Schlagwort: Jazz

TSCHAIKA 21/16 – Prinzessin Teddymett kommt

Wenn eine Band ihr Album „Prinzessin Teddymett“ nennt, hat sie schon mal unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Musik von Tschaika 21/16 klingt genauso merkwürdig wie der Bandname. Der zweite Longplayer der drei Musiker erscheint am 28. Mai vbeim Underground-Label Noisolution. Der Wahnsinn des Debut-Albums wird auf der neuen Platte zum Kinderlied reduziert. Rhythmisch noch komplexer, im…

MONOBO SON – Weil ein Miteinander einfach besser ist

Wir haben uns mit Sänger und Posaunist Manuel Winbeck über das Bandgefühl von Monobo Son unterhalten, und wie sie ihren Livesound eigentlich so definieren. Wie es um die Sehnsucht nach der Bühne bestellt ist oder wie man damit umgeht, wenn immer mehr Lieder auf die Bühne wollen und sich keines hinten anstellen möchte. Natürlich wollten…

COOGANS BLUFF – Tourfortsetzung im Winter

Von der aktuellen Tour der Band, die wie kaum eine andere Prog, Jazz, Fusion, Funk, Stoner, Psychedelic und Hardrock miteinander kombiniert, haben wir euch bereits in Wort und Bild berichtet. Nachdem die Tour aus bekannten Gründen unterbrochen wurde, gibt es nun für die abgesagten Termine neue. Ein Großteil der bisherigen Shows war ausverkauft, die Single…

COOGANS BLUFF – Exklusive Vinyl EP

Coogans Bluff mit ihrer elektrisierenden Mischung aus Stoner-Rock, Psychedelic, Funk, Prog, Jazz, Fusion und Blues haben wir euch bereits mehrfach vorgestellt, sowohl im Live Review als auch in unserer Rezension zum aktuellen Album „Metronopolis“. Für alle Fans gibt es jetzt einen Nachschlag: Die dritte Seite (!)  von „Metronopolis“ erscheint als limitierte „Record Store Day 12…

HEAVEN’S CLUB (mit Migliedern von DEAFHEAVEN) – Zwischen Krautrock und New Wave

Shiv Mehra ist niemand, der sich auf seinen Lorbeeren ausruhen und sich eine Auszeit gönnen würde. Darum hat er Heaven’s Club gegründet. Der Deafheaven-Gitarrist begibt sich mit seinem aktuellen Projekt in neues musikalisches Terrain: eine gewagte Mischung aus Krautrock, Jazz-Perkussion, halldurchtränkten Riffs und übersteuertem Gesang. Das Debütalbum ‚Here There and Nowhere‘ erscheint a, 27. September…

VI

Es muss nicht immer alles so kompliziert sein im Leben oder in der Musik. Das dänische Trio Papir hat seine Alben unbetitelt schlicht und einfach durchnumeriert, und auch die einzelnen Songs sind schlicht und einfach mit römischen Ziffern tituliert. Die Jungs aus Kopenhagen legen aktuell „VI“ vor, das sechste Album, auf dem vier Tracks (eben ‚VI.I‘ bis ‚VI.IV‘) zu finden sind, alle rein instrumental und auf den ersten Blick recht minmalistisch aufgemacht.

Doch wenn man etwas tiefer eintaucht in diese vier Songs, jeweils um die zehn Minuten lang, findet man eine doch nicht ganz so simple, elektrisierende Mischung aus Kraut Rock, Jazz, Fusion und ganz viel psychedelischem Rock. Das ist Lounge- oder Fahrstuhlmusik für Psychedelic-Rocker, Minimalismus trifft auf sphärische Klänge, simple Gitarrenmelodien entwickeltn sich langsam immer weiter, laden ein zum Verweilen und überraschen am Ende durch unerwartete Vielschichtigkeit.

An manchen Stellen, so zum Beispiel im letzten Stück ‚IV‘, wird die Gitarre auch gerne mal etwas lauter, windet sich druckvoll durch sphärisch-psychedelisches Wabern, baut einige Zeppelin-Riffs auf, wälzt mit gekonntem Retro-Sound durch die Anlage und sorgt einfach für zustimmendes Nicken. Papir erfinden hier die komplexe Einfachheit, überraschen mit vier außergewöhnlichen Instrumentaltracks, die niemals eintönig oder langweilig werden, sondern trotz der vordergründigen Einfachheit zum Verweilen und Erforschen einladen.

