Schlagwort: Melodic Punk

Pears

Eigentlich ist Melodic Punk/Hardcore, wie ihn Bad Religion und NoFX seinerzeit geprägt und etabliert haben, eine olle Kamelle. Viele Bands hören sich inzwischen zum Verwechseln ähnlich an, verwenden dieselben Trademarks und die Platzhirsche kopieren sich selbst mit jedem neuen Album. Da ist eine Band, die mal etwas durchgeknallter ist, eine willkommene Abwechslung. Die wilden Punks Pears aus New Orleans, beweisen zum wiederholten Mal, dass die Stadt im Süden Amerikas mehr zu bieten hat als Sludge und dumme Rockstars, nämlich überschäumenden Punkrock an der Grenze zum Hardcore mit mitreißenden Melodien. Das simpel „Pears“ (Fat Wreck Chords) betitelte vierte Album des Punk-Quartetts macht großen Spaß, weil es vor Energie, Melodien, Humor, Zitaten und ungestüme Breaks nur so strotzt.

Aufmüpfig und ungeschliffen, wie Punk sein soll, kommt schon der Opener ,Killing Me‘ aus dem Lautsprecher gerotzt. Die Mischung aus Melancholie und Wut harmoniert bestens. Wild und im Uptempo geht es weiter bevor das erste große Zitat auf den Tisch geknallt wird. Auch wenn es kein Cover ist, den Pink Floyd Klassiker ,Comfortably Numb‘ hört man mehr als einmal heraus. Nur dass die Pears der allgegenwärtigen Apathie ins Gesicht spucken: ,Comfortably Dumb‘. Schon jetzt ein Klassiker im Repertoire der Band. Danach geht es dem ,Mambo No. 5‘ an der Kragen und ,Macarena‘ wird genüsslich in den Arsch getreten. Die perfekte Einladung zum Pogen. Auch die Foo Fighters werden musikalisch verhackstückt: schöne, langweilige, gesichtslose Chöre werden gnadenlos nieder gebrüllt. Alles mit grenzenlosen Spaß und maximaler Überzeugung vorgetragen.

Die Südstaatler lassen dermaßen die Funken sprühen, dass es eine wahre Freude ist. Der Sound ist auch eher rau und holprig als glatt und von der Stange wie der vieler Kollegen. So muss Punkrock sein – mal krachend, mal wütend, mal voller Weltschmerz, dann wieder frech und überdreht und immer mit einem zwinkernden Auge. Mit 14 Songs auf einem gleich hohen Niveau ist das Album auch gut gefüllt. Da trifft die klischeehafte Phrase „All killer, no filler“ wie die Faust aufs Auge. Bang! Pears hauen einen um! Und das macht einfach Spaß!

Der aktuelle Output der Pears ist Melodic Punk/Hardcore at it’s best. Da müssen sich die arrivierten Bands des Genres mal locker hinten anstellen und beweisen, dass ihnen mal wieder nichts einfällt. Pears liefern auf jeden Fall den Soundtrack für viele herrlich bunte und wunderschön schmerzhafte Blutergüsse auf ihren Konzerten.

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20/20 Vision

Keine Mainstream-Punk-Band kämpft so unnachgiebig und aufopferungsvoll gegen die Missstände der aktuellen gesellschaftlichen Situation wie Anti-Flag. Seit 1988 und auf zwölf Alben halten sie der Unmenschlichkeit die Flagge der Menschlichkeit entgegen. In ihren Anfangstagen war ihr wilder und doch melodisch-hymnischer Punkrock der Gegenpol zum teilweise infantilen Fun-Punk von NoFX. Inzwischen ist ihr Output gediegener und oft auch so poppig, dass Blink-182 als Hardcore-Punks dastehen. Die Texte Anti-Flags in Verbindung mit der musikalischen Ausrichtung haben aber immer noch die unaufdringliche Nähe zu den Punk-Vätern von The Clash.

Auch auf „20/20 Vision“ (Spinefarm Records/Universal Music) bieten Anti-Flag eine ausgeglichene Mischung aus Punkrock-, Pop- und Alternative-Songs feil. Wer auf die frühen Tage der Punks aus Pittsburgh steht, wird mit Adrenalin pumpenden Songs wie ,It Went Off Like A Bomb‘ und dem rasenden Kracher ,A Nation Sleeps‘ zufriedengestellt. Für diejenigen, die den Pop-Punk der vorangegangenen drei Alben präferieren, sind ,Hate Conquers All‘ und die erste Single ,Christian Nationalist‘ erste Wahl. Die Alternative-Rocker werden sich beim Titeltrack und der Akustik-Nummer ,Un-American‘ ganz zu Hause fühlen.

