Schlagwort: Death Metal

Deserted Fear – Von Schnee, Met und dem Technik-Teufel

Da plaudert man mit dem äußerst sympathischen Gitarristen Fabian der Thüringer Deserted Fear vor ihrem Auftritt in Lenzburg/Schweiz über den durch das neue Album „Kingdom of Worms“ ausgelösten Popularitätsschub, kippt mit den Jungs – ganz Whiskey-Soda-Außenstelle Schweiz – einen Schweizer Single Malt und dann stellt man beim Sichten der Aufnahme fest, daß die Audiodatei kaputt ist. Dabei war der ganze Abend besonders gelungen.

Hideous Divinity – Death-Metal jenseits von Schablonen

Metal ist eine Aufreihung von Klischees. True Metal ist Manowar. Lederkostüme und behaarte männliche Oberkörper. Steel and Honor. Black Metal ist Behemoth. Satanische Symbolik und hinter Masken und Corpsepaint versteckte, mysteriöse Musiker. Power Metal ist Helloween. Epische Fantasy-Geschichten, simple, eingängige Gitarren und hoher Gesang. Death Metal ist Cannibal Corpse. Blut, Totenköpfe, Gedärme und Tod. Metal ist Klischee. Ist Metal tatsächlich Klischee? Ist Metal nicht auch die Freiheit, alles tun zu können, was man möchte? Widerstand durch Andersartigkeit? Es klingt wie eine abgedroschene Binsenweisheit, aber sollte nicht nur die Musik zählen? Solange verzerrte Gitarren, ein knackiger Bass und eine deftiges Schlagzeug dabei sind, sollte das nicht jedem Rockmusik-Fan Metal genug sein? Man könnte vermutlich stundenlang über dieses Thema streiten. Über den Identifikationsgehalt einer bestimmten Optik in einer Subkultur. Orientierung durch Klischees. Es gibt immer wieder Musiker, die auf Klischees pfeifen! Lange Haare, grimmige Mienen, Blut und Gedärme? Nicht bei Hideous Divinity aus Rom. Den fünf Jungs um Bandleader Enrico Schettino ist das schlicht zu langweilig.

Apex Predator – Easy Meat

Ein Album mit vierzehn Titeln, das im MP3-Format knappe fünfzig Megabyte umfasst, ist entweder nach allen Regeln der Kunst totkomprimiert, sodass das Hören statt Emotionen maximal Ohrenkrebs hervorruft oder von Napalm Death.

Jener Band, die mit ihrem 1,38 Sekunden langen Titel ‚You Suffer‘ bewies, wie effizient man dem Publikum tatsächlich die Gesichtszüge verbeulen kann. Auch wenn der durchschnittliche Napalm Death-Song durchaus länger währt, ist die Effizienz doch der geheime Steckenpferd der sonst eher anarchistischen britischen Oldschool-Grindcorer – keine Note ist nutzlos, jedes Riff sitzt und die Lieder sind genau so lang, wie sie sein müssen, um die Aussage zu transportieren. Nun könnte man meinen, dass die Aussage folgerichtig nicht besonders umfangreich sein kann, bei einer durchschnittlichen Songdauer von knappen zwei Minuten. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, Napalm Death zeigen lediglich, wie viel unnütze Ästhetik manch anderer Interpret in seiner Musik akkumuliert, ohne am Schluss irgendetwas von Belang gesagt zu haben. Und bekanntermaßen ist Ästhetik ja subjektiv.

So subjektiv, dass dem Kenner die besondere Ästhetik des neuen Napalm Death Albums schon von Anfang an auffallen wird.

‚Some of The Sounds that Napalm Death uses are deliberately designed to annoy people, no question!‘

, sagt Sänger Barney. Und genau diese Belästigung ist es, die Freunde des extremen Metals so mögen und die auch dieses Album dominiert. Auch wenn in Nuancen sicherlich die beabsichtigten Einflüsse von Public Image Ltd, Killing Joke oder Swans wahrnehmbar sind, ist es der effiziente Krach, der dem Napalm Death-Hörer die Endorphine um die Ohren schießen lässt.

Parallel dazu lässt schon der Titel ‚Apex Predator – Easy Meat‘ den Biologen oder aber wikipedia-affinen Metaller schmunzeln. Der Spitzenprädator zeichnet sich in der Nahrungskette dadurch aus, dass er ganz am Ende steht, also dort, wo er selber alles, aber nichts ihn fressen wird. Easy Meat halt.