Wired For Madness

„Widerstand ist Zwecklos!“ war der Leitspruch der alles assimilierenden Spezies „Borg“ aus dem Star Trek Universum. Irgendwie erinnert das Cover des neuen Solo-Albums „Wired For Madness“ des Dream Theater Tastenvirtuosos Jordan Rudess an das Outfit dieser Borg. Assimiliert der 62-jährige Amerikaner jetzt alles und jeden im Namen des Prog-Metals? Wir waren mutig und haben es gewagt, Jordan Rudess dahin zu folgen, wo noch kein Keyboarder zuvor gewesen ist.

Teilweise stimmt dieser Spruch sogar, denn neben den fast zu erwartenden musikalischen Gästen wie James LaBrie und DT-Gitarrist John Petrucci oder Prog-Kollegen wie Drummer Marco Minnemann (The Aristocrats, The Sea Within) ist beispielweise auch Blues-Spezialist Joe Bonamassa mit an Bord.

Rudess ist ein musikalischer Allrounder, der nicht nur bei Dream Theater spielt, sondern in den letzten 20 Jahren auch einige Solo-Projekte am Start hatte. Entsprechend ist streift das neue Album erwartungsgemäß eine Vielzahl musikalischer Genres: Progressive Rock und Metal treffen auf Blues, Jazz und beinahe avantgardistische Parts. Große Teile des Albums sind rein instrumental gehalten, so gibt es beim zweiteiligen, epischen Titeltrack nur ein wenig Vocals zwischendurch. Dieser Opener bildet mit insgesamt über 30 Minuten Länge das zentrale Herzstück des Albums und schwimmt mutig von Genre zu Genre. Jazzige Parts treffen auf knarzige Gitarrenriffs, fast schon Big-Band-artige Parts, epische symphonische Melodien und natürlich immer wieder auf die typischen verspielten Rudess’schen Keyboard-Attacken. Man hört, dass der Musiker hier keinerlei Kompromisse, wie sonst in einer Band üblich, eingehen musste, sondern eben völlig entfesselt loslegt.

Manchmal wirkt dieser unglaubliche Stilmix schon fast etwas zu viel des Guten, da folgen so viele sich abwechselnde Genres in kürzester Zeit aufeinander, dass man fast den Überblick verliert. Aber eben auch nur fast. Es gehört eine Menge musikalischer Offenheit dazu, um „Wired For Madness“ wirklich komplett genießen zu können. Aber wer auf verquere Prog-Jazz-Fusion-Big-Band-Blues-Metal-Pop-Eskapaden abfährt oder einfach nur einem Tastenvirtuosen lauschen mag, kommt bei den beiden Titeltracks Part 1 und 2 voll und ganz auf seine Kosten.

Die sechs weiteren, wesentlich kürzen Songs des Albums sind da griffiger, weitaus kompakter, aber ebenso von hoher Qualität. Sperrig wird es dennoch oft genug, abwechslungsreich ist das sowieso, und die Qualität der Performance ist über jeden Zweifel erhaben. Rudess wirkt komplett entfesselt. Wird er bei Dream Theater durch das Gesamtkonzept der Songs noch immer wieder gezügelt, kennt er hier keine Gnade mehr. Widerstand ist in der Tat vollkommen zwecklos.

SETH WALKER meldet sich zurück

Anfang 2018 war der amerikanische Ausnahmekünstler Seth Walker zuletzt bei uns auf Tour. Walker wandelt mit seiner Musik gekonnt zwischen den Genres und vermischt R & B, Americana, Pop, Gospel, etwas Jazz, Funk und Folk zu einem spannenden Gesamtmix. Nach neun Studio- und einem Live-Album und über zwanzig Jahren Bühnenerfahrung legt der Musiker jetzt nach…

