Schlagwort: Gothic

Freitag der 13.

Tanzwut. Mal wieder. Was gibt es zu sagen? Mittelaltermarkt meets Electronica. Das war so, ist so, wird immer so sein. Nur leider haben Tanzwut das auf den vergangenen Alben häufig zu sehr selbst so gesehen und haben vergessen, dass bei einer solch limitierten Form der Musik unglaublich viel Herzblut dazu gehört, um Großes abzuliefern. Viel zu viel Dienst nach Vorschrift haben Teufel & Co. abgeliefert, alles halbwegs OK, aber nicht wirklich mit der Verve und der Intensität, die diese Musik benötigt, wie die Luft zum Atmen.

Auf dem praktischerweise an einem Freitag,den 13. erschienenen neuen Album „Freitag,der 13.“ haben Tanzwut zumindest den den Spielleuten naturgegeben innewohnenden Schalk wiedergefunden. Mit Lust und Freude werden hier die simpelsten Dudelsackmelodien aus dem Ärmel geschüttelt, die Melodien jagen sich gegenseitig über den Marktplatz und der Gesang dröhnt durch die Häuser vom Kesselflicker bis zum Hufschmied. Jeder Song geht aufgrund seiner Simplizität direkt ins Ohr, manche muten tatsächlich ZU poppig an. Da zelebriert jemand die Lust am Leben, weit jenseits von schmierigem Schmalz, der üblicherweise aus den Charts tropft, haben Tanzwut mit ihrem (Flach-)Witz Erfolg.

Egal, ob es nun das Hoch auf die alten Geschichten ist, die man sich erzählt („Brüder Im Geiste“), oder der rotgefärbte Sand ist, den man zum Glücklichsein raucht („Brot Und Spiele“) – Tanzwut bedienen hier jede Form des simplen musikalischen Zeitvertreibs. Leicht düster geht es zu beim Titeltrack, sonst aber ist das hauptsächlich ganz ganz viel gute Laune. Tanzwut sind mit diesem Album wieder die besten Spielleute, die sie sein können.
Nimm Dich in acht vor schwarzen Katzen / die nachts an deiner Türe kratzen / Nimm Dich in acht vorm bösen Blick / denn die 13 bringt das Mißgeschick.

Klar – viel Anspruch ist da nicht, man hat schon Intelligenteres gehört, und irgendwie erinnert Teufel beim Gesang ziemlich oft an die GesangsRRRRRandale von der feuerschmeißenden Konkurrenz – was durch die recht häufig auftretenden Maschinengewehrsalvenriffs in Kombination mit Elektrostakkato nicht gerade entkräftet wird.

Simple, eingängige Mitgrölmusik für die Zeit nach dem fünften Methorn ist das – aber dafür ist es wirklich hervorragend.

Follow The Deadlights

Mit dem Gothic Metal ist es so eine Sache. Eigentlich ist dieses Genre verstorbener als es ein Zombie je sein könnte. Mit dem Ableben von Sentenced gab es eigentlich nur noch wenige Bands, die wirklich in dieses Genre passen – HIM, Paradise Lost, Tiamat vielleicht. Andere Helden der alten Zeit wie Anathema und Katatonia haben beschlossen, lieber die Hipster zu bedienen. Nennt man das Erwachsenwerden?

Wie auch immer, Type O Negative sind auch nicht mehr, das Genre ist am Ende, neue Impulse Fehlanzeige. Diablo Blvd. aus Belgien machen Gothic Metal. Dieses Etikett mag heutzutage nicht mehr wirklich verkaufsfördernd sein, nichtsdestotrotz passt es. Wenn man sich einen Ort vorstellt, an dem gelangweilte gutaussehend-glitzernde Androgyne Gothic Metal hören, dann ist es wohl ein Glaskasten im Walde vom Forks. Diablo Blvd. aber bedienen zum Glück eher die dreckige Schiene, die ehrliche Schiene, die rockige Schiene und besinnen sich darauf, dass es anno dazumal Helden wie Danzig gab. Titty Twister anstelle von Forks High School.

Der beste Vergleich ist mit Sicherheit die Type 0 Negative – Nachfolgeband A Pale Horse Named Death. Auch hier wird Gothic, Metal und Grunge mit halbwegs massentauglichem Rock und straighten Gitarren verbunden. Diablo Blvd. lassen auf „Follow the Deadlights“ einige wirklich exzellente Riffs vom Stapel, und rifflastigen Gothic Metal gibt es nun wirklich nicht wie Sand am Meer. Man vermengt eine tiefere Version von Alice In Chains – artigem weinerlichen Gesang mit epischen Gitarren Marke Ghost Brigade und einer gewissen Eingängigkeit und Einfachheit, die fast Charakterzüge von Nickelback trägt.

