Schlagwort: Ambient

GAVIAL – Vor

Gavial legen mit „Vor“ (Exile On Mainstream) ihr viertes Album vor, und doch irgendwie auch ihr Debüt. Moment mal, was soll das heißen? Der Fan von psychedelischem Art- und Desertrock, bluesigem Rock und dunklen Soundsphären kennt die vor knapp 15 Jahren gegründete Band unter ihrem bisherigen Namen „Tourette Boys“, zuletzt aktiv mit ihrem Album „Zorn“.…

BRUIT ≤: Musik ist für alle da – ,The Boycott Manifesto‘

Kommen wir nun zu etwas … anderem! Einem Manifest gegen die Musikindustrie. Die französischen Ambient Post Rocker Bruit ≤ haben das Bedürfnis, ihre Gedanken zum Thema „Music is for you and me, not the fucking industry“ zu teilen. Hört gut hin! Sucht selbstständig nach Musik! Lasst sie euch nicht vorschreiben! Lyrics zu ,Parasite (The Boycott…

ABSENT IN BODY – Umtriebige Musiker gedenken ,The Acres/The Ache‘

Um den Pandemie bedingten Lagerkoller zu entgehen, lassen viele Musiker ihren kreativen Ideen freien Lauf und bilden überraschende Allianzen. So auch in Fall Absent In Body. Hier haben Scott Kelly (Neurosis), Mathieu Vandekerckhove (Syndrome/Amenra), Colin H Van Eeckhout (Amenra/CHVE) und Iggor Cavalera (Ex-Sepultura/Cavalera Conspiracy) ihre Köpfe zusammengesteckt. Wer richtig rechnen kann, dem ist klar, dass…

GÖDEN – Die acht Manifestationen von Göden

Göden Image

Wer es mit einer lupenreine Bestnote zum „Album des Monats“ schafft und dabei sogar die Gothic-Heroen Paradise Lost aussticht, der muss ein ganz besonderes Stück Musik abgeliefert haben. Mehr als 30 Jahre nach der Auflösung der Untergrund-Kultband Winter macht sich Stephen Flam daran, nicht etwa das dunkle Erbe zu entehren, sondern es auf mit Göden…

From Voodoo To Zen

Die polnischen Post-Rocker Tides From Nebula melden sich mit ihrem fünften Studioalbum zurück. „From Voodoo To Zen“ (Long Branch Records/SPV) fügt ein neues Highlight zum Output dieser außergewöhnlichen Band hinzu. Dabei geht es auch weiterhin rein instrumental zu, wenn uns Gitarrist Adam Waleszynski und seine Kollegen mit insgesamt sieben Tracks auf besagte Reise vom Voodoo zum Zen mitnehmen, die sich musikalisch im geschickt ausgeloteten Fahrwasser zwischen Progressive- und Post-Rock bewegt.

Das Quartett aus Warschau setzt dabei die Entwicklung der letzten Alben konsequent fort. Breite Soundwände werden durch druckvolle Gitarren und tragende Keyboard-Flächen aufgebaut, hin und wieder dominieren die knackigen Riffs wie in ‚Ghost Horses‘, dann wird es wieder getragener und sphärisch, so zum Beispiel im weiteren Highlight ‚The New Delta‘, das Assoziationen an die Landsleute von Riverside erweckt. Gitarrenwände, elektronische Ambient-Klänge, düster wallende Soundwände – die typischen Post-Rock-Zutaten werden gekonnt miteinander verschmiedet und bilden ein stimmiges Ganzes, das am Stück und in Ruhe genossen werden will. Dabei drängen die Elektroparts teilweise die Gitarren etwas zu sehr in den Hintergrund- zumindest für den eher saitenorientierten Rockfan.

Mit diesem Trip zeigen Tides From Nebula, dass wirklich starke Genrebands aus Polen kommen und sich weltweit messen lassen können. Fans der deutschen Kollegen von Long Distance Calling, mit denen man Tides From Nebula zweifelsohne vergleichen muss und darf, dürften sich hier ebenfalls ausgesprochen heimisch fühlen. Gefühlt geht es bei den Polen sogar noch etwas abwechslungsreicher, melodischer und filigraner zu, auch bedingt durch die elektronischen Parts und Keyboard-Soli, die bei den Münsteraner Kollegen natürlich komplett fehlen. Der Weg vom Voodoo zum Zen ist steinig, wild verschlungen und erklimmt ungeahnte Höhen mit einer ganz hervorragenden Aussicht.

 

Tides From Nebula bei Bandcamp

Tides From Nebula – Offizielle Facebookseite

Long Branch Records

Essential Albums Collection Vol. 1

Ein ziemlich knorkes Teil für Vinylsammler ist „The Essential Album Collection, Vol. 1“, eine Sammlung klassischer Alben der deutschen Experimental-Band Popol Vuh. Auf sechs LPs finden sich fünf Studioalben der Band, die allerdings nicht chronologisch aufeinander folgen: „Affenstunde“ ist das Debüt von 1970, „Hosianna Mantra“ (1972) das dritte und „Einsjäger und Siebenjäger“ (1974) das fünfte Studioalbum der Band. Dazu gibt’s die Soundtracks zu den Werner-Herzog-Filmen „Aguirre“ (1975) und „Nosferatu“ (1979), letzteres in seiner vollständigen Fassung und konsequenterweise verteilt auf zwei LPs.