PHIL COLLINS und die (musikalische) Fremdgeherei

Lange Jahre war Phil Collins das Hassobjekt aller selbsternannten seriösen Musikfans. Nicht nur wegen seiner sanften Soulpop-Balladen, die seit Beginn der Achtziger weltweit die Charts dominierten, sondern auch für die Tatsache, dass er mit Genesis im verachtungswürdigsten Genre aller Zeiten, dem Progressive Rock, aktiv war – und natürlich für seine unglamouröse Erscheinung. Erfreulicherweise hat sich…

In The Blue Light

Mit seinem aktuellen Studiowerk hat sich Paul Simon eine Handvoll Songs aus seinem Backkatalog vorgenommen, abgestaubt und mit neuen Arrangements versehen. Dabei hat er die „üblichen Verdächtigen“ wie ‚Kodachrome‘, ’50 Ways To Leave Your Lover‘ oder ‚The Boy In The Bubble‘ gleich aussen vor gelassen und widmet sich eher dem Übersehenen oder Unterschätzten. Eingespielt wurde „In The Blue Light“ mit Musikern der New Yorker Jazzszene, und so gibt sich das Ganze auch betont zurückhaltend und, nun ja, dunkel. Das gilt auch für Simons Vortrag: sehr zurückhaltend und sehr intim.

Ob man das nun gut findet oder nicht, hängt hauptsächlich davon ab, ob man die Songs im Original mochte. Gleich vier der zehn Stücke stammen vom „You’re The One“-Album, das ja auch bereits eine ziemlich düstere Angelegenheit war. ‚Love‘ ist nur marginal verändert worden, ‚The Teacher‘ wurden lediglich die Percussions entzogen. ‚Darling Loraine‘ wird mit verringertem Tempo zu klassischem Crooner-Stoff umgedeutet und ‚Pigs, Sheep And Wolves‘ bleibt trotz angedeuteten New Orleans-Bläsern letztendlich doch so minimalistisch wie im Original. Unkaputtbar präsentieren sich ‚One Man’s Celing Is Another Man’s Floor‘, auch wenn der Dion-artige Bronx-Shuffle des Originals schmerzlich vermisst wird, und ‚Rene And Georgette Magritte With Their Dog After the War‘, der wohl bekannteste Song der Zusammenstellung. ‚How The Heart Approaches What It Yearns‘ hingegen wirkt im neuen, Tom-Waits-anno-78-Arrangement bereits überladen und hat nur wenig von der Kloß-im-Hals-Intensität des Originals. Auch das kammermusikartig arrangierte ‚Can’t Run But‘ schießt deutlich über’s Ziel hinaus, was umso schwerer wiegt, da das Original von „Rhythm Of The Saints“ ja eben mehr durch seine rhythmische Struktur und Atmosphäre punkten konnte als durch die für Simon-Verhältnisse eher durchschnittliche Melodieführung. Überhaupt nicht gefallen will nur ‚Some Folks Lives Roll Easy‘, bei dem es Simon mit der stimmlichen Improvisation dann doch etwas übertreibt und von der Melodie des Originals nur wenig durchschimmert. Abgesehen davon gibt sich Simon aber auch im – wieder mal – ungewohnten musikalischen Umfeld keine Blöße. Leider ist auch nicht eine der Neuversionen tatsächlich „besser“ als das Original ausgefallen – auch im Falle der neueren Songs nicht, der ursprüngliche Instinkt war wohl hier immer der Richtigere.

Ja, Paul Simon hat den selben Fluch zu tragen wie Paul McCartney oder Neil Finn. Denn sein größtes Talent liegt in der klassischen Songschreiberkunst, dem Herbeiträumen von wunderbaren Melodien, die bei Millionen zünden, ohne jemals ins Flache zu fallen – aber eigentlich wäre er wohl doch lieber so kryptisch und unberechenbar wie, sagen wir, Bob Dylan, Elvis Costello oder Peter Gabriel. Somit ist auch „In The Blue Light“ ein durchaus achtbarer Versuch, sich als Jazzsänger zu verdingen, und tatsächlich verdreht er die Songs hier weit weniger als er das bei seinen Liveshows seit Jahren mit den teils Dylan-verdächtien Dekonstruktionen der Klassiker macht. Wie alle Simon-Alben nach dem erwähnten „Rhythm Of The Saints“ wird „In The Blue Light“ aber wohl nur langjährige Fans erreichen – die werden sich aber auch hier bestens versorgt fühlen.