Drei Stücke inklusive einer sphärischen Ortsbestimmung in der Mitte reichen aus, eine ätherische Stimmung zu schaffen, die einen nachhaltigen Eindruck in der Seele hinterlässt. Die neue EP der amerikanische Post Metal-Band Shy, Low „Babylonica“ (Pelagic Records), ist ein fesselndes Werk, das uns auf eine emotionale Reise durch die weitreichenden Gefilde des Post Metals mitnimmt. Von…
Der langjährige Partner im Verbrechen von Cro-Mag himself Harley Flanegan Paris Mayhew meldet sich nach langer Abwesenheit – sein letztes Album mit den Cro-Mags „Revenge“ datiert aus 2000 – mit einem Hardcore-Song ohne Gesang zurück. Wtf, wie geht denn das? Hier die Antworten des Gitarristen. Das erste Video der Aggros ,Chaos Magic‘ ist aus dem…
Alle, die wieder Nachschub in Sachen Psychedelic, Groove, Post Rock und Progtenzenden brauchen, legen ab dem 12. März „Triskele And Cascades“ (EMG) der Twangmen auf.
Die Twangmen stammen aus Vorarlberg in Österreich, aber mit Alpenrock hat das Ganze dennoch absolut nichts zu tun, auch wenn es gar nicht so einfach ist, die Band musikalisch einzuordnen. Das Quintett macht seit über zehn Jahren als Trio in klassischer Besetzung Bass, Gitarre und Schlagzeug Musik, bei der Produktion des Albums Triskelle And Cascades wurde das Line-Up um Keyboard und Cello erweitert.
Die Musik ist rein instrumental, und es liegt in der Vorstellungskraft des Hörers, sich etwas unter Songtiteln wie ‚Bluetopia‘, ‚Autowahn‘ oder ‚Twanglove‘ vorzustellen. Bei dieser Vorstellung hilft lediglich die Musik, und das macht sie hervorragend, irgendwo pendelnd zwischen Prog, Psychedelic, Post und Classic Rock. Retro 70s Prog trifft auf Flower Power, wabernde Keyboards, und niemand vermisst wirklich den Gesang. Das Grundgerüst von Bass und Schlagzeug wird durch treibende Gitarrenriffs verstärkt, und Keyboard und Cello setzen immer wieder teils überraschende Akzente. Das Cello wird hier oft verfremdet und hat nichts von Klassik, sondern entführt in teils experimentelle Klangwelten mit hin und wieder komplexen Rhythmus- und Songstrukturen, die auch den Progfans gefallen dürften. Dabei überraschen die Musiker mit experimentellen Ideen wie auf dem futuristischem ‚Bridgeland‘.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie es klingt, wenn Black Sabbath und Pink Floyd klingen würden, hätte sie Long Distance Calling gecovert und das Ergebnis mit abgespacten Cellosounds unterlegt, der legt wirklich mal die Twangmen auf.
Der ehemalige Genesis-Gitarrist Steve Hackett wollte 2020 ursprünglich das Kultalbum „Seconds Out“ seiner Ex-Band auf einer Welttour präsentieren. Stattdessen hat er die coronabedingte Freizeit genutzt, um mit „Under A Mediterranean Sky” (Inside Out Music) ein neues Album einzuspielen, das am 29. Januar 2021 erscheint. Eigentlich im Prog-Rock verortet, legt Hackett nach „Tribute“ aus dem Jahr…
Dystopien begleiten die Menschen schon seit der Antike. Diese Form der Erzählung scheint zwar Schwankungen unterworfen zu sein, aber in Literatur und Film nie wirklich aus der Mode zu kommen. Nun greifen auch Long Distance Calling diese auf und schmettern dem Hörer schon im Albumtitel die alles entscheidende Frage entgegen: „How Do We Want To Live?“ (Inside Out Music).
Die deutschen Vorzeige-Instrumental-Rocker geben darauf eine frustrierende Antwort: Für sie ist die Welt aus den Fugen geraten. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Ethik, Humanismus und individuelle Freiheit werden immer unkonkreter und kaum noch greifbar. Vor allem technische Weiterentwicklungen bei der Digitalisierung und die Gier nach Sensationen in Social Media durch Preisgabe privater Daten würden der Selbstbestimmung und Freiheit des Individuums im Wege stehen.
