Schlagwort: Melodic Punkrock

RISE AGAINST – „Nowhere Generation“ als orchestrale Akustik-Ballade

Es war der erste Vorbote zum am 4. Juni 2021 erscheinenden gleichnamigen neuen Album: „Nowhere Generation“. Der Song befasst sich mit der verlorenen Generationen von Abgehängten und Armutsflüchtlingen, für die der amerikanische Traum nie in Erfüllung gehen wird, wodurch er global viel Aufmerksamkeit erweckte. Nun hat die Band um Sänger Tim McIlrath das Lied als…

Let The Bad Times Roll

Herzlichen Glückwunsch an Dexter Holland! Der Frontmann von The Offspring ist nun promovierter Biologe. Somit ist das neue Album der Kalifornier „Let the Bad Times Roll“ (Concord) die erste Platte, auf der er sich „Doktor“ nennen darf. Damit gesellt er sich zu anderen Punkrockgrößen wie Greg Graffin von Bad Religion oder Milo Aukerman von den Descendents, die ebenfalls promoviert haben. Erst genannter ist übrigens wie Holland Biologe. Allerdings unterscheiden sich ihre Themengebiete. Während sich Graffin der Evolutionsbiologie widmet, ist Holland Molekularbiologe. Somit dürfte auch klar sein, dass die beiden wohl nicht voneinander abgeschrieben haben.

Das gilt jedoch nur für ihre wissenschaftliche Karriere. Denn der Opener von „Let the Bad Times Roll“ „This is not Utopia“ klingt tatsächlich wie ein Bad-Religion-Song aus deren umstrittener „No Substance“-Phase. Der folgende Titeltrack geht eher in die Richtung Party-Kracher. Auf das erste Hören etwas nervig, setzt er sich letztendlich als Ohrwurm fest. So schaffen es The Offspring mit den ersten beiden Liedern tatsächlich das zu erfüllen, was von ihnen erwartet werden kann: Nicht zwingend straighter Punkrock, dafür Sommerfeeling und gute Laune.

Leider schlägt das Album danach eine andere Richtung ein. Viele Songs wirken etwas zahnlos und schwach auf der Brust. Ein gutes Beispiel ist hierfür „Army of One“. Das besitzt zwar ein starkes Riff, das an die Dead Kennedys auf der legendären „Fresh Fruit for Rotting Vegetables“ erinnert, aber leider geht es in der Schwammigkeit des Refrains und der fehlenden Aggressivität unter und mutiert zu einem lauen Lüftchen.
Dazu frönt das Quartett in „Behind Your Walls“ wieder verstärkt den Alternativ-Einflüssen, die bereits auf dem Vorgänger „Days Go By“ vorkamen.

Ziemlich witzig geraten ist dagegen „We Never Have Sex Anymore“. Hierbei handelt es sich überraschenderweise um eine Swing- und Jazznummer mit vollem Bläsereinsatz, die vor Witz und Überraschungen nur so sprüht. Etwas vorhersehbarer ist der groovige Mid-Tempo-Track „Coming For You“, der nach mehreren Anläufen allerdings zu überzeugen weiß.

Weshalb The Offspring Edvard Griegs „The Hall of The Mountain King“ covern mussten, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Bands wie Apocalyptica haben das schon deutlich spannender intoniert. Noch tragischer ist die Neuaufnahme des Band-Klassikers „Gone Away“, der ursprünglich auf der 1997er Scheibe „Ixnay on the Hombre“ enthalten war. Live mag die hier dargebotene Klavier-Version als Überraschung gut zünden. Als Studioaufnahme wirkt sie leider belanglos. Während das Original vor Emotionen strotzt und die im Text thematisierte Sehnsucht sehr greifbar wird, fehlt es hier an allem.

Neun Jahre sind seit der überraschend guten „Days Go By“ vergangenen. Dies war genug Zeit, um einen Doktortitel zu machen, jedoch leider zu wenig, damit The Offspring ein rundum gelungenes Album schreiben. „Let The Bad Times Roll“ ist eine durchwachsene Platte mir wenigen Höhen, viel Durchschnitt und ein paar Tiefen geworden.

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DESCENDENTS – „You asshole Twitter troll“

Descendents promo pic

Die kalifornische Melodic Punk-Legende Descendents ist bekannt für ihre süffisanten textlichen Aussagen, aber nicht gerade für politische Statements. Im Alter von über 40 Jahren wird man dazu noch ruhiger, nicht so Bill Stevenson und Co., die allen ein „You asshole Twitter troll“ in Form eines kurz und bündigen Lyric-Video zu „That’s the Breaks“ entgegen schmettern.…

RED CITY RADIO – „Paradise“ der Punkrocker kommt im Dezember

Das „Paradise“ auf Erden von Red City Radio erscheint am 04.12.2020, wie die Band nun bekannt gab. Der neue Longplayer, der in der aktuellen Zeit ein bisschen Hoffnung spenden soll, hat seinen Namen von eben jenem Lied erhalten: Wir haben den Albumtitel vom gleichnamigen Lied übernommen, bei dem es darum geht, sein eigenes Paradies zu…

