Schlagwort: Blues

The Truth

Rock’n’Roll und Religion. Eine Geschichte voller Missverständnisse. Hier wird gepredigt, was das Zeug hält. Themen wie Klimawandel, Zukunftsängste und Digitalisierung stehen auf dem Programm dieser Kirche. Kurz gesagt: die Wahrheit also.

„The Truth“ (Niffa Records) ist das dritte Studioalbum des Leipziger Quartetts Church Of Mental Enlightment. Geistige Erleuchtung predigen die Musiker, und finden werden diese vor allen Dingen Fans von Classic Rock, Punkrock und Blues sowie deren Schnittmenge. Und sie werden begeistert in diese Kirche strömen, denn was in den Berliner Big Snuff Studios des Kadavar Live-Mixers Richard Behrens entstanden ist, kann sich absolut hören lassen. Man geht gleich in die Vollen. Schon der Opener ‚Mark My Words‘ hat genug Groove und musikalische Finesse für ein ganzes Album, packt den Hörer textlich gleich an der Kehle und lässt ihn nicht wieder los. Das gilt für alle zehn Titel auf „The Truth“ gleichermaßen. Schwere, bluesige Hardrock-Riffs, verspielte Gitarren in treibenden Rhythmen. Diese Kirche predigt den wahren Rock’n’Roll. Die klassische Rockbesetzung wird immer wieder ergänzt, so gibt es zum Beispiel auf ‚Forces Of The Underground‘ wunderbar rotzige Bluesharp-Einlagen, und im Titel ‚Slaves To The Screen‘ setzt die ölende Hammondorgel spannende Akzente. MIt ‚Aufstieg‘ und ‚Abstieg‘ finden sich zwei kleine Zwischenspiele auf der Akustikgitarre zwischen den ansonsten schwergewichtigen Songgiganten, auflockernd, entspannend. Diese wunderbare Mischung gibt dem Album eine ganz eigene Note und setzt es wohlig von der Einheitskost stilistisch ähnlicher Bands ab. Wenn die Church Of Mental Enlightment auf ‚No Time To Muse‘ so richtig aufdreht, fühlt man sich an die legendären Vorbilder Led Zeppelin erinnert. Das ist die Wahrheit.

Mit „The Truth“ haben die Leipziger mal eben leicht und locker eines der besten Rockalben des Jahres aus dem Ärmel geschüttelt. Mehr geht eigentlich nicht. Nach diesem Klassiker darf man die Jungs gerne im Auge behalten. ‚Money Is Their Religion‘ heißt es anklagend. Mag sein. Unserer Religion ist ganz klar die Church Of Mental Enlightment.

Bandhomepage

Church Of Mental Enlightment bei Facebook

The Rage To Survive

Beim englischen Blues-Gitarristen Danny Bryant hat sich eine Menge Wut im Lockdown angestaut. Wut und Frustration. Verständlich, wenn von einem auf den anderen Tag die Ausführung des Berufes, der zugleich Berufung ist, faktisch verboten wird. Nur hat Bryant seine negativen Gefühle in ein positives Ergebnis umgewandelt und mit „The Rage To Survive“ sein ganz persönliche Corona-Überlebens-Album produziert.

 

„A Storm Is Coming, Deep And Wide“ sind die ersten Worte des titelstiftenden Tracks, mit denen das Werk unmittelbar -ohne jegliches Vorspiel- beginnt.  Ein wahrhaft stürmischer Blues, inklusive wehenden Blechbläsern, entfaltet sich in drei Minuten. Das ganze Unwetter wird garniert mit einem Gitarrensolo, dem man die Wut förmlich anmerken kann.

„Trouble With Love“ ist zwar deutlich langsamer, aber kein bisschen leiser. Ein knackiges Riff durchzieht die Nummer und lässt ein wenig an AC/DC erinnern.

