Schlagwort: Indierock

Club Majesty

Wer das Disco Inferno der 70er Jahre qua leicht verspäteter Geburt nicht live miterleben konnte hat nun die Gelegenheit, dem mutmaßlichen Revival beizuwohnen: Royal Republic graben die Glitzer-Jacketts und Disco-Kugeln aus, um auf ihrem neuen Album ‚Club Majesty‘ (Nuclear Blast) den schillernden Rausch einer durchtanzten Nacht exzessiv zu feiern.

Akustisch mutet das Ganze so an, als hätten Franz Ferdinand im Duracell-Häschen-Modus fatalerweise einen Dance Battle mit Howlin‘ Pelle Almqvist von The Hives angezettelt. Klingt abgefahren, ist es auch, aber auf die allerbeste Art und Weise. Royal Republic übertreiben es mit den Anleihen aus Glamrock – The Sweet lassen bei ‚Like A Lover Like You‘ lieb grüßen – und Disco dermaßen, dass es schon wieder cool ist. Und zwar saucool.

Die vier Schweden feiern Boogie Nights und Disco Lights (‚Can’t Fight The Disco‘) und besingen mehr als einmal die erotischen Spannungen zwischen Männlein und Weiblein, so zu hören im frech-frivolen ‚Under Cover‘ oder im 80er-verliebten ‚Anna Leigh‘. Dabei beherrschen sie die Klaviatur des Indierock ebenso meisterlich wie die eingängigen Beats der 70er. Royal Republic kreieren einen schweißtreibenden musikalischen Bastard, der die Hörerschaft nach allen Regeln der Kunst durch die Mangel dreht und am Ende mit Verachtung auskotzt – nur, damit man sich für diese Tour de Force auch noch demütig und beseelt bedankt.

Ausflippen, abgehen, den inneren John Travolta gepflegt von der Leine lassen – dafür ist ‚Club Majesty‘ der perfekte Soundtrack. Anspruchsvolle Gemüter sollten besser einen Bogen um die Scheibe machen, denn Intellektuelles oder Politisches haben Royal Republic nicht auf der Agenda, Hedonismus ist die Direktive. Bis die Glitzer-Jacketts vor lauter Extase in Fetzen am Leib hängen.

https://www.royalrepublic.net/

www.nuclearblast.de

www.starkult.de

KETTCAR veröffentlichen gemeinsamen Song mit Schorsch Kamerun, sookee, Bela B, Felix Brummer u.a.

Erst am Dienstag hatten Kettcar überraschend ihre neue EP ‚Der süße Duft der Widersprüchlichkeit (Wir vs. Ich)‘ angekündigt und die Single ‚Palo Alto‘ veröffentlicht. Nun legt die Hamburger Band unterstützt von zehn (!) GastsängerInnen mit ‚Scheine in den Graben‘ nach. Darin hinterfragen Kettcar gemeinsam mit ihren Gästen den Slogan ‚Tue Gutes und rede darüber‘. Das…

MO LOWDA AND THE HUMBLE – Tourdaten der Indie-Rocker

Dynamischen Alternative- und Indie-Rock bietet das Trio Mo Lowda And The Humble aus der US-Metropole Philadelphia. Das aktuelle Album haben wir euch letztes Jahre bereits im Review nahegelegt, jetzt gibt es endlich die Gelegenheit, die überraschende und groovende Musik der Band live zu erleben. Wir haben die Tourdaten: 19.03.2019   D   Hamburg, Markthalle/Marx 20.03.2019   D   Bonn,…

Fever

„Wenn du jemanden liebst, lass ihn gehen, wenn er zurück kommt ist er dein, wenn nicht, hat er dich nie geliebt.“

Ähnliches trifft auch auf die Entstehungsgeschichte des vierten Albums von Balthazar zu. Die beiden Frontmänner hegten eigene Interessen im Songwriting, worauf eine Bandpause veranlasst und Soloprojekte gestartet wurden. Während Maarten Devoldere mit seiner Lou-Reed-Stimme unter dem Pseudonym Warhaus zwei Platten Richtung minimalistischem Indie-Rock rausbrachte, bewegte sich Jinte Deprez als J. Bernardt auf der souligen R&B-Ebene.

Und so kam es, dass nach drei Jahren der Trennung die erfrischende Einsicht kam, dass  man als alleiniger Frontmann und Taktgeber „der Einzige mit der Verantwortung [ist]. Es ist nicht so einfach, alles alleine zu machen“. Die Energie der neu entdeckten Sounds wollten Devoldere und Deprez nun bündeln – in Fever.

