Schlagwort: Heavy Fuzz

Hypercarnivore

Stoner- und Alternative-Rock mit Heavy-Fuzz-Attitüde gibt es einigen da draußen, aber nur wenige Beispiele mit einer einprägsamen Frontfrau am Ruder. Das norwegische Quartett Waste A Saint zeigt mit „Hypercarnivore“ (All Good Clean), wie man so etwas richtig macht und bläst damit mal eben locker ein unglaublich elektrisierendes Album aus den Boxen. Gitarre, Bass, Schlagzeug gepaart…

Earthbound

Es ist das vierte Studioalbum innerhalb von vier Jahren Bandgeschichte. „Earthbound“ (Jansen Records) heißt der neue Output des norwegischen Trios Kanaan, das für alle Stoner- und Jazzheads mit unterschwelligem Hang zum psychedelischen Freejazz oder Fuzzgefrickel interessant sein dürfte. Die drei Musiker aus Oslo zaubern ganz klassisch mit Gitarre, Bass und Schlagzeug ein rein instrumentales Album aus dem Ärmel, das geschickt musikalisches Know-How und Spielfreudigkeit mit schwerem, teils improvisiert wirkenden Rock kombiniert. Gewichtige Bassläufe im Motorpsycho-Stil, wabernde, spacige Sounds im Hawkwind-Gewand, stampfende Stoner-Attitüde und einige nette Gitarrensoli erfreuen das psychedelische Herz.

Man merkt, dass die drei Bandmitglieder viel Erfahrung haben. In Norwegen sind sie Mitglieder diverser anderer Bands wie Mall Girl, Juno und Vegard & Ivar. Auf „Earthbound“ entwickeln sie ihren aus den Vorgängeralben bekannten eher jazzigen Stil konsequent weiter und steigen hinab in tiefe und ziemlich heavy daherkommende Krautrock- und Stoner-Gefilde. Nach einem Prelude geht es mit dem knarzenden ‚Return To The Tundrasphere‘ gleich in die Vollen. Manchmal fragt man sich, ob die Wirkung der Musik mit Gesang und düster-aggressiven Vocals vielleicht noch besser gewesen wäre, aber sei’s drum, auch instrumental überzeugen die Skandinavier und beschwören eben auch ohne Text stimmungsvolle, durch die Wolken wälzende Bilder im Kopf herauf.

Das ruhige ‚Mirage‘ lässt den Hörer Zeit zum Durchatmen, der Longtrack ‚Mudbound‘ verliert sich manchmal ein wenig auf der holperigen Wegstrecke. ‚No Star Left Unturned‘ beendet das Album mit einer Wand aus Noise. Wahrlich, die Sterne werden auf dieser Platte umgedreht, herumgewirbelt und neu angeordnet. „Earthbound“ ist ein treibendes, hin und wieder etwas sperriges Album geworden, das ein paar Durchgänge im Player benötigt, um den Hörer ganz einzufangen, aber wer Kanaan diese Chance einräumt, findet das Gelobte Land des Stoner-Psych-Jazz-Rocks, in dem zwar keine Milch und Honig, aber Gitarren, Bässe und Drums fließen.

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Stress

Pumuckl sagt: „Was sich reimt, ist gut“. Mit seinem anarchischem Charme und dem roten Strubbelkopf könnte der Kobold beinahe als waschechter Punk durchgehen, und damit würde ihm vermutlich auch 24/7 Diva Heaven gefallen. Nicht nur, dass sich der Bandname reimt, wenn man ihn englisch ausspricht, sondern dazu legt das Damen-Trio aus Berlin mit seinem Longplayer-Debüt „Stress“ (Noisolution / Soulfood ) auch ein ziemlich cooles Punkrock-Album auf den Tisch.

Schon 2018 erschien die EP „Superslide“, mit der sich 24/7 Diva Heaven einen ersten Namen machen konnte. Seither wurde vor allen Dingen live gespielt als Support, 2019 auch mit Festivalauftritten und einer Tour mit den Schweizer Hathors. Die drei Damen sind nicht vom Grill, sondern sehen sich als Antreiber der Berliner Grrl-Noisy-Szene, verneigen sich vor ihren Vorbildern Bikini Kill, Babes in Toyland und Hole und setzen sich ein für Frauen in der Rock-Szene. Aber auch Männern dürfte „Stress“ gefallen. 