Eine waschechte Ballade schließt sich mit „Invisible Me“ an. Der Song teilt sich in drei Akte mit jeweils zwei Minuten Spielzeit: Der Gesang wird zunächst ausschließlich vom Keyboard begleitet, im zweiten Teil kommt der Rest der Band hinzu und das letzte Drittel gehört einem ausgiebigen und elegischen Gitarrensolo.

In der Folge wechseln sich rockigere mit eher ruhigeren Nummern ab. Zwischendurch blitzt ein wenig Boogie-Woogie durch, stets liegt der Fokus auf Bryants Gitarre und seiner Stimme.

Hervorzuheben wäre noch das ausschließlich von einer Akustik-Klampfe begleitete „Falling Tears“. Man hat den traurigen Künstler förmlich am Lagerfeuer vor Augen, wie er mit den Zeilen „So Many Changes, So Many Years, True Love Is Dying, Among The Falling Tears“ betrunken vor sich hin leidet.

 

Was bleibt nach nicht einmal 35 Minuten Spielzeit aufgeteilt auf zehn Lieder? Einerseits die Erkenntnis, dass es im Blues nicht immer ausufernde Arien braucht, sondern dass man auch in weniger als drei Minuten auf den Punkt kommen kann. Andererseits ist das vielleicht älteste Gitarren-Genre immer noch nicht tot und kann nach wie vor frisch dargeboten und interpretiert werden.

Danny Bryant muss sich hinter Großmeistern wie Joe Bonamassa, Stevie Ray Vaughan oder Rory Gallagher nicht verstecken. Im Gegenteil: Herr Bonamassa persönlich hat sich schon mehrfach lobend über seinen Kollegen geäußert – und ganz ehrlich: Wer will diesem Mann schon widersprechen?

 

Künstlerhomepage

Danny Bryant bei Facebook

Danny Bryant bei Instagram

DANNY BRYANT – Mit neuem Album und Wut zum Überleben

Der englische Bluesmusiker Danny Bryant veröffentlicht mit „The Rage To Survive“ Ende Oktober sein bereits zwölftes Studio-Album. Der mittlerweile 41-jährige Gitarrist ist seit beinahe 25 Jahren im Geschäft und hat sich die Bühne schon mit den ganz Großen der Szene wie Buddy Guy, Carlos Santana, Joe Cocker oder Mick Taylor (Ex-Rolling Stones) geteilt. Bryant hat…

Mr Luck – A Tribute to Jimmy Reed: Live at the Royal Albert Hall

Ronnie Wood spielt seit mehr als 45 Jahren bei den Rolling Stones und hat vorher unter anderem mit den Faces und Jeff Beck musiziert. Man kann den Gitarristen daher ohne Bedenken selbst als Musik-Legende bezeichnen. Bei allem eigenen Ruhm hat Ronnie seine Wurzeln aber nie vergessen. Nachdem er bereits Chuck Berry einen Abend mit anschließender Album-Veröffentlichung gewidmet hat, spielte er 2013 zusammen mit seiner Band ein Tribut an Jimmy Reed. Unterstützt wurde er dabei von seinem Stones-Vorgänger Mick Taylor, Mick Hucknall, Bobby Womack und Paul Weller. Nun liegt der Mitschnitt der Show mit dem etwas sperrigen Titel „Mr Luck – A Tribute to Jimmy Reed: Live at the Royal Albert Hall“ (BMG/ADA/Warner) vor.

 

Ein kleiner Blues-Jam eröffnet die Show, bevor die Truppe mit „Good Lover“ einen klassischen Zwölf-Takter spielt. Weiter geht es mit dem Titel-Track „Mr Luck“. Bei dieser Nummer duellieren sich Wood und Taylor an ihren Gitarren und improvisieren minutenlang abwechselnd Soli. „Ain’t That Loving You Baby” und “Honest I Do” wurden vor fast 60 Jahren – also vor seinem und auch Mick Taylors Einstieg – von den Stones eingespielt. Und ein wenig erinnern die Arrangements an die frühen Werke der Stammband. Sehr reduziert und einfach gehalten.