Im Gegensatz zu den Nordlichtern von Ghost Brigade schaffen es Diablo Blvd. aber, radiotaugliche, griffige und nicht zu lange Songs zu schreiben, die auf einem amerikanischen Rockradio-Sender garantiert herauf- und wieder herunter gespielt würden. Die Stücke gehen gut ins Ohr, machen Freude, sind aber insgesamt zu harmlos und enthalten nicht wirklich viel Neues. Es gibt nichts, das herausragt, nichts das hinten abfällt – ein durchdachtes, aber zu glattpoliertes Stück Düsterrock. Die schweren Riffs hat man bei allen möglichen Black Sabbath – Klonen schon gehört und Lemmys Geist weht auch noch durch „Follow The Deadlights“. Ein anständiges, düsteres Rockalbum ohne jedes Gefahrenpotential.

MOONSPELL geben Releasedatum von ‚Extinct‘ bekannt

MOONSPELL haben erst kürzlich vielversprechende Details zu ihrem kommenden Album bekannt gegeben. Jetzt haben die Portugiesen auch das Veröffentlichungsdatum bekannt gegeben: „Extinct“ erscheint am 06.03.2015 via Napalm Records. Ein Making Of des neuen MOONSPELL Albums wird zudem als 80-minütige Dokumentation auf einer Bonus DVD der erhältlichen Mediabook Edition veröffentlicht, die sämtliche Schaffensprozesse des neuen Albums…

Bestial Burden

Sich vor der heimischen Stereoanlage mit Pharmakon auseinanderzusetzen, ist nicht viel mehr als eine alberne Trockenübung. In der Livesituation muss man dem Noise-Wahnsinn der jungen Dame erst einmal standhalten. Unter kränklichem Dämmerlicht erzeugt Margaret Chardiet auf einem – so scheint es – verkabelten Stück Blech hässliche Geräusche und kehrt parallel dazu die widerlichste Seite ihrer Synthesizer und Effektgeräte nach außen. Gelegentlich hockt sie an der Bühnenkante und starrt ausgewählte Konzertgäste in Grund und Boden. Unten angekommen, schnürt sie Konzertbesucher mit dem Mikrofonkabel ein wie eine Spinne ihre Beutetiere im Netz. Manisch streift die 23-Jährige umher, stößt Getränke um, bricht immer wieder geschüttelt von Schreikrämpfen zusammen. Was steuert sie? Ein Publikum hat dem wenig entgegenzusetzen; kaum jemand weiß, wie er sich zu verhalten, wohin er seinen Blick zu richten hat.

Zu Hause hat man sich derlei Szenarien hinzuzudenken, und wenn auch das neue Album ‚Bestial Burden‘ als solches nicht annähernd an die Körperlichkeit, die Ausgesetztheit des Live-Erlebnisses heranreicht, lässt es einem schon gehörig anders zumute werden. Unter groteskem Schnarren und dumpfem Pochen schwillt der Lärmpegel an und wieder ab. Kriegspauken treffen auf Folterpeitschen; die Künstlerin schreit wie am Spieß dagegen an, wieder und wieder bricht es unkontrolliert aus ihr hervor. Es ist ein unerträglich ausgeglichener Kampf, für den kein Ende vorgesehen scheint. Ein sich flächig ausbreitender Defekt, eine wütende Krankheit, in deren Verlauf die Seele durchrostet und schließlich zerspringt.

