‚Signs Of Life‘ ab, das bewusst Erinnerungen an ‚Shine On You Crazy Diamond‘ erweckt, folgte mit ‚Learning To Fly‘ ein ungewohnt poppiger Song, der prompt zum Hit wurde und Pink Floyd dank eines aufwändigen Videoclips auch für die MTV-Generation zum Thema machte. Der Rest des Albums hält diese Mischung zwischen Kommerzialität und typischen Floyd-Kompositionen perfekt. Dem rockigen Uptemposong ‚One Slip‘ steht zum Beispiel das bluesig-düstere ‚Dogs Of War‘ entgegen, dem zweigeteilten, experimentellen und harschen Beinahe-Acappella-Stück ‚A New Machine‘ das getragene Instrumental ‚Terminal Frost‘, und das unterbewertetste Stück der Scheibe, ‚Yet Another Movie/Round And Around‘, jongliert dem ursprünglichen Industrial entnommene Samples und elektronische Elemente mit dem aus „Meddle“-Zeiten bekannten zweistimmigen Gesang von Gilmour und Wright. Die absoluten Highlights der Scheibe befinden sich aber am Ende jeder Vinylseite: Die Jahrhundertballade ‚On The Turning Away‘ und das apokalyptische ‚Sorrow‘ gehören zu den besten Songs der Bandgeschichte und stehen in einer Reihe mit Großtaten wie ‚Echoes‘, ‚Comfortably Numb‘ oder ‚Shine On You Crazy Diamond‘.

Ich hatte ja schon in der Rezi zu „The Final Cut“ die Qualität der Pink Floyd-Rereleases gelobt, und „A Momentary Lapse Of Reason“ macht da keine Ausnahme. Auch hier liegt das 2011er Remaster von Guthrie, Grundman und Plante zugrunde, auch hier ist die Verarbeitung absolut tadellos, keine Grate, alles läuft rund, Knackser oder Rauschen gibt es auch nirgends. Die Höhen kommen schön brilliant, ohne zu zischeln, die Bässe tierisch satt – Vorsicht beim Intro von ‚Sorrow‘! – ohne Kompressionsartefakte und ohne zu matschen. Das Gatefoldcover ist aus schön stabilem Karton, wie im Original teillackiert, und das Innersleeve im Originaldesign, also nur mit Gilmour und Mason auf dem Bandfoto – spätere Auflagen zeigten ein Foto, auf dem auch Wright zu sehen war. Das Innersleeve ist ebenfalls aus stabilem Material, leider nicht gefüttert, dafür aber hochglanzbedruckt mit allen Lyrics wie beim Original. Ganz einfach, so will man als Fan 2017 ein frischgepresstes Vinyl-Album präsentiert haben.

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