Grunge-Noise, Alternative, Heavy Fuzz und jede Menge Energie und dazugehöriger Rotz treffen bei 24/7 Diva Heaven auf bewegungsintensiven Bubblegum-Punk, der oft an die griechischen Barb Wire Dolls erinnert. Die Refrains sind zornig und sehr melodisch, so dass lautes Mitsingen nicht nur möglich ist, sondern geradezu zur Pflicht wird. Dabei stimmt die Mischung aus schön aggressiven Nummern wie ‚Death To‘ , eher lässigeren Stücken à la ‚Bitter Lollipop‘ und kantigen, aber ziemlich groovenden Songs wie ‚Topped With Cheese‘.  24/7 Diva Heaven mögen „Stress“ haben, der Hörer aber freut sich über ein gelungenes Album, und Pumuckl applaudiert.

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Oumuamua

Im Oktober 2017 wurde das erste als „interstellar“ klassifizierte Objekt „Oumuamua“ in unserem Sonnensystem entdeckt, das inzwischen als Komet eingestuft worden ist. Der zigarrenförmige Himmelskörper wurde anfangs hektisch sogar für ein außerirdisches Raumschiff gehalten.

Im August 2020 klassifizieren wir den vierten Longplayer „Oumuamua“ (Noisolution) des Dortmunder Trios Daily Thompson als beinahe außerirdisches Objekt, das mit psychedelischen Tönen und starken, genreübergreifenden Sounds nicht nur das Sonnensystem durchquert, sondern direkt bei uns landet. Alle Freunde des psychedelischen Space- und Noiserock, aber auch Fuzzer, Stoner, Desert Blueser und Hardrocker sollten sich wartend bereitstellen, wenn „Oumuamua“ mit einem Donnern niedergeht. Nach drei Alben sind Daily Thompson in der Stoner-Szene keine Unbekannten mehr und haben bereits viel Lob einstecken können. Warum das so ist, zeigen sie wieder eindrucksvoll mit der neuen Platte.

Dabei geht das nach dem britischen Zehnkämpfer Daily Thompson benannte Trio durchaus minimalistisch vor und überrascht gerade deswegen mit einem dichten Soundgewebe. Gitarrist Danny Zaremba und Bassistin Mercedes Lalakakis teilen sich die Vocals, was immer wieder für Abwechslung und Spannung sorgt. Dazu gibt es tighte Drums von Matthias Glass – fertig ist die elektrisierende, groovende Mischung, die manchmal an Kyuss oder Monster Magnet erinnert, aber unterm Strich doch einfach nur nach Daily Thompson klingt.  Fuzz, WahWah, Distortion ohne Ende, Soundwände, hin und wieder auch akustische Parts wie auf ‚Half Thompson‘ oder im letzten Track ‚River Of A Ghost‘ – großes Ohrenkino.

Die beiden Longtracks ‚She’s So Cold‘ und ‚Cosmic Cigar (Oumuamua)‘ bleiben trotz jeweils über zehn Minuten Spielzeit abwechslungsreich und nehmen den Hörer gefangen auf einer groovenden Reise ins tiefe Innere und in ferne Welten. Stampfende Beats bei ‚Sad Frank‘ und spacige Samples im Titeltrack und beim schon erwähnten ‚River Of A Ghost‘ setzen genau die richtigen Akzente in einem sehr starken Album, mit dem Daily Thompson weitere große Schritte nach vorne machen und sich etablieren als eine wichtige und nicht zu unterschätzende Band der Psychedelic- und Stoner-Szene.