Kehrt doch Mäßigung ein, dann lediglich, um Raum zum Hyperventilieren (‚Vacuum‘), Würgen und Erbrechen (‚Primitive Struggle‘) zu schaffen. Der Mantel der Stille hat etwas Klaustrophobisches. Chardiet hat es auf das Wohlgefühl ihrer Hörer abgesehen, sie seziert ihnen das Nervenkostüm und will ihren Ekel, so schnell es nur geht. Auch optisch: Innereien frisch vom Schlachter hat sie sich für das Cover-Artwork auf ihrem Rumpf auslegen lassen; an ihren Fingernägeln kleben Hühnerfüße. Bildsprache, die bei all ihrer Plakativität auf mehr fußt als reiner Provokationslust. Als die junge Musikerin sich, anstatt zu ihrer ersten Europatour aufzubrechen, einer Notoperation unterziehen musste und im Nachhinein einen Blick auf die Fotografien erhaschte, die während des Eingriffs aufgenommen worden waren, wurde ihr mit einem Mal die Verletzlichkeit, die Anfälligkeit dieses Systems da unter der Haut bewusst. Überrumpelt vom eigenen Schicksal und mit einem Organ weniger im Körper witterte die Patientin eine Verschwörung: Der eigene, fleischliche Körper als anthropomorphischer Widersacher, ja Saboteur, der Geist als Fremder in einem autonomen Mechanismus – konnte das wahr sein? Der Schock war viel zu verlockend, um ihn zu hinterfragen, zu bewegend, um ihn nicht in Klang zu überführen. Und zu erdrückend, um ihn über die Genesung einfach hinunterzuschlucken. Pharmakon würgt ihr Innerstes aus; eine Mädchenstimme zerschellt zum geschlechtslosen, rasenden Etwas, in dessen Bissreichweite man unter keinen Umständen gelangen möchte.

Das hier ist mehr Exkurs denn Musikalbum. Exkurs in die untersten, ängstebesudeltsten Tiefen auch des hartgesottensten Hörers, der am Ende auch nicht mehr ist als eine sterbliche – und je nach Betrachtungsweise ziemlich jämmerliche – Kreatur. ‚Bestial Burden‘ ist, was es ist: ein höllisch schmerzendes, unbehandeltes Stück wildeste, ursprünglichste Gemütsregung. Eine Rosskur, die keine zweiten Chancen und keine Sinneswandlungen kennt. Die zerstört und aufbaut, wie auch Pharmakon Gift und Arznei ist. Nicht nur etymologisch.

Evertina

Ein Pianist, drei Stücke, zwei Geschichten: Lubomyr Melnyk gibt seine neue EP ‚Evertina‘ offen als Zwischenspiel, deren Stücke als untergeordnete Kleinkunstwerke zu erkennen. Gleichwohl ist dieser Release mit Daseinsberechtigung nur so durchtränkt. Abseits des Flügels, in den tonalen tiefen des aufrechten Klaviers fand der ukrainische Künstler Melodien, die er bewusst von Konzertsälen fernhält, und in ihnen auch die Bestimmung von ‚Evertina‘.

Weiß man, dass Lubomyr Melnyk seine Kernkompetenzen im kontinuierlichen Musizieren, im ungebrochenen Fluss des Klangs sieht, ist der Extrarundencharakter der EP schnell erfasst. ‚Evertina‘ ist so etwas wie die fünf Minuten, die der Opa noch bei seinem Enkelkind bleibt, wenn es nicht in den Schlaf findet. Die fünf Minuten, aus denen am Ende 25 werden, die aber wie im Fluge vorüberziehen, und das, obwohl alles Elektronische bereits abgeschaltet und ausgestöpselt ist.

Von einem dichten Wald mikrokosmischer Farben erzählt Melnyk, von Schmetterlingen, die in taumelnder Anmut ihre verwinkelten Wege zurücklegen. Damit trifft er voll ins Schwarze und sperrt seinen Rezensenten die geeignetsten Metaphern. Zwischen fünf und zwölf Minuten Zeit nimmt er sich, um die Spiralgebilde zu entwickeln und zu verdichten, die Kurven sorgsam auszuspielen, die Akkordwogen vorsichtig aufzutürmen und Akzente lebendig zu drapieren – und spricht dabei trotzdem noch von Miniaturen. Die Stücke beherrsche er quasi im Schlaf. Zugleich scheint es jedoch, als bestünde noch Aufklärungsbedarf inmitten der Klanglandschaften. Als würde Melnyk seine Melodien noch erforschen, sich im Dunkel ihre Form ertasten müssen. Vorsichtig erkundet er die von ihm selbst geschaffenen Motive, tastet sich sorgsam über die Reliefs und jedes Mal scheint sich irgendetwas anders anzufühlen. Jedem Akkord ist seine ganz eigene Schwere zugewiesen, jedem Crescendo sein eigenes Timbre.