Dementsprechend schafft das mit fast drei Minuten sehr lange Intro „Curiosity (Part 1)“ eine düstere Stimmung, die vom unerbittlichen Schlagezug in „Curiosity (Part 2)“ wunderbar aufgenommen wird. Gleich zu Beginn von „How Do We Want To Live?“ schrauben Long Distance Calling die Atmosphäre dadurch gewohnt perfektionistisch in die Höhe. Untermalt werden die Lieder passend zum Thema des Albums mit deutlich hörbaren elektronischen Klängen. In die Instrumental-Musik eingeworfene Sätze, die das Leitthema skizzieren, werden dementsprechend durch den Voicecoder zu prophezeienden Botschaften aus dem Off. „Hazard“ und „Voices“ setzen diesen Sound fort bis mit „Fail/Opportunity“ ein kleiner überraschender Bruch kommt. Die Synthesizer werden durch Streicher ersetzt. Deren Verwendung ist jedoch nur von kurzer Dauer. Schon das folgende „Immunity“ setzt wieder mit Elektrobeat ein und erzeugt mit seinem stetig wachsenden Tempo einen schönen Spannungsbogen.
„Sharing Your Thoughts“ und „Beyond Your Limits“ als obligatorisches Gesangsstück verzichten anschließend weitestgehend auf elektronische Experimente und kleiden sich daher im klassischen Long-Distance-Calling-Gewand. Das Stimmungsbild bekommt dadurch einen optimistischeren Touch. „True/False“ nimmt als längeres Interlude die Synthesizer nochmals auf, bevor „How Do We Want To Live?“ mit „Ashes“ eher ruhiger ausklingt.
Long Distance Calling schaffen es, den inhaltlich dystopischen Ansatz des Longplayers musikalisch perfekt umzusetzen und eine größtenteils unangenehme, zum Nachdenken anregende Atmosphäre zu kreieren. „How Do We Want To Live?“ ist bei weitem nicht so rockig wie der Vorgänger „Boundless“ oder „Avoid The Light“. Es ist vielleicht eher mit dem selbstbetitelten Album zu vergleichen, in dessen progressiven Sound starke elektronische Elemente einfließen. Diese werden akzentuiert gesetzt, sodass es sich um eine gelungene Weiterentwicklung der Band handelt. Somit schaffen Long Distance Calling die schönste vorstellbare musikalische Dystopie, die möglich ist.
Die Sonne gibt sich dieser Tage Mühe, die Gemüter in dieser schweren Zeit aufzuheitern. Doch gänzlich schafft sie es nicht. Es ist auch eine Zeit, in der es sich lohnt, auch mal in sich zu gehen und das eigene Leben zu reflektieren. Wutschnaubender Hardcore oder unbändig nach vorne preschender Thrash Metal dient mit Sicherheit nicht dazu, die Gedanken zu sortieren. Den meditativen Klangteppich für solch ein Vorhaben offerieren die Briten Telepathy. Ihr neues Album „Burn Embrace“ (Svart Records) besticht durch instrumentale Dramatik und mitreißende Dynamik.
45 Minuten lang schaffen es Telepathy, einen aus den ungewohnten Umständen des täglichen Lebens während einer Pandemie zu reißen. Augen zu, treiben lassen, Gedankenspielen nachhängen und einfach mal die Seele baumeln lassen. „Burn Embrace“ ist die passende musikalische Untermalung. Von ruhig bis aufbrausend, von simpel bis verspielt, von sanft bis hart – das Quartett aus Sussex spielt gekonnt mit Gegensätzen, in dem sie diese zu spannungsgeladenen Kompositionen verflechten. Hektik lassen sie an keiner Stelle zu, auch wenn sie schon mal mit Blastbeats einen musikalischen Mahlstrom kreieren, sondern lassen ihre Musik fließen.
Der Hall in ihrem erdigen Sound gibt einem zudem noch das Gefühl von großen Weiten und endlosen Landschaften, hohen Bergen, weitläufigen Anhöhen und malerischen Tälern. Trotzdem wohnt den sieben Songs eine bedrohliche Dunkelheit in der Tiefe der Arrangements inne, die sich in Titeln wie ,Eternal Silence‘, ,Black Earth‘, ,Pariah‘ oder den Titeltrack widerspiegelt. Von Schwermut kann aber keine Rede sein, es ist eher Wehmut, die einen berührt. Die Lieder, zwischen dreieinhalb bis acht Minuten lang, geben einem viel freien Raum, von einem Gedanken zum nächsten zu springen. Ob man bei einem verharrt oder in schneller Folge die unterschiedlichen Impulse die Oberhand gewinnen lässt, spielt keine Rolle. Zum Sortieren und Pläne daraus schmieden ist im Nachgang bei anpackender Musik noch genügend Zeit.