Alle relevanten Rezipienten bekommen die Message der Band im auf sie zugeschnittenen Format serviert. Das ist auch das Problem von „20/20 Vision“. Dadurch herrscht oftmals Leerlauf, Pausen oder sogar Langweile entstehen. Auch dass die hymnischen Midtempo-Songs nahezu gänzlich nach dem gleichen, zuckersüßen Pop-Muster gestrickt sind, sorgt nicht gerade für prickelnde Aufregung. Gänsehautnummern wie zum Beispiel ,Post-War Breakout‘ („The Terror State“, 2003) oder ,Watch Your Right‘ („Underground Network“, 2001) fehlen gänzlich. Die Ecken und Kanten sind inzwischen nahezu komplett abgeschliffen, zu oft hängen Billy Talent oder Blink-182 über den elf Liedern. Nur inhaltlich sind Anti-Flag noch relevant, sodass sie immer noch in der Lage sind, der Generation der Digital Natives eine Vorstellung davon zu geben, dass Punk mal etwas mit Widerstand, Aktionismus, Individualismus, Respekt, Toleranz, freier Meinungsäußerung und Kunst zu tun hatte und erst in zweiter Reihe mit Spaß und Party.

Insofern ist es gut zu wissen, dass sich Anti-Flag weiterhin an den politischen Umständen der Gegenwart mit vollem Einsatz und tiefer Überzeugung abarbeiten, wie hierzulande die Oldies von Slime. „20/20 Vision“ ist also kein sehr gutes oder gar großartiges Album, aber gut und auf jeden Fall integer.

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ANTI-FLAG – Erster Song vom neuen Album

Anti-Flag promo-pic

Wie bereits vor ein paar Tagen erwähnt, die Pittsburgher Polit-Punks Anti-Flag beenden derzeit die Arbeit an ihrem neuem Album. Damit der Appetit noch größer wird, präsentieren Anti-Flag mit „Christian Nationalist“ ein erstes Lyric-Video. Natürlich hat der Song eine aktuelle Message, die Justin Sane wie folgt erklärt: “History is full of wealthy and powerful people using…

ANTI-FLAG – Album fast fertig, auf Tour im Januar 2020

Anti-Flag promo-pic

Die Polit-Punks von Anti-Flag stehen kurz davor, ihr elftes Studioalbum fertig zu stellen. Nähere Details sind nicht bekannt, außer dass die Punks aus Pittsburgh zu Beginn des Jahres auf ausgedehnte Europa-Tour gehen werden. Die für euch relevanten Termine haben wir nachstehend aufgeführt, damit ihr das erste Tour-Highlight in 2020 nicht verpasst. Anti-Flag auf Tour 2020…

Descendents – Comeback Kids

Die legendäre Punkrock-Band aus Kalifornien ist wieder am Start! Ende Juli veröffentlichten die Descendents nach zwölfjähriger Abstinenz eine neue Platte. Während sie durch Europa tourten, nahm sich Sänger Milo die Zeit, uns ein paar Fragen zu beantworten.

Hypercaffium Spazzinate

2016 scheint das Jahr der Rückkehr der Punk-Rock-Legenden zu sein. Anfang Juli hatten die Adolescents bereits ihr neues Album ‚Manifest Density‘ veröffentlicht und nun folgt mit den Descendents eine weitere große Punk-Band der Achtziger, die es noch einmal wissen wollen. Der Titel des neuen Machwerks, dass zwölf Jahre nach ‚Cool To Be You‘ erscheint, ist allerdings geradezu prädestiniert für eine falsche Aussprache: Hypercaffein…, Hypercoffin…, Hypercalcium…, ‚Hypercaffium Spazzinate‘. Wer ist bloß auf diese Idee gekommen?

Trotz des etwas eigenwilligen Namens, bleiben sich die Descendents inhaltlich treu und liefern geradlinigen Punkrock der alten Schule, der dort anfängt, wo der Vorgänger von 2004 aufhörte. Auch das Cover-Design sorgt mit der guten alten Milo-Karikatur für Wiedererkennungswert. Wie bei vielen Bands, die sich immer wieder auf eine einmal erfolgreich angewandte Formel zurückbesinnen, wie beispielswiese Bad Religion oder Sick Of It All, reicht das Spektrum auf ‚Hypercaffium Spazzinate‘ von Evergreen bis Durchschnittskost. Einige Songs bleiben auf ewig im Ohr hängen, bei anderen wiederum weiß man auch nach dem fünfzigsten Mal hören nicht wie der Titel lautet. Auch wenn es jetzt so klingen mag, die neue LP ist in keinster Weise ein Reinfall!