Bisweilen erscheint die Akzentuierung regelrecht fragend, und jedes Mal, wenn Melnyk das Tempo drosselt oder helikopterhaft über einem Arpeggio verharrt, weiß man: Er hat schon wieder etwas gefunden. Ein Lied im Lied, ein Thema zum Liebkosen und Aufpolieren, Takt für Takt, Taste um Taste – das Stück atmet und wächst, die Melodiebögen formen sich aus, man möchte sich mit in sie hinein neigen. Ein schönes bis zauberhaftes Bisschen Album. Dass aber Lubomyr Melnyk zu den rasantesten Konzertpianisten des Erdballs zählt, unterschlägt er hier sorgfältig. ‚Evertina‘ spielt nun einmal in einer anderen, kurvigeren Welt.

Let Us Burn

Eines hat das Jahr 2014 besonders gezeigt: Within Temptation kleckern schon lange nicht mehr, sie klotzen nur noch. Das aktuelle Album „Hydra“ ist ein Beweis dafür, die Bombast-Tour dazu ebenso. Und die Marke Within Temptation stand schon seit jeher für opulente Live-DVDs, die die aufwändigen Bühnenshows der Niederländer einfangen.

„Let Us Burn“ steht den Vorgängern wieder mal in Nichts nach und setzt als Basis zwei Konzerte: Die symphonische „Elements“-Show von 2012 im Sportpaleis in Antwerpen anlässlich des fünfzehnjährigen Bandjubiläums und das finale Konzert der europäischen „Hydra“-Arena Tour in der Heineken Music Hall vom Mai 2014 in Amsterdam. Beide Konzerte bieten eine spektakuläre Show mit fantasievollen Spezialeffekten, aufwändigen Kostümierungen, Dynamik, Video- und Lichtkunst sowie eine alles dominierende Sharon den Adel, eingefangen in dynamische Bilder und Ton.

Während „Elements“ natürlich einen höheren Klassikeranteil besitzt, zeigt „Hydra“ einen extrem hohen Hitgehalt, der beweist, dass die neuen Kompositionen mit zum besten gehören, was die Band bislang veröffentlichte. Evergreens wie „Mother Earth“ und „Ice Queen“, „Faster“ oder „Stand My Ground“ dürfen natürlich nirgends fehlen.

Neben den Konzertmitschnitten auf DVD oder Blu-Ray mit 34 audiovisuelle Livetracks in HD und in 5.1 Dolby Surround gibt es dazu noch eine Doppel-CD mit 32 Live-Audiotracks.

Da die DVD/Blue Ray hat eine Spielzeit von ca. 170 Minuten hat, stört auch fehlendes Bonusmaterial nicht weiter. Schließlich geht es um Musik und nicht um irgendwelche Backstage-Spielereien, die man bereits von anderen visuellen Veröffentlichungen kennt.

Dark Circus Festival 2014 – Goth in der Manege

Selten im Jahr ist der zeitliche Verwertungsdrang ein drängenderer als an Adventssonntagen – den vermeintlichen Inseln der Ruhe inmitten des hektischen Konsum- und Vorbereitungstrubels. Vor allem 2014. Und vor allem am zweiten. Die zweite Kerze anzünden, Plätzchen backen, über den Weihnachtsmarkt flanieren – die üblichen Verdächtigen unter den Freizeitaktivitäten biedern sich an. Was käme Freigeistern da gelegener als ein Zirkusbesuch? Vorausgesetzt, man möchte der Besinnlichkeit ein Schnippchen schlagen und macht sich nicht allzu viel aus Sägespänen, brennenden Reifen, Seiltanz und Elefanten, denn die gab’s im Leverkusener Gothic-Clubkleinod Shadow dann doch nicht. Dafür aber unvermindert erstaunliche Attraktionen sowie daneben auch den einen oder anderen Clown.

The Kingdom Field

Düster Metal–Bands mit elfenhaftem Gehauche am Mikrofon gibt es wie Sand am Meer. Weibliche Indie-Künstler mit einem intellektuellen Grundanspruch, die gern von der Zerstörung der Welt singen – wie Sand am Meer. Pseudodöseliger Postrock mit Joy Division-Anleihen? Sand am Meer.
Wenn aber nun Prophecy Productions eine Band signen, auf die irgendwie all diese Charakteristika zutreffen, dann darf man dennoch ein Ohr riskieren.

Und wie nicht anders zu erwarten ist die Debut-EP von Jayn Wissenberg a.k.a. Darkher zwar postrockiger Düsterkram, aber dennoch ist das absolut überzeugend, und nicht nur das: dunkle, schwermütige Musik war schon lange nicht mehr so spannend. Man macht nicht vor bestimmten Regeln halt, sondern packt alles in die Stücke hinein, das dunkle Freude bereitet und Atmosphäre schafft.

