H-BLOCKX – Wenn Tennissocken wieder chic sind
Bevor wir von heute Abend aus dem ausverkauften Skaters Palace berichten, müssen wir zunächst 30 Jahre zurückblicken. Damals, als Rock noch richtig groß war und gefühlt jede Woche ein neues Knaller-Album von Bands wie Nirvana oder Pearl Jam rauskam, man als Heranwachsender jede freie Minute vor MTVIVA hing, gab es auf einmal aus Münster neue Töne, die sich Crossover nannten und von den H-Blockx kamen. Viele Jahre feierten sie, trotz einiger Umbesetzungen, riesige Erfolge. Das letzte Album erschien 2012, danach wurde einige Zeit sehr still um die Kapelle, bevor es 2019 auf dem Stadtfest, klar, in Münster, ein Riesen-Comeback gab. Die Jahre danach haben sich die Herren um Frontmann Henning Wehland jeden Sommer auf kleineren Festivalbühnen ausgetobt und in diesem Jahr zum runden Geburtstag eine Wiederveröffentlichung ihres genialen Debüts „Time To Move“ angekündigt (hier unsere Kritik). Dazu gab es eine deutschlandweite Jubiläums-Tour, die sie in den letzten Wochen in weitestgehend ausverkaufte Clubs geführt hat. Heute ist die erste von zwei Heimat-Shows, mit der die Konzertreise enden soll, doch Wehland macht in einer seiner Ansagen klar: „Das war es noch nicht, die H-Blockx sind wieder da!“
Aber der Reihe nach.
Nach einem freundlich beklatschen Set von Teluxe, gehen um 20.45 Uhr die Lichter aus und der Saal fängt zum Queen-Intro von „Radio Gaga“ an zu klatschen. Sofort sind alle on fire und als die ersten Takte zu „Countdown To Insanitiy“ aus den Boxen kommen, gibt es kein Halten. Mit weißen Tennis-Socken stehen Henning Wehland, Gitarrist Tim „Tinte“ Humpe, Bassmann Stephan „Gudze“ Hinz und Drummer Steffen Wilmking auf der Bühne, und es ist sofort wieder 1994. Alle Anwesenden sind wieder in ihrer Adoleszenz angekommen und 1400 Jugendliche um die 50 hüpfen, und singen sich die Seele aus dem Leib zu Klassikern wie „C’mon“, „Celebrate Youth“ oder „Leave Me Alone!”. Musikalisch hat das Quartett nichts verlernt und gekonnt zaubern sie ihre knalligen Riffs aus den Verstärkern. Einzig im hinteren Hallenbereich ist der Sound ein wenig matschig, aber auch das tut der Stimmung keinen Abbruch. Nach dem ruhigen „Take Me Home Tonight“ und einer halben Stunde Spielzeit ist die Bühne plötzlich leer. Nach einer kurzen Pause stehen auf einmal fünf Leute (und ein Affe!) auf der Bühne.
Der ehemalige Co-Shouter Dave, der die H-Blockx vor über 20 Jahren verlassen hat, ist wieder da und wird von der Menge freudig begrüßt. Henning erzählt, dass er bereits die gesamte Tour dabei war und allen im Saal ist klar, was jetzt passieren wird. Die Herren haben sich standesgemäß in Klamotten aus der Release-Zeit ihres Debüts angezogen: quietschbunte Ballonseide, Baumfäller-Karohemd und als Highlight Gudze mit Jamiroquai-Fell-Hut. Jetzt ist es natürlich „Time To Move“. Es gibt quasi das gesamte Werk, wenn auch die meisten Nummern nur kurz als Medley abgefeuert werden. „Move”, „Pour Me a Glass” und „Revolution” werden aber in voller Länge ausgespielt und natürlich darf das „Little Girl” nicht fehlen, das aus wirklich jeder Kehle lauthals mitgesungen wird – das absolute Highlight. Zwischendrin gibt es immer wieder Ansagen, wie sehr sich die Combo freut, das alles erleben zu dürfen und Wehland gibt zu: „Ich habe die ganze Tour darauf gewartet, dass mir vor Freude Tränen in die Augen schießen“, und muss tatsächlich kurz die Brille abnehmen, um sich die Augen zu reiben. Danach folgen ein paar eher unbekanntere Songs, die ein wenig die Fahrt rausnehmen, und kurz vorm Ende gibt es dann mit „Fallout“ sogar noch einen brandneuen Track. Mit dem machen sie deutlich, dass sie auch heute musikalisch noch was zu sagen haben und nicht nur in der Vergangenheit leben. Natürlich darf zum Schluss das Megaphon nicht fehlen, und Dave haut die legendären Zeilen „„It′s a loffer poffer ding dong, bigger than king kong’s“ raus, und mit „Risin´ High“ endet der reguläre Teil.
Logischerweise gibt es noch einmal Nachschlag, aber nach zwei Stunden und dem Johnny-Cash-Cover „Ring Of Fire“ ist dann wirklich Schluss. Bevor die Jungs sich in den Feierabend verabschieden, kündigen sie aber an, dass sie im kommenden Jahr wieder hier zu finden sind, und die meisten notieren sich direkt das angekündigte Datum, bevor alle durchgeschwitzt und ein wenig heiser den Heimweg antreten.
Am Morgen danach wird vermutlich der eine oder andere Gast merken, dass 1994 doch schon 30 Jahre her ist, denn der (Silber-)Rücken wird ein wenig zwicken, aber scheiß drauf: „Move Ya, Move Move Ya!“.
SETLIST
Countdown to Insanity
I Don’t Want You to Like Me
C’mon
Celebrate Youth
In Your Head
Step Back
Can’t Get Enough
How Do You Feel?
Take Me Home
Real Love / Time to Fight / Say Baby / Fuck the Facts / Do What You Wanna Do / Go Freaky / H-Block (Time to Move Medley)
Move
Pour Me a Glass
Revolution
Little Girl
Yesterday
Leave Me Alone!
Here I Go Again
Gazoline
Fallout
Time of My Life
Risin‘ High
Come Along With You
The Power
Ring of Fire
Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda