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CHUCK RAGAN – Wenn Support- und Mainact verschmelzen

„…es ist schon wieder Freitag, und schon wieder diese Bar“ möchte man beinahe singen. Es ist zwar nicht der Wochenausklang (sondern Dienstag), aber es wieder Chuck Ragan, und wieder Skaters Palace in Münster. Vor gerade einmal zwei Monaten war er mit seiner Stammkapelle Hot Water Music zu Gast (hier unser Bericht), nun tritt er als Solo-Künstler mit seiner Begleitband The Camaraderie und dem Support Northcote auf. Vielleicht liegt es an der kurzen Pause zwischen beiden Gigs, und der damit verbundenen Überdosierung, dass am heutigen Abend deutlich weniger Gäste in der Halle sind, als bei HWM. An der grundsätzlichen Darbietung (auch wenn der Stil mit eher Folkrock statt Punk ein deutlich anderer ist) kann es definitiv nicht liegen. Die, die da sind, sind nämlich mehr als gut gelaunt und genießen einen fantastischen Abend.

Northcote, eigentlich das Alias vom Singer/Songwriter Matt Goud, tritt in der Besetzung Akustik- und E-Gitarre (Co-Mitglied Steve) an und sie zocken sich 45 Minuten durch ihr musikalisch zum Mainact passendes Set. Camaraderie-Pedal-Steeler Todd Beene und auch Chuck schauen zwischendrin vorbei, um ihren Senf dazuzugeben. Während seiner Parts zieht Ragan Steve immer wieder ans Mikro, um ihn zum gemeinsamen Singen aufzufordern. Spätestens hier wird klar, wie sich alle auf absoluter Augenhöhe und freundschaftlich begegnen.

Die Umbaupause fällt erstaunlich kurz aus, auch, weil alle Utensilien von Steve stehenbleiben, denn er ergänzt die Camaraderie in zahlreichen Nummern. Chuck und seine Mannen starten um kurz nach 21.00 Uhr ihr 90minütiges Programm, in dessen Mittelpunkt die aktuelle (und sehr geniale) Scheibe „Love and Lore“ (hier unsere Kritik) steht. Ohne die Kapelle und ihre Fähigkeiten schlecht reden zu wollen: Im Mittelpunkt steht Ragans Gesang, der pointiert von den Musikern untermalt wird. WAS FÜR EINE STIMME! Vom ersten Ton hat er die Anwesenden in seinem Bann. Dagegen wirkt Joe Cocker wie ein Schuljunge vorm Stimmbruch. Immer wieder läuft einem ein warmer Schauer über den Rücken, wenn er tief Luft holt und seine Zeilen so intensiv raushaut. Zwischendrin gibt es ein paar kurze Ansagen, u.a. sein Verhältnis zur Stadt (abgesehen von zahlreichen Auftritten ist auch Tourmanager Alex Solke ist von hier) und zum Club, im Mittelpunkt stehen aber die Lieder. Kurz vor Schluss überlassen „seine“ Jungs ihm die Bühne, und er singt zwei Nummern (dabei „Old Rules“ von Hot Water Music) alleine, bevor wieder alle mit an Bord sind. Alle? Ja, wirklich alle, auch Matt/Northcote stößt wieder dazu und sie feiern sich gemeinsam ins Finale. Als Zugabe gibt es dann noch einmal einen Song der Vorband (!) – wann gibt es das schon mal? Dann ist nach eineinhalb Stunden die Messe wirklich gelesen, und strahlende Gesichter vor und auf der Bühne verlassen den Saal.

Was für eine Nacht!

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