Paradise

Wenn auf „Paradise“ (Inside Job/eOne) die ersten akustischen Töne von „31“ erklingen und Ross Gordon mit seiner sanft-rauen Stimme einsetzt, wirkt es kurzzeitig wie der Himmel auf Erden. Doch dann kommen die lauten E-Gitarren, ein warmer Schauer läuft über den Rücken und man möchte die eingängige Melodie gleich mitsingen. Wer beim nachfolgenden „Life With A View“ immer noch nicht die Fäuste in die Luft reckt, der wird mit Cold Years wohl nie warm werden. Denn besser als mit diesen beiden Tracks kann ein Debütalbum nicht beginnen.

Cold Years gründeten sich im Jahr 2014 als die Kumpels Ross, Finlay und Fraser nachts um die Häuser zogen. Ross wollte unbedingt in einer Band spielen. Deswegen erzählte er Finlay und Fraser unabhängig voneinander, dass der jeweils andere schon mitmachen würde. Daraufhin stimmten beide zu und die Kombo war geboren. Komplettiert wird sie durch Louis Craighead. Nach der ein oder anderen EP klopft das Quartett mit ihrem ersten Longplayer jetzt mächtig an die Pforten des Rockhimmels. Denn diesen wollen sie erobern.

Als Vorbilder nennen die Schotten Bands wie Bad Religion oder Rancid. Von deren Tempo und Streetcredibility sind Cold Years allerdings ein gutes Stück entfernt. Vielmehr muss der Name The Gaslight Anthem mit sämtlichen Brian-Fallon-Nebenprojekten genannt werden. Die Ähnlichkeiten sind unüberhörbar. Dies liegt vor allem an der Stimme von Ross Gordon. Musikalisch verfolgen Cold Years dagegen einen etwas rockigeren, teils punkigeren Ansatz.

Nach dem guten Start halten Cold Years das Niveau weiter hoch. Wunderbare Melodien treffen auf punkrocklastigen Sound, der mit einer Prise Stadionrock garniert wird. Dieser wird die Band sicher bald von den Clubs in die großen Hallen führen. Beste Beispiele hierfür sind „Burn The House Down“, „Electricity“ oder „Too Fae Gone“. Ruhigere Töne werden dagegen in „The Wait“ angeschlagen.

Ausgerechnet in dem Moment, in dem man glauben könnte, dass Cold Years alles gesagt haben und redundant werden, bekommt Paradise mit dem Kracher „62 (My Generation’s Falling Apart“ und dem abschließenden akustischen „Hunter“ ein Ende von höchster Qualität.

Inhaltlich decken Cold Years ein breites Spektrum ab. Von persönlichen Texten bis hin zur Frustration über die politische Situation im britischen Königreich. Als vom Brexit betroffene Schotten können sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied darüber singen. Dadurch schmeckt „Paradise“ am Ende auch ein wenig nach jugendlicher Rebellion.

Sicherlich könnte bei einem kritischen Blick Cold Years die Ähnlichkeit zu Bands wie The Gaslight Anthem vorgeworfen und ein wenig mehr Eigenständigkeit gefordert werden. Dafür sind die Songs auf „Paradise“ aber einfach zu gut und sprühen vor Spielfreude und Energie. Sie sind viel besser als das, was die großen Paten in den letzten Jahren von sich gegeben haben.

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THE LAWRENCE ARMS – Erstes Album seit sechs Jahren

The Lawrence Arms haben für den 17.07.20 ein neues Album angekündigt. Es wird das erste Werk der amerikanischen Punkrocker seit sechs Jahren sein und auf den Titel „Skeleton Coast“ hören. Insgesamt werden 14 Songs enthalten sein, die in lediglich zwei Wochen aufgenommen wurden. Mit „PTA“ haben The Lawrence Arms auch die erste Single aus ihrem…

SMILE AND BURN und SHORELINE – Fotoreport aus München

Smile and Burn Live München Konzert

Smile And Burn sind zurück. Nach turbulenten letzten Jahren und dem Ausstieg von Sascha Nicke (Gitarre) und Chris Brauer (Bass) musste die Band einen Neustart wagen. Nurmehr zu dritt gehen Smile And Burn einen mutigen Schritt: Sprachwechsel von Englisch auf Deutsch. „Morgen Anders“ nennt sich das neue Album der Berliner Punker und man hat das…

ANTI-FLAG – Erster Song vom neuen Album

Anti-Flag promo-pic

Wie bereits vor ein paar Tagen erwähnt, die Pittsburgher Polit-Punks Anti-Flag beenden derzeit die Arbeit an ihrem neuem Album. Damit der Appetit noch größer wird, präsentieren Anti-Flag mit „Christian Nationalist“ ein erstes Lyric-Video. Natürlich hat der Song eine aktuelle Message, die Justin Sane wie folgt erklärt: “History is full of wealthy and powerful people using…

Descendents – Comeback Kids

Die legendäre Punkrock-Band aus Kalifornien ist wieder am Start! Ende Juli veröffentlichten die Descendents nach zwölfjähriger Abstinenz eine neue Platte. Während sie durch Europa tourten, nahm sich Sänger Milo die Zeit, uns ein paar Fragen zu beantworten.

