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Obliteration

Der Grat zwischen dem Status eines authentischen Repräsentanten der Death-Metal-Subkultur und eher peinlicher Effekthascherei mit Blut und Gedärmen ist für eine Band heute schmal. Selbst wer auf deftige Gore-Bands steht, muss zugeben: Es ist doch deutlich schwerer, mit rein musikalischen Ausdrucksmitteln seinen Hörern Schauer über den Rücken zu jagen als mit möglichst „bösen“ Liedtexten oder bluttriefenden Artworks. Entrails aus Schweden tänzeln beinahe spielerisch auf der Kante zwischen dem Abgrund der Bedeutungslosigkeit, in den schon manche ambitionierte Band gestürzt ist und dem sinnbildlichen Gipfel einer grundsoliden, ehrlichen Death-Metal-Band. Metalheads sind ja oft konservativ wenn es um stilistische Weiterentwicklungen geht, als „echter“ Deathmetal gilt vielen immer noch das, was an vom Sound stark von den Anfangstagen des Genres geprägt ist, wenn mitunter auch nostalgisch verklärt. 25 Jahre ist es her, seit Bandgründer Jimmy Lundquist erstmals „Gedärme“ verarbeitete. Nach einer wechselvollen Bandgeschichte (inklusive Auflösung und Neugründung) ist das Todesquartett seit 2008 wieder aktiv und hat vor fünf Jahren (sagenhafte 20 Jahre nach Bandgründung) ihr Debüt „Tales From The Morgue“ bei FDA Rekotz abgeliefert. Seit 2013 sind die vier Skandinavier bei Metalblade unter Vertrag, wo sie nun mit „Obliteration“ ihr viertes Album in fünf Jahren rausknallen.

Der düstere Einstieg mit Kirchenglocken und schrillen Growls bei ‚No Cross Left Unturned‘ und Vollgas-Gitarren und -Drums lässt keinen Zweifel an der Power dieses Albums aufkommen. ‚Beyond The Flesh‘ baut auf einem hyper-melodiösen Riff im Hintergrund auf und variiert das Tempo nach unten. ‚The Grotesque‘ hat deftige Thrash-Schlagseite à la Slayer und der Titelsong ‚Obliterate‘ wendet einen ähnlichen Kniff an – aber erst nach einem schaurig-schönen Friedhofs-Stimmungs-Intro. Kombiniert mit einem groovigen Refrain werden dann Melodie, Donnergrollen und schleppende Doom-Elemente zu einer hübschen Todesbraut zusammengefügt. Jeder Song beginnt etwas anders, was eine große Stärke des Albums der Schweden ist. Den Abwechslungsreichtum behalten die Jungs über das ganze Album bei – es gibt viele feine Details zu entdecken. Bei Entrails kommt der Oldschool-Sound dann vielleicht auch deshalb so echt rüber, weil Lundquist damals selbst Teil der zweiten Death-Metal-Welle war. „Obliteration“ macht mit seinem dreckigem Mix aus Thrash, Oldschool-Death sowie ein wenig Doom und punkiger Rotzigkeit à la Venom so viel Laune wie eine Horrorparty auf’m Schlachtfest und klingt dabei frisch wie eben gezapftes Blut und angenehm vertraut zugleich.

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