„Burn Embrace“ bietet Zeit zum Genießen, zum Treiben lassen. An erlesene Werke, wie Red Apollos Abschiedswerk „The Laurels Of Serenity“ können Telepathy aber nicht heranreichen. So stimmungsvoll und ergreifend ihr dritter Longplayer auch ist, die Vielschichtigkeit, den Bombast und die kunstvollen Arrangements Red Apollos sind sie unterlegen. Die Einfachheit der Mittel und die daraus resultierende, durchaus packende Musik lassen Telepathy aber in der Gilde der Post-Metal-Instrumentalisten souverän bestehen.
Der griechische Gitarrist Stavros Papadopoulos ist ein vielbeschäftigter Mann. Neben seinen Bands Freerock Saints, Super Vintage und Hard Driver ist er auch gemeinsam mit seinen Kollegen Jim Petridis (Bass) und Drummer Chris Lagios unter dem Namen Universal Hippies aktiv. Die Band veröffentlicht jetzt das dritte Album.
„Astral Visions“ (Grooveyard Records) macht dabei nahtlos dort weiter, wo der Vorgänger „Mother Nature Blues“ aufgehört hat: rein instrumentaler Bluesrock, leicht psychedelische Jam-Passagen und knackige Gitarrensoli, bei denen Groove und Feeling im Vordergrund stehen. Das alles wird mit ein paar sphärischen Science-Fiction-Klängen aufgepeppt und mit Songtiteln wie ‚Starchild Galaxy‘ oder ‚Transcending Reality‘ versehen, die oft irgendwie an den Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ erinnern. Musikalisch wird hier jedoch leider nie ganz die Genialität des Kubrick-Films erreicht. Wenn Musik auf Gesang und damit textlichen Inhalt verzichtet, muss sie dramaturgisch und abwechslungsreich sein, um auf Dauer überzeugen zu können. Zwar schaffen die Griechen auf „Astral Visions“ durchaus ein paar spannende Momente, insbesondere immer dann, wenn es wie im Finale auch mal etwas härter zur Sache geht, aber leider ähneln sich viele Tracks doch sehr. Etwas Abwechslung bei Songstrukturen und Riffaufbau hätte dem Album gutgetan.
Erwartungsgemäß liegt der Schwerpunkt auf der Gitarre mit verschiedenen Effekten, hin und wieder wird der Sechssaiter kurzzeitig auch mal akustisch gespielt, was schöne Akzente setzt. Leider bleiben der Bass und das Schlagzeug überwiegend unaufdringlich im Hintergrund. Hier hätte man sich etwas mehr Differenzierung und Ausdruck gewünscht. Wer es mal etwas schlichter mag, nicht immer komplexe und verschachtelte Songs braucht, sondern sich auf gutem Niveau berieseln lassen möchte, der wird mit dem neuen Werk der Universal Hippies seine Freude haben. Erhältlich ist die Scheibe beim Importspezialisten Just For Kicks Music.
Kuckucksuhren. Bommelhüte. Dr. Brinkmann. Surf-Sound. Moment – Surf-Sound in einer Reihe mit Schwarzwald-Klischees? Klingt komisch, ist aber so. Die Leopold Kraus Wellenkapelle aus Freiburg zelebriert seit rund 20 Jahren unkonventionelles Strandgefühl fernab der Beach Boys. Ihre neue Scheibe ‚So geht Musik‘ (Flight13 Records) positioniert sich denn auch direkt im Opener ‚L.E.O.P.O.L.D.‘ mit einer ausgesucht höflichen, aber klaren Ansage fernab vom Mainstream.
Schon allein die Tatsache, dass der Großteil der Platte in bester Dick Dale-Tradition aus Instrumentals besteht, untermauert diese Haltung: Wer auf Texte als Transportmittel für die Message verzichtet, muss dafür sorgen, dass er die Musik Geschichten erzählen lässt. Diese Kunst beherrschen die Kings Of Black Forest Surf virtuos. ‚Für eine Handvoll Hafer‘ lassen Sie die Orgel klackernd traben, um zusammen mit ‚Plattfuß am Texaspass‘ per heulender Westerngitarre echtes Cowboy-Outlaw-Feeling zu verbreiten.