Zu „Shame Shame Shame“ gesellt sich Paul Weller zur Band. Nach einigen eher ruhigen Titeln wird es nun ein wenig schneller. Bei dieser eher Boogie-Woogie- als Blues-Nummer zeigt Wood sein Können an der Blues-Harp. Positiv überraschend ist der Auftritt von Mick Hucknall. Der Simple Red-Frontmann, sonst eher für Schmuse-Pop bekannt, bereichert „Got No Where To Go“ mit seiner Stimme.

Bei der gesamten Show stehen Jimmy Reed und seine Songs im Mittelpunkt, nicht das individuelle Können oder die Egos der Musiker. Hucknall wird mit einem schlichten „Thank you, Mick“ entlassen, Bobby Womack bei „Big Boss Man“ nicht einmal erwähnt. Mit dem schnellen „I’m Going Upside Your Head” und der – Dank zahlreicher Cover-Versionen -bekanntesten Reed-Nummer „Bright Lights Big City“ geht das Konzert nach etwas mehr als einer Stunde zu Ende.

Als Zugabe gibt es ganz zum Schluss noch eine Studioaufnahme. Ronnie Wood hat mit „Ghost Of A Man” Herrn Reed noch einen eigenen Titel gewidmet und macht klar, dass “His Songs Will Bring Us To Our Knees” und “We Never Forget How Much He Means”.

 

Bleibt am Ende offen, ob es dieses Album braucht. Wood ist weder der größte Sänger noch der beste Gitarrist unter der Sonne. Verglichen mit vielen auf Hochglanz polierten Best-Of-Live-Scheiben benötigt es „Mr Luck“ also nicht wirklich. Begreift man die Aufnahme jedoch als Zeugnis von Musiklegenden an eine ihrer eigenen Ikonen, dann sollte sie in keinem Schrank fehlen, zumindest bei an der Musikhistorie interessierten Fans.

Abgesehen davon macht die Platte auch einfach Spaß.

Künstlerhomepage

Ronnie Wood bei Facebook

Ronnie Wood bei Instagram

JOE BONAMASSA – Neues Album kommt im Oktober

Der amerikanische Bluesrocker legt nach. Wie eigentlich immer. Nach dem letzten Live-Album war Bonamassa wieder im Studio und hat sein nächstes Album aufgenommen, das „Time Clocks“ heißen und am 29. Oktober erscheinen wird.  Das Album wurde in New York City aufgenommen und führt Joe Bonamassa zurück zu seinen frühen Wurzeln, zeigt ihn auf einem neuen…

The Major Minor Collective

„The Major Minor Collective“ (Century Media Records) heißt eigentlich korrekt „The Picturebooks & The Major Minor Collective“. Dieser Name zeigt schon: Die beiden Musiker Fynn Claus Grabke (Gesang und Gitarre) und Philipp Mirtschink (Schlagzeug) haben sich für ihre neue Scheibe jede Menge Gäste eingeladen. Mit dabei sind unter anderem Neil Fallon von Clutch, Chris Robertson von Black Stone Cherry, Dennis Lyxzén (Refused), John Harvey (Monster Truck), und „Lzzy“ Hale (Halestrom).

Pandemiebedingt vom Touren abgehalten, haben sich die Picturebooks ins Studio zurückgezogen und neue Songs geschrieben. Später ging es dann nach Schweden für weitere Aufnahmen. Das Ergebnis: zwölf Tracks,  davon zehn als Zusammenarbeiten mit anderen Künstlern aus der aktuellen Rock-, Alternative- und Metalszene. Geboren war das Major Minor Collective. Mit vielen der illustren Gäste hat das Duo schon gemeinsam auf der Bühne gestanden, so waren The Picturebooks zum Beispiel im Vorprogramm von Black Stone Cherry, den Bluespills oder auch Clutch zu erleben. Inhaltlich geht es wie von den Picturebooks gewohnt in die leicht psychedelischen Heavy-Blues-Gefilde und groovenden Arrangements und erstklassigen, schnell ins Ohr gehenden Hooklines.