Hypercaffium Spazzinate

2016 scheint das Jahr der Rückkehr der Punk-Rock-Legenden zu sein. Anfang Juli hatten die Adolescents bereits ihr neues Album ‚Manifest Density‘ veröffentlicht und nun folgt mit den Descendents eine weitere große Punk-Band der Achtziger, die es noch einmal wissen wollen. Der Titel des neuen Machwerks, dass zwölf Jahre nach ‚Cool To Be You‘ erscheint, ist allerdings geradezu prädestiniert für eine falsche Aussprache: Hypercaffein…, Hypercoffin…, Hypercalcium…, ‚Hypercaffium Spazzinate‘. Wer ist bloß auf diese Idee gekommen?

Trotz des etwas eigenwilligen Namens, bleiben sich die Descendents inhaltlich treu und liefern geradlinigen Punkrock der alten Schule, der dort anfängt, wo der Vorgänger von 2004 aufhörte. Auch das Cover-Design sorgt mit der guten alten Milo-Karikatur für Wiedererkennungswert. Wie bei vielen Bands, die sich immer wieder auf eine einmal erfolgreich angewandte Formel zurückbesinnen, wie beispielswiese Bad Religion oder Sick Of It All, reicht das Spektrum auf ‚Hypercaffium Spazzinate‘ von Evergreen bis Durchschnittskost. Einige Songs bleiben auf ewig im Ohr hängen, bei anderen wiederum weiß man auch nach dem fünfzigsten Mal hören nicht wie der Titel lautet. Auch wenn es jetzt so klingen mag, die neue LP ist in keinster Weise ein Reinfall!

Dafür sorgen alleine schon Lieder wie ‚Victim Of Me‘, das man bereits vorab probehören konnte und das geradezu als Musterbeispiel für einen perfekten Punkrock-Song herhalten kann. Schnell, eingängig, auf den Punkt und mit einer klaren Message: überwinde dich selbst, um frei zu sein. Ohne Weiteres der beste Song auf ‚Hypercaffium Spazzinate‘. Und geht es nur mir so oder klingt Milo Aukerman hier verdächtig nach Greg Graffin!? Dann wiederum gibt es Lieder wie ‚Human Being‘ oder ‚We Got Defeat‘, die einfach nur ‚okay‘ sind. Im positiven wie im negativen. Aber bei insgesamt sechzehn Tracks kann halt nicht jeder Song ein Hit sein. Dafür gibt es allerdings auch keinerlei Totalausfälle.

Über jeden Zweifel erhaben und geradezu unnahbar wirken hingegen Karl Alvarez‘ Bass-Lines. Bei einem Musikstil mit relativ einfachen Strukturen wie Punk, bereichern schon kleinste Nuancen den Gesamteindruck ungemein und wahrlich, Nuancen liefert Alvarez hier ohne Ende. Alleine in dem kurzen Intro von ‚Fighting Myself‘ stecken mehr Noten und Abwechslung als in so manchem kompletten Album. Hands down, der Mann ist ein Virtuose am Viersaiter!

Thematisch folgt das Album keiner klaren Linie, sondern thematisiert breitgefächert gesellschaftliche Probleme oder persönliche Gefühlslagen. Wasser predigende und Wein trinkende Geistliche (‚Shameless Halo‘), krank machende Fast-Food-Kultur (‚No Fat Burger‘), Pessimismus (‚Smile‘), die Schattenseiten der Menschheit (‚Human Being‘)…

Nach zwölf Jahren kreativer Pause zeigen die die Descendents, dass sie auch nach fast 30 Jahren ihres Bestehens nichts von ihrem Biss eingebüßt haben. ‚Hypercaffium Spazzinate‘ ist etwas weniger aggressiv als das Mit-Neunziger ‚Everything Sucks‘ und von der Akustik und dem Tempo her in etwa auf dem Niveau von ‚Cool To Be You‘. Nicht jeder Titel ist ein Ohrwurm, dafür aber jeder zweite, wobei auch die anderen Tracks durchgängig unterhalten. Wer auch nur ein bisschen Interesse an althergebrachtem Punkrock hat, wird an der Platte mit dem komischen Namen gewiss Gefallen finden. Descendents-Fans sowieso. Und Bassisten. Und eigentlich überhaupt jeder, der keine Abneigung gegen gute Musik hat.