Schlagwort: Alternative

Flucht in die Flucht

Die wütende deutschsprachige Rock/Punk/Indie-Szene ist in diesen Zeiten so spannend wie lange nicht mehr. Die Nerven, Messer oder Ja, Panik sind in aller Munde, machen sogar international auf sich aufmerksam. Diese Gruppen sind die Nachfolger einer Bewegung, die vor gut 20 Jahren in Hamburg ihren Anfang nahm. Zu den lyrischen Krawallbrüdern von damals gehörten auch Die Sterne. Mit ihrem zehnten Album ‚Flucht in die Flucht‘ beweisen sie, dass auch Mitte-40-Jährige weit entfernt vom Weichspülprogramm sind.

Frank Spilker begibt sich mit seinen Bandkollegen in die weite Welt der Popmusik. Alle Stilschubladen werden geöffnet und mit vollen Händen ausgeräumt. Rock, Pop, Soul, Beat bilden den Teppich für kritische Texte, die oft im fluffigen Mit-Wipp-Tempo gehalten sind. Die Handschrift von Olaf OPAL (u.a. The Notwist) ist deutlich zu spüren. Die Sterne kommen psychidelisch schwankend und feelgood-tänzelnd daher.

‚Dies war nicht mein erster Shitstorm / Vielleicht wird es nicht mein letzter sein / Doch mein Sonnenschirm umspannt die Welt‘

, sprudelt Spilker selbstbewusst im Eröffnungsstück hervor, um gleich darauf nachzulegen:

‚Wie soll man euch Idioten das erklären? / Ich bin was ich bin, ich bin es gern‘

. Der Mittelfinger als Prinzip. Keine schlechte Einstellung, um das Leben erfolgreich zu meistern.

Das Hier und Jetzt wird in ‚Ihr wollt mich töten‘ geschlossen. Hier unterstützt der Bassist der Einstürzenden Neubauten, Alexander Hacke, die Sterne. Es ist ein Generationentreffen deutscher Musikkultur, die in einem eindringlichen Duett mündet. Sie treibt die Kontra-Position auf die Spitze:

‚Ihr wollt mich töten? / Legt jetzt los, macht keine Fehler / Zögert nicht und handelt rasch / Sonst bin ich schneller‘

.

‚Flucht in die Flucht‘ ist ein grimmiges Fanal, das allerdings musikalisch eine leichte Brise statt einem dreinbrechenden Sturm aufzieht. Wolf im Schafspelz könnte man auch dazu sagen. Versteckt zuschlagend und sehr gut.

Nobody Wants To Be Here And Nobody Wants To Leave

Erstmal tief durchatmen: The Twilight Sad sind gerettet. Nach dem Ausrutscher ‚No One Can Ever Know‘ von vor zwei Jahren holen die Verneiner vom Dienst mit ‚Nobody Wants To Be Here And Nobody Wants To Leave‘ das Kind aus dem Brunnen. Wie durch ein Wunder ist es unversehrt geblieben – auch wenn Keyboarder Martin Doherty (jetzt bei Chvrches – möge er dort selig werden) im ungünstigsten Moment losgelassen hat: Die ehemaligen Weggefährten haben ohne sein Zutun die bislang reifste Leistung der Bandkarriere erbracht.

Selbstredend hegen The Twilight Sad ihre grambeschwerten Harmonien auch weiterhin im Kellergeschoss des Genres. Eine stilistische Kehrtwende hin zu ihren Anfängen haben die Schotten gleichwohl nicht hingelegt: Die ungezügelten Distortionschwärme, mit denen sich The Twilight Sad dereinst ihre Unverwechselbarkeit erspielten, sind Geschichte. An ihre Stelle tritt die wohlbedachte Verteilung von Synthie- und Leadgitarren-Akzenten. The Twilight Sad gehen sauberer, zielgerichteter zu Werke als bislang; unter neuer Dosierung alter Mittel wissen sie ihre eigentümliche harmonische Bitterkeit mehr als bloß gleichwertig aufzugreifen und entfachen einen betrüblichen Shoegaze-Schwelbrand.