Bluesiger Rock’n’Roll mit rauem Delta-Feeling direkt vom Mississippi. Die Musik ist deutlich beeinflusst von den US-Vorbildern, Americana und Blues sind immer präsent, dazu kommen Anleihen beim Stoner Rock, psychedelische Einflüsse und jede Menge Groove. Da spielt es gar keine Rolle, dass die Jungs eben nicht vom Mississippi, sondern aus dem nordrhein-westfälischen Gütersloh stammen. Schon der Opener ‚Here’s To Magic‘ versprüht mehr Stimmung und Atmosphäre als viele Genrealben der letzten Monate zusammen. Bei allen Songs stimmt die Balace zwischen ruhigeren oder psychedelischen Tönen und der vollen Dröhnung, wie es sie mit ‚Multidimensional Violence‘ gibt, auf dem Gastsänger Erlend Hjelvik (Hjelvik, Ex-Kvelertak) allen Aggressionen freien Lauf lässt.

Elin Larsson von den Blues Pills gibt sich auf ‚Too Soft To Live And Too Hard To Die‘ die Ehre. Herausgekommen ist dabei ein bluestriefendes Duett, das ein wenig klingt, als hätten sich damals Janis Joplin und Jimi Hendrix zusammengetan. Das ist Heavy Psychedelic Blues mit Stoner Attitüde vom Feinsten. ‚Rebel‘ mit Lzzy Hale ist eine straighte Powerballade mit Gänsehautgarantie und wohl der stärkste Song des an Highlights nicht armen Albums.  Durch die vielen musikalischen Gäste entstehen viele unterschiedliche Stile, alle zusammengeführt und -gehalten von den Picturebooks. Das Kollektiv liefert ab, und zwar auf höchstem Niveau.

Zum Schluß gibt es noch ein Experiment: „Song 12“ ist ein Instrumentalstück. Die Idee des motorradverrückten Duos: Jeder ist aufgefordert, seinen eigenen Text zu schreiben und diese Version aufzunehmen. The Picturebooks wollen diese gesammelten Versionen als Playlist online stellen und damit jeden einzelnen musikbegeisterten Fan zu einem Teil des Major Minor Collectives machen. So oder so, das Album ist ein Pflichtkauf für alle Bluesrock- und Psychedelic-Fans.

Bandhomepage

The Picturebooks bei Facebook

INGA RUMPF – Höchster Chart-Einstieg zum 75. Geburtstag und Autobiografie

Inga Rumpf, die Grande Dame des deutschen Soul und Blues, wird in diesen Tagen 75 Jahre jung. Passend zum Jubeltag steigt ihr aktuelles Doppel-Album „Universe of Dreams / Hidden Tracks“ (earMUSIC/EDEL) auf den vierten Platz der Offiziellen Deutschen Charts ein. Das bedeutet für die Jubilarin den höchsten Entry in ihrer 60-jährigen Karriere. Insgesamt 26 Songs…

JOE BONAMASSA kündigt neues Album an

Der amerikanische Bluesrocker ist einfach unglaublich, was den beständigen Output an neuen Alben angeht. Nach dem Live-Album ist vor dem Studio-Release. Kurz nach dem letzten Livepaket folgt die nächste Veröffentlichung. Zunächst gibt es einen neuen Song mit Video, das Studioalbum erscheint noch in diesem Jahr. Der Titel „Notches“ zeigt einen rockenden Joe Bonamassa, wie die…

THE MONTREUX YEARS – Reihe wird mit Mitschnitten von Muddy Waters und Marianne Faithfull fortgesetzt

Das legendäre Schweizer „Montreux Jazz Festival“ geht in diesem Sommer in das mittlerweile 55. Jahr. Mehrere Künstler*innen sind in den sechs Jahrzehnten immer wieder dort aufgetreten. Einigen von ihnen wird mit qualitativ hochwertigen und neu gemischten Aufnahmen unter dem Reihen-Namen „The Montreux Years“ (BMG) ein Andenken gesetzt. Nach den Veröffentlichungen von Nina Simone und Etta…