MÚR – Múr
Es gibt sie doch noch, die Alben, einen bereits nach kurzer Zeit in seine Bann ziehen. Das selbstbetitelte Debütalbum (Century Media) der isländischen Post-Metal-Band Múr gehört dazu. Nicht nur weil das Quintett alle Register des Genres beherrscht, vor allem deshalb, weil sie in ihrer Muttersprache singen, was den sieben Songs einen exotischen, mittelerdischen Aspekt hinzufügt. Die Kombination aus schroffer Energie, melancholischer Schönheit und cineastischem Sound-Gewand lässt einen nicht so schnell wieder los. Schon nach wenigen Minuten ist klar: Hier ist etwas Besonderes am Werk.
Das Album entfaltet sich wie eine musikalische Reise durch die raue, dramatische Landschaft Islands. Schwere Stakkatoriffs, donnernde Schlagzeugpassagen, atmosphärische Keyboards und progressive Traktate wechseln sich mit fragilen, fast ätherischen Melodien ab, die wie das Flackern von Polarlichtern über frostige Ebenen wirken. Jeder Track ist souverän orchestriert, ohne je überladen zu wirken. Stattdessen zieht Múr einen in eine hypnotische Welt, in der Licht und Dunkelheit, Hoffnung und Verzweiflung in einem spannungsgeladenen Tanz miteinander verschmelzen.
Island – immer eine metallische Reise wert
Die Vocals, die mal schreiend, mal hymnisch, mal flüsternd durch die Klanglandschaften schneiden, transportieren eine tiefgreifende Emotionalität, die oft nur erahnen lässt, worum es in den Geschichten geht, die erzählt werden: von Naturgewalten, verlorener Zeit und einem tiefen menschlichen Verlangen nach Zugehörigkeit. Besonders das elfminütige Epos ,Heimsslit‘ bleibt nachhaltig im Gedächtnis hängen und schafft mit seiner treibenden Kraft Gänsehautmomente. Selbst ohne die Worte zu verstehen – aber das macht nichts.
Mit diesem Album ist Múr ein Debüt gelungen, das nicht nur musikalisch überzeugt, sondern auch emotional tief berührt. Die Isländer schaffen es, das Genre Post Metal mit einer eigenen, modernen Note zu bereichern und neben den Großen Alten zu bestehen. Es ist ein Werk, das am Stück gehört werden muss, um seine volle Wirkung zu entfalten – ein wuchtiges, zugleich elegisches Werk per excellence, das hoffentlich erst der Anfang einer langen Reise ist.
Bewertung: 2