Hier hat eine ohnehin schon charakterstarke Band zu sich selbst gefunden: Inspiriert von den Stärken seiner Vorläufer – ‚No One Can Ever Know‘ allen Ernstes inbegriffen – steigt das Album in Gestalt von ‚There’s A Girl In The Corner‘ direkt mit einem Stück ein, das im instrumentalen Traurigkeitstaumel die stichhaltigsten klanglichen Erscheinungsformen der bisherigen The Twilight Sad miteinander vermengt – und tastet sich fortan sicheren Trittes durch die selbsterzeugte Finsternis. Mit dick aufgetragenem Reverb, versteht sich.

Machen wir uns nichts vor: Dieses Album schien schon seinen Eckdaten nach zum Erfolg verdammt, ließen doch der mit Peter Katis edel besetzte Regiestuhl und Mogwais ehrwürdiges Castle Of Doom als Aufnahmeort schon von Beginn an wenige Wünsche offen und keinerlei Ausflüchte zu. Auf solche ist die Band nach tadelloser Leistung allerdings auch gar nicht angewiesen. Der nicht zuletzt aufgrund des eigentümlichen schottischen Dialektes unnahbare Gesang James Grahams ist immer noch eine Macht in Blechgrau, doch strahlen die Songtitel bereits Kälte, die altbackenen Cover-Cartoonfiguren bereits Beklommenheit aus, bevor überhaupt ein Wort gefallen ist.

Ähnlich verhält es sich auf instrumentaler Ebene: Schon für sich genommen erzählen ein unruhiges hintergründiges Pochen, irrlichternde Synthie-Motive, skelettierende Bassläufe und frostige Gitarrenschmirgeleien Geschichten schlafloser Nächte im ländlichen Spukhaus, die von Kapitel zu Kapitel tiefer in ihrem Hörer zu wühlen scheinen.

‚I see you at night and I stare at you / You don’t care for me / Move out of the light / Still glare at you / look away from me‘

, heißt es in ‚Last January‘. Hier bündelt sich sämtliches Unbehagen des Tonträgers auf engstem Raum. Dieses Album kennt dich nicht nur, es weiß auch, wo du wohnst.

Wheatus – Abend der Gegensätze

Auch wenn sich die Liste der ehemaligen Bandmitglieder von Wheatus liest wie die Aufstellung eines Highschool-Footballteams – inklusive der Auschwechselspieler, Cheerleader, Balljungen und dem Hotdog-Verkäufer – befinden sich an diesem Konzertabend grade einmal sechs Musiker auf der kleinen Bühne des Berliner Postbahnhofs. Grade einmal? Wenn man bedenkt, dass die Band zu Gründungszeiten aus lediglich drei Jungs bestand, müsste die jetzige Besetzung doch eigentlich groß erscheinen. Tut sie aber ganz und gar nicht. Grotesk? Schon. Aber irgendwie auch logisch, wenn man berücksichtigt, dass drei der sechs Musiker in erster Linie Luft zu verdrängen scheinen…

The Intersphere – Kons(ch)tanz auf der Bühne

Der Kulturladen ist in der Bodenseemetropole Konstanz DIE Institution, wenn es um Live-Konzerte geht. Der Veranstalter deckt ein breites Feld von Rock über Punk, Blues und ab und an sogar Metal ab. Der Club ist eher überschaubar, dafür aber besonders charmant und war in der Vergangenheit nicht selten auch Seismograph für aktuelle Entwicklungen. Nicht nur Rammstein standen hier vor Jahren vor ihrem großen Durchbruch auf der Bühne, sondern zahllose andere Namen der alternaticen Musikszene Deutschlands. Aber auch internationale Stars wie der kürzlich verstorbene Johnny Winter, Wishbone Ash oder die Metal-Flinkefinger von Dragonforce machen in dem netten kleinen Club halt.

FOO FIGHTERS legen nach mit weiterem Vorab-Song von ‚Sonic Highways‘

Die Uhr tickt. Noch knapp zwei Wochen, dann erscheint das neue Foo Fighters Album „Sonic Highways“. Die zugehörige Doku-Serie bei HBO (wir berichteten) ist in den USA ebenfalls gestartet, parallel zur zweiten Episode präsentieren die Rocker um Front-Charisma Dave Grohl nun den zweiten Song mit dem Titel ‚The Feast And The Famine‘. Die Veröffentlichung des…