So ist zum Beispiel das langgezogene ‚Foregone‘ der erste Song seit langer Zeit, der einem Vergleich mit Massive Attack’s ‚Angel‘ absolut standhält. Lange, monotone Gitarren die über die unendliche Wiederholung mehrerer Töne eine geradezu grotesk wirkende Hypnotik entwickeln verbinden sich mit Jayns Gesang vom Chelsea Wolfe-Typ „steht im Nebenzimmer“: entfernt, leicht gruselig, mitreißend, aber nicht vordergründig und aufdringlich.

‚Hung‘ dagegen erinnert eher an die typischen Singer-Songwriter-Vertreter Marke Joanna Newsom, ein sanftes Cello begleitet eine Anathemaeske Gitarre von nachhaltiger Eintönigkeit.

Die Musik auf dieser EP ist wunderschön und verzaubernd, aber nicht kitschig; entrückt und träumerisch, aber nicht mit irgendwelchem naturmystischem Geschwurbel versetzt: Darkher liefert mit diesen 22 Minuten und lässt einen hoffnungsvoll zurück, bald mehr von dieser wunderbaren Dame zu hören – nächstes Jahr erscheint dann das Debütalbum.

Vervain

Liv Kristine ist zweifelslos eine Gothic Metal-Ikone. Mit Theatre Of Tradegy hat sie ein ganzes Genre geprägt, mit Leaves‘ Eyes den Weg fortgesetzt und auch bei ihren Atrocity-Beiträgen gepunktet. Anders sah es bei den Solowerken aus, die eher in poppigere Gefilde tendierten und die Gothic Metal-Fans meist wenig tangierten, auch wenn der Duett-Hit „3 A.M.“ mit Paradise Lost-Sänger Nick Holmes viel Beifall fand.

Das fünfte Soloalbum zeigt nun die Norwegerin von einer überraschend anderen und dennoch vertrauten Seite, denn „Vervain“ bietet keinen Pop, sondern Gothic Rock/Metal-Songs, die an „Aegis“ und noch ältere Sachen minus der Growls erinnern! Eine kleine Sensation…

„My Wilderness“ beginnt mit Lead-Gitarre und einem klassischem Gothic Metal-Riff, dazu diese engelsgleiche, immer wiedererkennbare Stimme, dass man denkt, man hat hier einen neuen Leaves‘ Eyes-Song im Ohr. Angenehm hart, dunkel-melodisch und erhaben, so will man Liv hören!

„Love Decay“ (feat. Michelle Darkness, End Of Green) überrascht nicht minder, dieses gefühlvolle Duett mit seiner prägnanten Bass-Linie versprüht einen derartigen Mittneunziger Gothic-Flair, dass man auf einmal diesen musikalischen Zeiten hinterher trauert. Ein effektives, traditionelles Gothic-Riff, schwarze Melodien und Klavierlinien lassen diesen Song zum nächsten Hit werden.

„Vervain“ beginnt elektronisch und wird zur flotten Gothic Rock-Hymne, „Stronghold As Angels“ feat. Doro lässt seelige „Velvet Darkness They Fear“-Zeiten aufleben und drosselt das Tempo. Beide Stimmen ergänzen sich und harmonieren überraschend gut, insgesamt eine schön dramatische, verzweifelte Atmosphäre.

„Hunters“ setzt den Fokus auf Bass und Elektronik, „Lotus“ auf schwere, balladeske Klänge, während „Two And A Heart“ wieder in alten TOT-Zeiten schwelgt. „Creeper“ klingt nicht minder Oldschool, aber weder verkrampft noch abgekupfert. Eine weitere tolle Nummer mit weiteren Elektronik-Tupfern.

Gedrosselt endet „Vervain“ mit „Oblivious“, dicke Moll-Gitarren, eine melancholische Lead-Gitarre, atmosphärische Keyboardwellen mit schwerem Bombast und die Überraschung ist perfekt.

„Vervain“ ist eine derartige Kehrtwende innerhalb der Solowerke, dass einem der Mund offen stehen bleibt, aber gleichzeitig auch der Sabber rausläuft. Ob die Solofans die „neue“ Ausrichtung befürworten? Keine Ahnung, die Fans der harten Sachen aber definitiv!