Nun muss man sich nicht wundern, wenn man von Popol Vuh bislang nur den Namen kennt. Der wird nämlich gerne von Künstlern wie Steven Wilson, Mikael Akerfeldt oder Mike Oldfield beschwärmt. Akerfeldt nutzt beispielsweise Through Pain To Heaven‘ vom „Nosferatu“-Soundtrack seit jeher als Intromusik für Opeth-Konzerte, und Oldfield hat immer freimütig zugegeben, dass die Band um Florian Fricke einen großen Einfluss auf seine Frühwerke ausgeübt und ihre Musik ihn darin bestärkt hat, sich von den Pop-/Rock-Konventionen zu lösen. Schön, aber wie klingen Popol Vuh denn nun?

„Meditativ“, „hypnotisch“, „spirituell“ – das sind die Worte, die meist zum Thema fallen. Nun, das mag sein, aber rein musikalisch gesehen können diese Aussagen alles Mögliche bedeuten. Also fangen wir doch einfach bei den in der Box enthaltenen Scheiben an. Das erste Album „Affenstunde“ wurde von Fricke größtenteils mit dem Moog-Synthesizer eingespielt. Die entspannten Synthie-Klangflächen erinnern ganz klar an die „Zeit“-Phase von Tangerine Dream – auch hier gibt es nur Atmosphäre, aber keine wirklichen melodischen oder rhythmischen Strukturen, die an konventionellen Pop oder Rock erinnern, dafür tauchen ein paar ebenfalls eher offen strukturierteWorld-Music-Percussions auf. Kurz gesagt, „Affenstunde“ enthält über weite Strecken das, was in den Achtzigern als „Ambient“ bekannt wurde, gemischt mit dem, was Hipster seit ein paar Jahren unter dem Namen „Drone“ als neu verkaufen. Somit sollte klar sein, dass das Album etwas für den „besonderen Geschmack“ ist. Hört man darauf das nur zwei Jahre später entstandene Drittwerk „Hosianna Mantra“, kann man kaum glauben, dass es sich dabei um die gleiche Band handelt: statt kosmischer Klangebenen gibt es nun Akustik- und E-Gitarren sowie Folk- und Progressive-Rock-Einflüsse. Der Synthesizer ist zwar immer noch stilprägend, passt sich aber in das organische Klangbild ein. Speziell Conny Veits Gitarren verraten, warum Mike Oldfield Popol Vuh als Inspiration nennt: bei vielen „Songs“ fällt es schwer, nicht an „Hergest Ridge“ und „Ommadawn“ zu denken. Auch das Format, auf einer Albumseite eine lange, ausufernde Komposition und auf der anderen kürzere, prägnantere Stücke zu präsentieren, hat Oldfield mit Sicherheit Dank der Mitwirkung der koreanischen Sopranistin Djong Yun gibt es auch erstmals Gesang auf einem Popol Vuh-Album zu hören, wenn auch freilich weiterhin nicht im traditionellen Pop-Sinn. Djong Yun war auch zum fünften Album „Einsjäger und Siebenjäger“ noch mit an Bord, Conny Veith wurde hingegen von Daniel Fichelscher ersetzt. Der hatte zuvor bereits geholfen, Amon Düül II in eine melodischere und songorientiertere Richtung zu lenken und sollte bis Anfang der 1990er Jahre als einziges permanentes Mitglied an Frickes Seite bleiben. Mit seinen vom Rock, Klassik und (damals) modernem Jazz beeinflussten Harmonien prägte er den „typischen“ Popol Vuh-Sound in den Folgejahren fast genauso stark wie der Bandboss. Auch dieses Album dürfte speziell Oldfield-Fans gut beigehen, Popol Vuh zeigten sich im Vergleich zu den Frühwerken deutlich melodischer und zugänglicher.

Die Alben „Aguirre“ und vor allem „Nosferatu“ gehören zu den bekanntesten Werken der Band. „Aguirre“ erschein erst 1975, drei Jahre nach dem Film, enthielt aber auch eigentlich nur zwei der für den Film komponierten Stücke (‚Aguirre I‘ und ‚Aguirre II‘). Der Rest war in den Jahren 1972 bis 1974 entstanden und hatte auf den bisherigen Alben keinen Platz mehr gefunden, ‚Morgengruss II‘ und ‚Agnus Dei‘ waren in anderen Takes bereits auf „Einsjäger und Siebenjäger“ enthalten. Deshalb zeigt sich das Album auch stilistisch etwas uneinheitlich. Genau deshalb kann „Aguirre“ aber auch als guter Einstieg ins Universum der Band dienen. „Nosferatu“ enthält in dieser Version das komplette für den Film verwendete Material, das ursprünglich auf die Alben „Brüder des Schattens – Söhne des Lichts“ und eben „Nosferatu“ verwendet wurde. Der Titelsong von „Brüder des Schattens“ wurde allerdings auf einen knapp sechsminütigen Auszug komprimiert. Das „Nosferatu“-Album zeigt sich phasenweise dem Thema des Filmes entsprechend als ungewohnt düster und bisweilen reichlich bedrohlich, aber immer im Wechsel mit den typisch positiven Popol Vuh-Harmonien. Kein Wunder, dass Akerfeldt hiervon so begeistert war, eine ähnliche Stimmung findet sich auch auf „Storm Corrosion“ und „Heritage“.

Als Musikfan hat man also die Auswahl zwischen der Vinyl-Box oder den Einzel-CDs. Alle Formate enthalten Bonus-Tracks und Liner Notes – etwas enttäuschend nur, dass die Liner-Notes bei allen CDs identisch sind, genauere Infos zu Besetzung oder Entstehung der Alben gibt’s also nicht. Dafür eine Kurzbiografie und Würdigungen der Band von Kollegen. Egal in welchem Format – für aufgeschlossene Prog-Fans und Freunde unkommerzieller Musik sind Popol Vuh in jedem Fall eine Entdeckung wert.