Schlagwort: Weltmusik

Soundless Voice

„Soundless Voice“ (Triptonus Records / Noisolution)  der österreichischen Formation Triptonus segelt unter falscher Flagge – wäre für die rein instrumentale Mischung aus Pychedelic Rock, Metal, Jazz und Weltmusik doch eigentlich eher die Bezeichnung „Voiceless Sound“ angebracht. Aber sei’s drum, der Bandname ist durchaus passend. Einen Tritonus wird hoffentlich niemand nach dem Genuß der Musik bekommen, aber auf einen Trip nehmen uns die sechs Musiker/innen auf jeden Fall mit.

Das Werk wurde bereits im Jahre 2019 aufgenommen, aber ein paar Probleme und die fehlende Aussicht auf Livegigs haben die Veröffentlichung bis heute verzögern. Jetzt ist es zum Glück endlich soweit, denn schon der erste Track ‚Ikaros‘ entführt in wohlige Gefilde, wo groovende Rockgitarren, ausgefeilte Rhythmen und verschachtelte Songstrukturen aufeinander treffen und den Hörer zu einer faszinierenden, fast schon progressiven Reise einladen. Dabei überraschen die Arrangements und beweisen den Mut zu Außergewöhnlichem und die oben erwähnte Nähe zu Weltmusik und Folk. Mal sind es das Hackbrett, dann die Djembe Trommel, dezente, experimentelle Streicher oder ein Didgeridoo, die stets interessante Akzente setzen und der Musik trotz fehlendem Gesang zu spannenden Aussagen verhelfen. Oft geht es ziemlich progressiv zu, und mehr als einmal fühlt man sich an die Post-Rock-Frickeleien von Bands wie Long Distance Calling erinnert. Orientaler Flair wie im Track ‚B’har‘ verschmilzt mit präzisen Gitarrenwänden, treibend, massiv und doch brüchig. Erst ganz am Ende geht dem Album ein klein wenig die Puste aus, aber das spielt nach acht episch-vertrakten Meisterwerken eigentlich kaum noch eine Rolle.

Triptonus begeben sich mit „Soundless Voice“ wahrlich auf einen Trip, der absolut wiederholt werden muss. Also den Repeatknopf gedrückt und ab dafür! Nach diesem Album muss man die Österreicher definitiv auf dem Schirm haben.

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Yoga Symphony No. 1

Normalerweise geht es an dieser Stelle um Plattenkritiken. Das ist leidenschaftlich, höchst streitbar, völlig subjektiv, euphorisch und auf jeden Fall immer eines: voller Liebe zur Musik. Doch plötzlich wird diese Grundidee von einer Platte erschüttert, die so völlig anders ist als alles andere. Die „Yoga Symphony No. 1“ (L.O.V.E.) von LaBrassBanda. 60 Minuten Instrumentalklänge mit dem Ziel, größtmögliche Entspannung zu erlangen. Während sich zuerst noch ein irritiert-ablehnendes Gefühl einschleicht, siegt schließlich doch die Neugier. Wenn die aktuelle Lage nämlich für eines gut ist, dann doch sich auf Neues einzulassen und nicht nur an der Reduzierung auf Bekanntes festzuhalten.

Während man sonst von der Bläsertruppe eher wild-energetische Vollgas-Musik gewohnt ist, steigt die neue Platte mit „Breathe“ sanft und zurückhaltend ein. Umherwabernde Synthies, ein rauschendes, gestreicheltes Schlagzeug, das direkt an die Klänge in einem Yogastudio erinnert, und einsetzende Bläser. Selbst die Tuba, sonst eher für den pumpenden Beat verantwortlich, ist verhalten („Relax“). Zwischendurch verstecken sich hin und wieder die Themes von bekannten Stücken wie „El Paso“ oder „LaBa“, und trotzdem wirken sie in dem alternativen Arrangement neuartig und entfalten eine ganz andere Macht.

Die einzelnen Songs verbinden sich zu einem Gesamtwerk. Je weiter man sich einhört, desto mehr ist man – egal ob bislang erleuchteter Yogi oder nicht – auf eine völlig andere Art berührt. Das ist ziemlich unerwartet und besitzt eine ganz eigene Schönheit. Stefan Dettl‘s Lied „Berg“ – in der normalen Fassung schon mit Gänsehautgarantie ausgestattet – wirkt sogleich noch berührender.