Dafür sorgen alleine schon Lieder wie ‚Victim Of Me‘, das man bereits vorab probehören konnte und das geradezu als Musterbeispiel für einen perfekten Punkrock-Song herhalten kann. Schnell, eingängig, auf den Punkt und mit einer klaren Message: überwinde dich selbst, um frei zu sein. Ohne Weiteres der beste Song auf ‚Hypercaffium Spazzinate‘. Und geht es nur mir so oder klingt Milo Aukerman hier verdächtig nach Greg Graffin!? Dann wiederum gibt es Lieder wie ‚Human Being‘ oder ‚We Got Defeat‘, die einfach nur ‚okay‘ sind. Im positiven wie im negativen. Aber bei insgesamt sechzehn Tracks kann halt nicht jeder Song ein Hit sein. Dafür gibt es allerdings auch keinerlei Totalausfälle.

Über jeden Zweifel erhaben und geradezu unnahbar wirken hingegen Karl Alvarez‘ Bass-Lines. Bei einem Musikstil mit relativ einfachen Strukturen wie Punk, bereichern schon kleinste Nuancen den Gesamteindruck ungemein und wahrlich, Nuancen liefert Alvarez hier ohne Ende. Alleine in dem kurzen Intro von ‚Fighting Myself‘ stecken mehr Noten und Abwechslung als in so manchem kompletten Album. Hands down, der Mann ist ein Virtuose am Viersaiter!

Thematisch folgt das Album keiner klaren Linie, sondern thematisiert breitgefächert gesellschaftliche Probleme oder persönliche Gefühlslagen. Wasser predigende und Wein trinkende Geistliche (‚Shameless Halo‘), krank machende Fast-Food-Kultur (‚No Fat Burger‘), Pessimismus (‚Smile‘), die Schattenseiten der Menschheit (‚Human Being‘)…

Nach zwölf Jahren kreativer Pause zeigen die die Descendents, dass sie auch nach fast 30 Jahren ihres Bestehens nichts von ihrem Biss eingebüßt haben. ‚Hypercaffium Spazzinate‘ ist etwas weniger aggressiv als das Mit-Neunziger ‚Everything Sucks‘ und von der Akustik und dem Tempo her in etwa auf dem Niveau von ‚Cool To Be You‘. Nicht jeder Titel ist ein Ohrwurm, dafür aber jeder zweite, wobei auch die anderen Tracks durchgängig unterhalten. Wer auch nur ein bisschen Interesse an althergebrachtem Punkrock hat, wird an der Platte mit dem komischen Namen gewiss Gefallen finden. Descendents-Fans sowieso. Und Bassisten. Und eigentlich überhaupt jeder, der keine Abneigung gegen gute Musik hat.

American Spring

Seit über zwanzig Jahren heben Anti-Flag nun schon mahnend den verbalen Zeigefinger, ob der Misstände und politischen Fehlentwicklungen in der Welt. Auch ihr neuntes Studioalbum ‚American Spring‘ macht dahingehend keine Ausnahme und bietet den von der Band gewohnten schnellen Punkrock mit politischen Texten. Bereits die letzten Veröffentlichungen setzten sich durch poppigen Sound und klaren Gesang vom rotzigeren Klang früherer Zeiten ab. ‚American Spring‘ legt an dieser Stelle noch ein wenig nach, verfällt dabei aber trotzdem nicht dem Mainstream (je nachdem, wie man diesen definiert), was vor allem an den brisanten Themen liegt, die auf der Scheibe besungen werden. Außer Kontrolle geratene Militärabenteuer, Kasinokapitalismus, soziale Ungleichheit. Bereits das Albumcover ist kontrovers. Auf der Vorderseite eine arabische Frau mit Hijab, der scheinbar eine Blüte aus dem Gesicht sprießt, die jedoch auch als Schusswunde interpretiert werden kann. Auf der Rückseite dasselbe Motiv mit einem amerikanischen GI. Bildgewaltig!