Was auf den ersten Blick ironisch erscheinen mag, ist genauer betrachtet wohl doch eher von Zynismus geprägt. Der Apex Predator an der Spitze der Nahrungskette symbolisiert die entwickelten westlichen Länder, die für ihr ‚Easy Meat‘, sprich billige Importwaren, Kleidung aus Bangladesch oder ähnliches, prekäre Arbeitsverhältnisse in den untergeordneten Entwicklungsländern in Kauf nehmen, gleichzeitig aber auf heuchlerische Weise den gesellschaftlichen Konsens vertreten, dass die Sklaverei, die zum Beispiel in Textilfabriken in Bangladesch vorherrscht, schon lange der Vergangenheit angehöre. So jedenfalls sieht Barney die Situation, weshalb sich der lyrische rote Faden durch diese Thematik zieht und rund um das Thema Sklaverei im modernen Kapitalismus diverse soziale Mißstände anprangert.

‚Apex Predator – Easy Meat‘ ist ein wunderbar gelungenes Album, dass nicht nur mit dem für Napalm Death so elementaren Krach aufwarten, sondern mit ‚Hierarchies‘ tatsächlich auch einen fast hymnischen Eindruck vermittelt – und wenn Barney sich darüber Gedanken macht, dass man ihn nebst seiner Band irgendwann als alte Säcke abstempeln könnte, so sei ihm versichert, dass es bis zu diesem Zeitpunkt wohl noch einiger Napalm Death-Alben bedarf.

NAPALM DEATH – Infos und Stream vom neuen Album

Die Grindcore-Legenden von Napalm Death veröffentlichen in zwei Wochen ihr neues, sechzehntes Studioalbum „Apex Predator – Easy Meat“ via Century Media Records. Neben dem derben Album-Cover des Dänen Frode Sylthe (wer findet den Finger?) haben wir natürlich auch die Trackliste für Euch. Außerdem streamen die Kollegen vom Metal Hammer einen der Songs vom neuen Album…

Surgical Remission/Surplus Steel

Was soll man hierzu sagen? Es scheint tatsächlich eher wie ein Spaßprojekt der Herren Steer, Walker, Ash und Wilding. Nicht, dass es qualitativ schlechter wäre – aber dafür, dass Album und EP fast auf den selben Namen hören, ist die Stildifferenz schon sehr ausgeprägt. Wie meinen?

Nun ja, ‚Surgical Steel‘ hieß das letzte Album der Südwest-Britischen mittlerweile Death/Thrash-Kombo – und wie sich das für eine ‚mittlerweile Death-Thrash-Kombo‘ gehört, klang das erste Album nach einigen Jahren sehr death/thrashig. Vastehste?

Problem – oder, weniger Problem als vielmehr verwirrend ist, dass die kurz darauf folgende EP ‚Surgical Remission/Surplus Steel‘ schon wieder eine neue Richtung einschlägt. Wie gesagt, keineswegs minderwertiger, viel mehr überraschend, wandern die fünf Lieder der EP eher in die melodische, teilweise Hard-Rock-Ecke, als dort zu verweilen, wo der kommode Fan seine Lieblings-Band Carcass nach Überbrückung der langen Schaffenspause letztendlich einzuordnen wusste.

Allerdings, dem open-minded Hau-Druff-Musik-Fan wird diese EP so oder so imponieren und selbst die hartgesottenen Trve-Polizisten werden spätestens beim vorletzten Track ‚Lifestock Marketplace‘ das Fuß-Zuck-Syndrom bekommen, welches sich schon im Laufe der ersten paar Takte zu einer Art Stockholm-Syndrom entwickelt, sodass selbst die trvesten der Trven in ihrem Inneren gar nicht anders können werden, als diesen Track, mit seinen synkopischen Riffs, dem geilen Solo und dem halb gescreamten, halb geshouteten Refrain zu verehren;

‚Baby, you know that you were born to lose…‘

Carcass jedenfalls haben mit dieser EP lediglich gewonnen. Saugeile Sache, von Anfang bis Ende. Und das ist nicht übertrieben!

Carcass bei Facebook

Carcass bei Bandcamp

Atomic Temples

Es gibt Tage, da braucht man unbedingt etwas Stumpfes, nicht besonders Anspruchsvolles, um die Ohren und das dazwischen mal so richtig durchblasen zu lassen. Da kommt einem die neue Langrille „Atomic Temples“ der Schweden von Bombs Of Hades (War-Anthem Records) genau richtig. Denn Stumpf war bei den der Hölle entsprungenen Gestalten schon immer Trumpf. Dann…

The Coming Scourge

Das kleine Nachbarland, das sich immer gern in Orange hüllt, ist inzwischen so etwas wie der Hüter des Heiligen Grals des Death Metals geworden. Nicht nur Schwergewichte wie Asphyx, Hais Of Bullets oder Pestilence bestimmen dort das Geschehen, sondern auch der Nachwuchs verschafft sich immer öfter Gehör und lässt die Ohren ebenso gekonnt bluten wie…