Die „Yoga Symphony No. 1“ ist speziell und nichts, was in heavy Rotation läuft. Sie verlangt ein darauf Einlassen, belohnt dann aber mit völlig unerwarteten Momenten und einem Emotionsfeuerwerk, unabhängig davon, ob man Yoga praktiziert oder nicht. Eine Klangmassage für die Seele. Darüber hinaus liefert die Platte sogar ein Verständnis. Ein Verständnis dessen, was die Anhänger im Yoga wohl suchen.

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LABRASSBANDA – Meditation auf Bayrisch

Die konzertarme Zeit fördert ja so manches Talent zu Tage. Da bilden auch Musiker keine Ausnahme. Warum sich aber ausgerechnet das jüngst wieder zum Trend avancierte Yoga gar nicht so schlecht eignet, um der eigenen Konzertvermissung ein Schnippchen zu schlagen – darüber haben wir uns mit LaBrassBanda-Kopf Stefan Dettl unterhalten. Ein ruhiges Album für Yogis…

LABRASSBANDA – Veröffentlichen „Yoga Symphony No. 1“

Bislang konnten es vor allem Kühe bezeugen: LaBrassBanda können auch langsam. Für ihr legendäres, in einem Stall aufgenommenen Album „Kiah Royal“ von 2014, lieferte ein besonders kontemplatives und gelegentlich wiederkäuendes Publikum die nötige Entspannung. Die nahe liegende Konsequenz der Band: Ein Album für Yogis. Ab dem 30.04. steht „Yoga Symphony No. 1“ auf allen gängigen…

Le Fantastique Envol de Dieter Böhm

Auf einer einsamen Insel sitzt kein Robinson, sondern ein Musiker, der eine einzelne Note spielt, aus der eine Melodie wird, die sich zu einem ganzen Lied entwickelt. Diese Melodie übergibt er den Wellen, und sie wird von ihnen von Küste zu Küste getragen. So beschreibt die französische Band Lazuli ihr neuntes Studioalbum mit dem ungewöhnlichen Titel „Le Fantastique Envol de Dieter Böhm“ (Eigenproduktion / L’Abeille rôde), eine „versteckte Allegorie an alle Fans“, wie es im Pressetext heißt.

Das Album erzählt die metaphorische Geschichte einer Band und ihrer Zuhörer. „Der fantastische (Ab)Flug des Dieter Böhm“ heißt der Titel übersetzt, und schon das Cover macht deutlich, dass es in der Tat fantastisch und außergewöhnlich zugeht, denn Dieter Böhm reitet auf einem Vogel. In vier Akten, einem Prolog und einem Nachwort wird mit neun Tracks die Geschichte dieses Fluges erzählt. Die Titel sind für Prog-Verhältnisse also alle relativ kurz und bringen es insgesamt auf eine knappe Dreiviertelstunde Laufzeit. Schon im zweiten Song merken auch Lazuli-Neulinge, dass hier etwas ganz Besonderes geschieht. Nach dem Intro mit elektronischen Beats wird eine ruhige Atmosphäre aufgebaut, die sich in der zweiten Hälfte des Tracks in einem musikalischen Höhepunkt entlädt, der nur als ganz großes Ohrenkino bezeichnet werden kann.

Die bereits 1998 gegründete Band um das Brüderduo Dominique und Claude Leonetti lässt sich schwer in ein musikalisches Genre einordnen. Progressive Rock wird mit Folk, Ethno, Chanson und Weltmusik vermischt, Gitarre und Keyboards treffen auf Horn und Marimba, wobei die letzten beiden Instrumente auf dem neuen Album leider kaum noch zu hören sind. Über allem schwebt der einzigartige Klang der optisch ein wenig an einen Chapman-Stick erinnernden Léode, dem von Claude Leonetti erfundenen Instrument, dessen Sound irgendwo und vollkommen einzigartig zwischen Geige, Gitarre und Synthesizer verschwimmt. Ebenso außergewöhnlich und prägnant ist auch der in französischer Sprache vorgetragene, extrem hohe Gesang Dominique Leonettis. Dies alles verleiht den Songs einen ganz eigenen Charakter und macht Lazuli tatsächlich zu einer sehr eigenständig klingenden Band.

Technisch liefern Lazuli erwartungsgemäß eine erstklassige, detaillierte und bei Bedarf auch druckvolle Produktion ab, die sich nahtlos in die Reihe ihres herausragenden musikalischen Œuvres einfügt. Abgerundet wird das Album durch ein umfangreiches 60-seitiges Booklet mit Texten, Zeichnungen und Hintergrundinformationen zur Geschichte des Dieter Böhm. Diese Geschichte ist definitiv eines der besten Prog-Alben des jungen Jahres. Wir verneigen uns vor Lazuli.