Raus kam ein Mix aus teils Dance-Indie-, teils lässigen R&B-Beats, tollen psychedelischen bis hin zu arabisch angehauchten Geigensoli, Background-Vocals und Rhythmen, wie sie bei Foster The People vorkommen und einer Bandbreite an verschiedenen Stimmungen innerhalb dieser elf Tracks. Mit Wrong Faces, Whatchu Doin’ oder I’m Never Gonna Let You Down folgen sie den Spuren von Chet Faker. Der Titeltrack Fever gleich zu Beginn überrascht auf positive Art mit größtenteils instrumentalen Parts, welche genug Freiraum für die Ideen der einzelnen Instrumente bietet. Zwar ist nicht jeder Song ein Hit – Grapefruit klingt wie eine anstrengende Mischung aus Kylie Minogues Can’t Get You Out Of My Head und Dare von den Gorillaz. Doch macht es am Ende die gesamte Konstellation des Albums wieder wett, sodass die Vermengung der beiden belgischen Kreativköpfe zu einem gelungenen Mix aus R&B und Indie-Rock führt.

BLOOD RED SHOES kündigen neue Tourdaten für den Herbst 2019 an

Nach der restlos ausverkauften Club-Tour Anfang Februar kehren die Blood Red Shoes im Herbst für eine weitere Headliner-Tour nach Deutschland zurück, um ihr gerade erschienenes Album „Get Tragic“ (VÖ: 25.01.2019) live vorzustellen. Vorab wird die Band im Sommer ebenfalls beim Way Back When sowie Deichbrand Festival live zu sehen sein. Blood Red Shoes – live…

KINGSBOROUGH kommen im Herbst auf Tour

Letzten Herbst ist das Album „1544“ des kalifornischen Quintetts Kingsborough erschienen, das wir euch in unserer Rezension schon ans Herz gelegt haben. Auch wenn die Scheibe bei uns leider nur über Import oder als Download verfügbar ist, Kingsborough sind auf jeden Fall eine spannende Band für alle, die abwechslungsreichen und handgemachten Classic-Rock mit starken Vocals…

Creatures

Es ist schon rund ein halbes Jahr her, dass dritte Album der amerikanischen Rockband Mo Lowda And The Humble erschienen ist, aber wir wetten, dass es eine Menge unserer Leser gibt, denen Band und „Creatures“, so der Albumtitel, (noch) nichts sagen. In den USA spielte die Band diesen Sommer auf 10 Festivals und sorgte für ausverkaufte Shows nicht nur in ihrer Heimatstadt.

Das Trio aus der US-Metropole Philadelphia legt mit „Creatures“ ein leider nur eine gute halbe Stunde langes, aber dafür durch die Bank weg spannendes und abwechslungsreiches Album vor, das von dynamischem Alternative- und Indie-Rock dominiert wird. In eine Schublade sperren kann man die Musik der drei kernigen Typen nicht wirklich: Ein wenig retro, aber nicht zu oldschool, immer überraschend und gefühlvoll gespielt ist es, als würden Portugal. The Man gemeinsam mit Go Go Berlin und Led Zeppelin eine streckenweise sehr funkige Jam-Session abhalten und dabei intelligente, überwiegend nachdenklich-melancholische Texte abliefern.

Gitarrist und Sänger Jordan Caiola überzeugt mit seiner prägnanten Stimme und sorgt bei Anspieltipps wie ‚Card Shark‘ oder ‚Shells‘ für viel Atmosphäre. Die beiden titelgebenden Songs ‚Creature I‘ und Creature II‘ bilden dabei kleine und rein instrumentale Ruhepausen, eingespielt ganz allein vom Bassisten und Keyboarder Jeff Lucci, ein wenig anders als der Rest mit den elektronischen Klängen, aber irgendwie auch passend zu diesen „Kreaturen“. Mo Lowda And The Humble liefern ein durchweg spannendes und vor allen Dingen sehr stimmungsvolles Album ab, das geschickt auf dem Grat zwischen anspruchsvollem Indie-Rock und massenkomtatibler, stampfender Unterhaltungsmusik für den nächsten Kneipenabend balanciert. Und das machen die Amerikaner sehr gut.

Aprospos Kneipen- oder Clubabend: Wem „Creatures“ nicht reicht und wer jetzt Mo Lowda And The Humble unbedingt mal live sehen möchte, hat nächstes Jahr die Gelegenheit dazu: Eine Europatour wird derzeit geplant.