Kommt doch einmal Text zum Einsatz, geizt das Quartett nicht mit Seitenhieben und Selbstironie, gerne unter Zuhilfenahme sprachlicher Wendungen, die anno 1960 der heiße Scheiß waren (‚Dufte!‘) und heute zum Moog-geprägten Sound heimelige Retro-Stimmung aufkommen lassen. Warum nicht mal wieder in schummerigem Licht gepflegt schwoofen und den Schwarm schüchtern antanzen? Mit ‚So geht Musik‘ kein Problem!
Die Leopold Kraus Wellenkapelle ist nicht hip, nicht trendy und nicht cool. Sie ist töfte, irgendwie nerdig, grundsympathisch und alten Weggefährten treu: Schließlich wurde auch dieses Album unter der Ägide von Alaska Winter (Anajo, Lydia Daher) aufgenommen, Michael Heilrath übernahm wieder das Mastering – never change a winning team. Dr. Brinkmann gefällt das.
Surf-Sound made in Schwarzwald: Dafür steht seit gut 20 Jahren die Leopold Kraus Wellenkapelle aus Freiburg. Keine Bühne ist ihnen zu klein, kein Auftrittsort zu skurril – im großen Stil einen auf dicke Hose machen kann schließlich jeder. ‚So geht Musik‘ heißt das neue Album des Quartetts, erscheinen wird es am 28. Juni bei Flight13…
Gute Frage! Die meisten Antworten
darauf kann man aus „Blurring The Lines“, dem neuen Album
der amerikanischen Instrumentalprogger OVRFWRD ableiten. Enormes
technisches Niveau aller beteiligten Musiker? Check. Interessante
melodische Einfälle, die dafür sorgen, dass man den Gesang nicht
vermisst? Check. Viel Abwechslung und Spaß an genresprengenden
Experimenten? Check. Eine saubere, professionelle Produktion, die
alle Details klar heraushören lässt? Check – ach, Ihr wisst, auf
was ich ‚raus will.
Das stilistische Grundgerüst der Band kann man irgendwo zwischen den Dixie Dregs, Steve Vai und Dream Theater/Liquid Tension Experiment verorten. Dazu gibt’s aber jede Menge Abseitiges und Unerwartetes, das sich bei so ziemlich jedem Künstler bedient, der je instrumental aktiv war. So ist zum Beispiel ‚Cosmic Píllow‘ eine inoffizielle ‚Larks Tongues In Aspic‘-Fortsetzung, ganz ohne Fripp, aber beseelt vom unsteten Geist der 1973er King Crimson. ‚Taiga‘ atmet den Spirit der Spätsiebziger Tangerine Dream, ganz ohne Sequencer. Durch den ausgiebigen Einsatz von Percussions und Congas klingen gelegentlich die Fusion-Alben von Carlos Santana und die frühen Journey (‚Mother Tongue‘!) durch, in den ruhigeren Momenten nähern sich OVRFWRD sogar den New-Age-Klängen von Gandalf oder Kitaro an. Von allem, was mit „Post“ anfängt, halten sie sich hingegen komplett fern – und das ist mit Sicherheit kein Fehler. Denn statt kompositorischem Minimalismus und Breitwand-Sound wird hier eher umgekehrt gearbeitet: die Kompositionen sind wunderbar detailliert und abwechslungsreich ausgearbeitet, die Bombastkeule bleibt dafür weitgehend in der Schublade. Dieses Durchdachte ist es auch, was dem Album den roten Faden verleiht: OVRFWRD wissen offenbar ganz genau was sie machen und überspannen den Bogen zu keiner Zeit. Ganz nach dem Untertitel „… A Democracy Manifest“ dudelt sich keiner der vier Musiker in den Vordergrund. jeder bekommt ausreichend Platz für solistische Eskapaden, in der zweiten Hälfte von ‚Mother Tongue‘ darf auch mal frei improvisiert werden, aber der Gesamteindruck bleibt erfreulich homogen.
Auch die Produktion der Scheibe kann durchweg begeistern. Besonders das hundertprozentig akustisch klingende Schlagzeug muss als Bonus gewertet werden. Die Band hat offenbar auch hier einen ziemlich klaren Plan gehabt, denn das Frequenzchaos der meisten Eigenproduktionen bleibt hier aus. Alle Instrumente sind soundtechnisch perfekt aufeinander abgestimmt und entsprechend im Mix positioniert – so macht das Spaß! Wer also Bock hat auf höchst unterhaltsame Instrumental-Mucke, die für Fusion-, Prog- und Einfach-So-Rock-Fans gleichermaßen interessant klingt, sollte sich das Album unbedingt vormerken. Den Vertrieb für die Scheibe übernehmen hierzulande die Underground-Spezialisten von Just For Kicks.