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LAZULI – Tour mit neuem Album

Die französische Band Lazuli ist in der Prog-Szene schon lange kein Geheimtipp mehr. Inzwischen vier umjubelte Auftritte auf dem weltweit bekannten Night Of The Prog Festival am Mittelrhein und unzählige Clubauftritte haben dem Quintett eine große, treue Fangemeinde auf der ganzen Welt beschert. Lazuli wurden bereits 1998 gegründet und bewegen sich stilistisch irgendwo zwischen Rock,…

MONOBO SON – Neues Video

Die im Frühjahr absolvierte Tour per Anhalter war für Monobo Son so eindrucksvoll, dass es zum Titeltrack „Wienerin“ ihrer aktuellen Platte „Scheene Wienerin“ (VÖ 26.04.19, Zoundr) nun ein Roadmovie gibt. Darin wurde von Regisseur Felix Pitscheneder festgehalten, was der Band beim Trampen ohne eigenes Tourmobil nach Wien so passiert ist. Die Locations konnten gar nicht…

THE HU – In jedem steckt ein Krieger!

Die Mongolei – weite Wüsten und Steppen. Das Land in Zentralasien hat die niedrigste Bevölkerungsdichte weltweit. Dafür ist es bekannt, und für Dschingis Khan und seine Reiterhorden, die im MIttelalter Eroberungszüge bis nach Europa durchführten. 2018 startete eine vierköpfe „Mongolenhorde“ eine ganz andere Eroberung. The Hu sind die Erfinder des „Hunnu-Rock“, der Verbindung von mongolischer…

The Gereg

Trommeln und Kehlkopfgesang, die die Weite der mongolischen Steppe vor dem inneren Auge entstehen lassen – so beginnt das endlich erschienene Debütalbum „The Gereg“ (Seven Eleven Music Group) von The Hu aus der Mongolei. Die vier Jungs aus der Hauptstadt des am dünnsten besiedelten Landes der Welt verknüpfen Folklore-Instrumente ihrer Heimat mit modernen Rockmusik-Instrumenten. Kennengelernt haben sich die Hauptmusiker während des Studiums am staatlichen Musikkonservatorium der Mongolei. Die Musik ist entsprechend der Herkunft der Herren exotisch, sehr rhythmuslastig und hat sich bereits vor Veröffentlichung des Albums im Internet zu einem absoluten viralen Hit hochgeschaukelt. Die drei Songs „Wolf Totem“, „Yuve Yuve Yu“ und „The Great Chinggis Khan“ hatten mit den potenten Videos und insgesamt über 40 Millionen Aufrufen zum Internet-Erfolg beigetragen. Im Frühsommer hatten die Jungs auch live ihre Qualitäten unter Beweis gestellt (wir berichteten).

Besonders prägnant ist bei The Hu neben der Pferdekopfgeige der Kehlkopfgesang, der der Musik einen düsteren Touch gibt, der sehr gut zum Rocksound passt. Besonders der Premieren-Song „Wolf Totem“ hat mit seinen an die Isländischen Fußball-Nationalmannschaft erinnernden „Hu!“-Rufen das Zeug zur ewigen Live-Hymne, „Yuve Yuve“ dagegen hat das größte „Metal-Feeling“ von allen Songs zu bieten. Auch die anderen Lieder lassen durchaus Variationen erkennen.

„The Legend of Mother Swan“ ist eine Ballade mit treibendem Beat, die den Soundtrack des Kung-Fu-Klassikers „Tiger & Dragon“ in Erinnerung rufen. Ähnlich gelagert ist „The Same“ mit seinem tranceartigen Mönchsgesang. Überhaupt wirken die Songs irgendwie „spirituell“ – kommt wohl vom mehrstimmigen Kehlkopfgesang. „Shoog Shoog“ kombiniert den melodischen Hardrock mit seinem Groove besonders stimmig – der Song geht nicht nur in den Nacken, sondern auch in die Füße. Mit dem träumerisch-meditativen und über sieben Minuten langen „The Song of Women“ geht das ungewöhnliche Album sehr stimmig zu Ende.

Die Live-Premiere in Europa und den USA war sehr erfolgreich, die nächste Europa-Tour im Januar und Februar 2020 ist bereits angekündigt. Inzwischen ist „The Gereg“ auch in den Charts angekommen. Vor allem in Europa erreichte das Debütalbum Platzierungen in den Top 30 (D #24, AT #25, CH #14 und UK #21). Glückwunsch!

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Eleven Seven Music Group (Label)