Surgical Steel

Kaum eine Untergrundszene war in der zweiten Hälfte der 80er Jahre so lebendig und innovativ wie die auf der Insel, die nur dann zu Europa gehören möchte, wenn es für sie von Vorteil ist. Was hat allein Napalm Death für einen Stammbaum: Carcass, Cathedral, Godflesh, Ripcord, Scorn, Uunseen Terror und viele mehr zählen zu den…

A Fragile King

Der Musiker-Inzest in England nimmt fast schon schwedische Ausmaße an. Daher werden viele Vallenfyre als Death Metal Supergroup bezeichnen, ein reines Studioprojekt soll es aber nicht sein. Zur Geschichte: Gregor Mackintosh von Paradise Lost hat sich ein Stell-dich-ein mit Hamish Glencross von My Ding Bride, Scoot von Doom/Extinction of Mankind, und Adrian Erlandsson von At The Gates und Mully in einem Pub gegeben. Bei diesem Namedropping läuft es einem kalt den Rücken herunter, denn wenn bei dieser Allianz namens Vallenfyre kein Ausnahme-Death Metal-Album heraus kommt, dann kann man die fünf Musiker nur verfluchen.

Wer „Infernal Torment“ von „Vile Vibes“-Sampler kennt, der weiß, wie sich Vallenfyre anhört: Tiefe, schwere Gitarrenriffs treffen auf Old School Death Metal, der sich mit viel Doom Metal paart sowie einem gutem Schuss britischen Crust. Der daraus geborene Bastard ist bester Death Metal der guten alten englischen Schule. Besonders die langsamen, düsteren Teilstücke machen die insgesamt elf Kompositionen aus. Diese klingen herrlich verzweifelt und wunderschön dunkel.

Death Metal Superstar

An diesen Stellen wird einem offenbar, dass „A Fragile King“ eine starke persönliche Note besitzt. Laut Gregor Mackintosh ist „A Fragile King“ ein Andenken an seinen verstorbenen Vater, der intensiv mit Krebs zu kämpfen hatte. Ein schwerer Grove und ein gebremstes Up-tempo sind neben den markanten Gitarrensoli Mackintosh’ Stilelemente, die ein geschulter Hörer bereits von genannten Bands kennt und liebt. Manchmal ist der orchestrale Bombast allerdings ziemlich dick aufgetragen. Gesanglich orientiert sich der Mastermind ebenso an den alten Tagen seiner Hauptband wie beim Sound, der harmonisch und sehr bedrückend ausgefallen ist.

„A Fragile King“ ist ein Album ohne große Überraschungen, dafür aber mit vielen Stilmitteln, die einen schon mit „Lost Paradise“ und „As the Flower Withers“ ans Herz hat wachsen lassen. Mackintosh hat mit Vallenfyre einen überzeugenden Kontrapunkt zu all den modernen überproduzierten Death Metal Bands gesetzt, in dem er sich ganz auf die Stimmung von „A Fragile King“ konzentriert hat. Und er hat gut daran getan.

Homepage von Vallenfyre

Homepage von Century Media

Anomalies

Highspeed, Breaks und Akustikgitarren sind die Bestandteile des Cocktails, den uns Relapse Records regelmäßig anpreisen. Oft bedeutet dies aber außer Hektik und fehlenden Songstrukturen nicht viel mehr. Cephalic Carnage bedienen sich zwar genau dieser Versatzstücke, doch schaffen sie es, auf „Anomalies“ (Relapse Records) richtige Songs daraus zu machen

Insgesamt bedeutet das, dass der Hörer die zwölf Songs ohne weiteres auch unterscheiden kann. Dabei fallen sogar Parts auf, die man als sehr gelungen bezeichnen kann. So haben zwei, drei Stücke richtig gute Riffs, mal hyperschnell, dann langsam, aber treibend. Das andere Mal sind diese hoch musikalisch, aber selten übertrieben hektisch oder gar aufgesetzt. Weniger ist halt doch meistens mehr. Bestes Beispiel ist „Piecemaker“ mit seinem treibenden Riffs

Herausragend strukturiert ist der letzte Track „Ontogony of Behavior“, der eine bedrohliche Atmosphäre mit passend abgestimmten Blast-parts verbindet. Hier haben Cephalic Carnage ihre Lektion bei Neurosis gelernt. Death hört man ebenfalls des öfteren heraus. Allgemein nervt aber das verzerrte, gutturale Grunzen. Das passt nicht zum ansonsten hohen Niveau von Cephalic Carnage. Dafür ist das Cover-Artwork recht gelungen und fängt die musikalisch Stimmung bestens ein und kommt doch ohne Blut und Kadaver aus.

Als gelungen kann ist der vierte Longplayer von Cephalic Carnage trotzdem bezeichnen. Er spielt mit vielen Versatzstücken des Extreme Metals, bleibt aber nachvollziehbar und genießbar. „Anomalies“ ist anstrengend, im positiven Sinne.

Homepage von Cephalic Carnage