ELEMENT OF CRIME sind wieder auf Tour

Melancholische Rock- und Popsongs mit intelligenten Texten und (teils) mit Trompetenbegleitung: Die Band Element Of Crime um den gebürtigen Bremer Sven Regener liefert seit ihrer Gründung im Jahre 1985 immer wieder spannende und oft „etwas andere“ Musik ab. Sven Regener wurde später auch als Autor bekannt, so durch die Bücher um „Herrn Lehmann“ und seine…

EELS sind wieder da – Mit Album, Videos und Liveterminen

Er ist wieder da. Der schrullige Mann hinter den Eels, Mr. Mark Oliver Everett. Nach vier Jahren unfreiwilliger Auszeit, in der der bärtige Kauz sich von einem Burnout auskuriert, geheiratet, Vater geworden und sich scheiden lassen hat, gibt es die musikalischen Erzählungen dazu. In fünfzehn nagelneuen, typischen Eels Songs. Genau wie in den vergangenen vier…

The Deconstruction

Vier Jahre ist er her, der letzte musikalische Output vom kauzigsten Melancholiker der amerikanischen Indie-Rock-Szene. Im gleichen Zeitraum davor hatte Mark Oliver Everett aka E ganze vier (!) Alben geschrieben, aufgenommen, veröffentlicht und betourt. Genau das war der Grund dafür, warum das zwölfte Eels-Album „The Deconstruction“ so lange auf sich warten liess. Ausgebrannt sei er gewesen nach dem erfolgreichen Vorgängeralbum, war sich nicht sicher, ob er je wieder Musik machen würde, erzählte Everett rückblickend in jüngsten Interviews. So habe er sich in dieser Zeit auf völlig andere Dinge fokussiert, geschauspielert und eine Familie gegründet. Laut seiner eigenen Aussage genauso („übertrieben“) perfektionistisch, dass seine zweite Ehe, die er in dieser Zeit schloss, leider bereits wieder auseinander gegangen ist. Zudem ist Everett unerwartet Vater eines Sohnes namens Archie geworden. Viel Licht und Schatten also wieder im Leben dieses ungewöhnlichen Künsters, wie sollte es auch anders sein? Dem Kenner war natürlich klar, dass es in den Genen dieses Mannes eingraviert ist, sein Leben mit der Musik und durch die Musik zu reflektieren. Das Ergebnis sind fünfzehn neue Songs auf „The Deconstruction“. Und Mr. E wird in diesem Frühsommer auch wieder auf Tour nach Europa kommen.

Ebenso klar wie die Tatsache, dass dieser Mann einfach nicht ohne Musik leben kann, war auch, wie das neue Album aussehen würde. Natürlich melancholisch und schrullig, aber auch romantisch und ausgelassen, genau wie die Lebensthemen, die die Songs von Everett bereits seit „Beautiful Freak“ von 1996 reflektieren. Den Verlust der engsten Familienangehörigen an Krankheiten wie Krebs und Depressionen, die knospenden, blühenden und verwelkenden Liebesbeziehungen, die Vögel auf der Veranda, das Spielen mit seinem Hund. „The Deconstruction“, auf den ersten Blick nicht eben ein optimistischer Albumtitel, klingt dann nicht nur thematisch, sondern auch musikalisch wie eine Art Querschnitt seines bisherigen Schaffens und ist damit sicherlich auch das heterogenste Werk Everetts.

Mit Streichern, Glockenspiel und der heiseren Stimme von Everett zelebriert der Titelsong die Gefühle einer zu Ende gehenden Beziehung. Die groovige Nummer ‚Bone Dry‘, im Vorfeld der Veröffentlichung auch mit einem fantastischen Animations-Musikvideo im Stil von Tim Burton bedacht. Knochentrocken fühle sich sein Herz an, weil sie ihm alles Blut ausgesaugt habe – die Nummer hätte auch auf „Hombre Lobo“ gepasst. So wie ‚Premonition‘ von „Daisies of the Galaxy“ hätte sein können, in dem E auf seine unnachahmliche Weise und mit zurückhaltend klimpernder Gitarre besingt, dass die Sonne weiterscheinen wird – egal ob man lebt oder stirbt. Doch es geht nicht nur trauig zu: In der peppigen Sommer-Pop-Nummer ‚Today Is The Day‘ geht es richtiggehend fröhlich zu. Die launige Shuffle-Nummer ‚You Are The Shining Light‘ mit Bläsern und Hammond hat sogar Tanz-Potential. Und im balladesk-schrulligen ‚Be Hurt‘ setzt E der simplen Wahrheit, dass es schon okay ist, verletzt zu sein, ein akustisches Denkmal, wie es Peter Buck von REM nicht besser gekonnt hätte.

Ein „echtes“ Rockalbum ist es nicht geworden, dennoch ist Album Nummer Zwölf unverkennbar Eels, inklusive dem Optimismus und der Hoffnung, die auf den zweiten Blick schon bei den früheren Alben immer da gewesen ist. „The Deconstruction“ ist sicher nicht der Höhepunkt seines Schaffens, aber die Fans werden ohnehin froh sein, dass Everetts Eels wieder da bzw. nicht Geschichte sind. Letztlich ginge es im Leben doch darum, freundlich und mitfühlend zu seinen Mitmenschen und gnädig mit sich selbst zu sein – findet Mr. E. Finden wir auch. Und er hat einmal mehr den Soundtrack dazu. Bravo.