Mit vierzehn Tracks hat die Platte einen ordentlichen Umfang. Das Spektrum reicht trotzdem nur von Punkrock bis Punkrock. Keiner der Songs, deren Struktur sich überwiegend ähnelt, sticht in besonderem Maße heraus. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn ähnlich wie Bad Religion, Pennywise und NOFX, folgen Anti-Flag ihrer bewährten Rezeptur aus beflügelnden Melodien und einprägsamen Hook-Lines. Der Opener ‚Fabled World‘ gehört zu den poppigsten Songs des Albums und erinnert an Blink 182 und Sum 41. ‚The Great Divide‘ und ‚Brandenburg Gate‘ verströmen ein bisschen Green-Day-Flair (bei ersterem hört man regelrecht Billie Joe Armstrong singen) und ‚All The Poison, All The Pain‘ hat eindeutigen Brit-Rock-Charakter. Ansonsten klingen Anti-Flag wie man es von ihnen gewohnt ist. Die Scheibe nimmt einen von Anfang an mit und unterhält konsequent bis zum Schluss. Langeweile kommt dabei nicht auf.

Was auf der einen Seite für das Album spricht, lässt sich ihm auf der anderen Seite aber auch vorhalten. Wer schon einmal ein Anti-Flag-Album gehört hat, wird auf ‚American Spring‘ nichts neues entdecken. Die Lieder sind durchweg gelungen, bleiben aber nur so lange im Gehörgang, bis das nächste Album erscheint. Trotz der berechtigt hervorgebrachten Kritik an der gegenwärtigen Politik, wird man doch das Gefühl nicht los, das alles schon einmal gehört zu haben. Höchstwahrscheinlich sogar auf der letzten Anti-Flag-Platte. Kurzum: eine durchaus gelungene Scheibe mit einigen Ohrwürmern, von der auf lange Sicht aber höchstens das Cover in Erinnerung bleiben wird. Zu sehr ähneln sich die Songs, zu sehr gleicht alles bereits bekanntem Material. Anti-Flag-Fans wird es nicht weiter stören. Wer schnellen, melodiösen Punk mag und sich mit den Popeinflüssen anfreunden kann, darf bedenkenlos zugreifen.

LAGWAGON – Neues Album kommt am 31.10.2014

Die Punkrocker von Lagwagon hauen am 31.10.2014 mit „Hang“ nach neun Jahren mal wieder ein neues Album raus. Die lange Pause seit dem letzten Album „Resolve“ (2005) erklärt sich aus dem derben Tourplan der Band und den unzähligen Nebenprojekten von Sänger Joey Cape (Solo-Platten, Bad Astronaut, Scorpios, Bad Loud und Me First And The Gimme…

Complete Control Session

Bei dieser Veröffentlichung aus der „Complete Control“-Serie (SideOneDummy) treffen die Geschichten von zwei Punk-Bands zusammen, die die glorreichen Anfangstage der Bewegung und das Erbe dieser Tage miteinander verbindet. Unbestritten sind The Clash einer der einflussreichsten Bands der Musikgeschichte. Sie verbanden Musik mit politischen Aussagen in einem globalen Kontext ohne Grenzen und ohne Plattitüden. Dabei bestand Punkrock nicht unbedingt aus dreckigem Gitarrenrock, sondern durfte Pop, Reggae und Folk für seine Zwecke benutzen. Und inhaltlich gab es für die Londoner mehr als die nächste Straßenschlacht auf heimischen Terrain. 
 
Anti-Flag machen zwar klassischen Melodic-Punk. Sie haben aber schon seit jeher eine politische Agenda. Und sie erreichen die Kiddie-Punks genauso wie die „alten“ Punks. Somit schlagen sie mit ihrer „Complete Control Session“ die Brücke zwischen den guten alten The Clash und moderner Punk-Kommunikation, indem sie Klassiker wie „White Riot“, „Guns of Brixton/I Fought the Law“ und gleich zwei mal „Should I Stay or Should I Go“ intonieren und diesen drei ihrer Hits mutig gegenüberstellen. „Turncoat“, „This Is the End“ und „The Economy Is Suffering“ fallen gegenüber den Klassikern zwar ab, aber Anti-Flag können erhobenen Hauptes ihre Session schließen. 
 
Mit diesen Songs haben Anti-Flag die bisher beste „Complete Control Session“ abgeliefert. The Bouncing Souls waren gut, die alten HarDCore-Recken Scream konnten überraschen und Anti-Flag verbeugen sich tief vor ihren Wurzeln. Da es diese Serie als Vinyl-10-Inch bzw. nur noch als Download gibt, nicht aber auf CD und dazu noch schön aufgemacht ist, zeigt SideOneDummy, dass es mehr bedarf ,als nur ein liebloses Jewel-case ins Verkaufsregal zu stellen. Musik verkauft sich mit Liebe zum Detail und vor allem zur Musik. Musik ist kein Produkt. Schöne Idee diese Serie!

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