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COOGANS BLUFF – Im Cadillac zu den Sternen

Coogans Bluff Oldenburg Konzert Live Musik Konzertfotografie 2020

Musik außerhalb jeder Genreschublade in der gemütlichen Atmosphäre eines ausverkauften Clubs. Tanzende Fans und jeden Mege gute Laune zu Saxophon- und Trompeten-Sounds und funkig-fuzzigen Gitarren. Klingt nach einem tollen Abend? War es auch. Wir haben die Details in unserem Konzertbericht zu Coogans Bluff. Bei der Vielzahl von Stilen, welche Coogans Bluff bedienen, müsste das Publikum…

Zorn

Der Bandname hört sich auf den ersten Blick nach rotzigem Punkrock oder so an, aber weit gefehlt: Die Tourette Boys aus Dresden stehen für bluesig-angehauchten psychedelischen Artrock mit leichten Alternative-Einflüssen irgendwo zwischen The Flying Eyes, Pink Floyd, den Black Crowes und Robert Plant. Sind die Jungs bisher relativ unter dem Radar geflogen, sollte sich das mit der neuen Veröffentlichung „Zorn“ hoffentlich ändern, denn was da im Player landet, überrascht von der ersten Sekunde an mit wohlig-groovenden Sounds, ein wenig psychedelisch, ein wenig mythisch, aber immer perfekt ins Ohr treffend.

„Zorn“ ist der zweite eigene Longplayer des 2012 in Dresden gegründeten Trios, dazu kommen eine EP und drei Split-Releases mit Gaffa Ghandi und Tim Holehouse. Das neue Album überzeugt durch die Bank weg durch cleveres Songwriting und spannende Arrangements, die sich geschickt zwischen Psychedelic, Heavy Fuzz, Stoner- und Artrock bewegen. ‚Psychedelic Summoning‘ oder ‚Fuzz‘ sind dann auch absolut passende Songtitel, deren Name hier definitiv Programm ist. Das Ergebnis erinnert an die frühen Alben von Pink Floyd, ergänzt deren Sound jedoch noch um spannende Blues-Elemente und ein paar düster-dümpelnde Post-Rock-Momente. Dieser Genre-Spagat gelingt ganz hervorragend.

Manchmal liegt vielleicht ein wenig zu viel Hall auf den Vocals des Frontmannes Benjamin Butter, dann konzentriert sich der Mix zu sehr auf die instrumentalen Parts, aber im Prinzip trägt auch das zur leicht mythischen Grundstimmung des Albums bei und wird von uns mal als „künstlerisch so gewollt“ verbucht. Nach „Zorn“ wird man die Tourette Boys auf jeden Fall in näherer Beobachtung halten müssen, denn sie liefern hier ein erstklassiges Album ab, das es schafft, sowohl Artrock- als auch Stoner- und Psychedelic-Fans zu begeistern.

BLACK LUNG – Heavy Fuzz zum Tourauftakt

Die niederschmetternde Diagnose des Arztes lautet: Schwarze Lunge. Aber kein Grund zur Panik, handelt es sich doch bei Black Lung um eine spannende Band aus der US-Metropole Baltimore, über die wir in den letzten Wochen schon mehrfach berichtet haben. Höchste Zeit also, die Jungs nach unserer Albumrezension und dem Interview auch mal live unter die…

BLACK LUNG: Etwas, dass Ihr niemals wieder sehen werdet!

Zuviel Rauchen kann zu einer schwarzen Lunge führen. Unschön. Viel schöner ist da der spannende psychedelische Bluesrock von Black Lung. Das Trio aus Baltimore verknüpft „Heavy Fuzz“ mit Doom- und Stoner-Einflüssen und veröffentlicht am 22. März sein drittes Album. Die Band Black Lung wurde ursprünglich als Nebenprojekt der Psychedelic-Rock-Band The Flying Eyes gegründet und setzt…

Ancients

The Flying Eyes sind tot. Lang lebe The Flying Eyes. Nein, in diesem Fall Black Lung. Die Psych-Rock-Truppe The Flying Eyes aus Baltimore haben sich letztes Jahr aufgelöst. Ursprünglich 2014 als Seitenprojekt der beiden Bandmitglieder Adam Bufano (Gitarre) und Elias Schutzmann (Drums) gegründet, starteten Black Lung vor zwei Jahren mit ihrem zweiten Album „See The Enemy“ so richtig durch und legen jetzt, von allem Ballast befreit, gemeinsam dem Sänger und Gitarristen Dave Cavalier ihr drittes Album vor. „Ancients“ ist ein düsteres und absolut faszinierendes Werk geworden, das geschickt Heavy-Fuzz, Doom, Stoner-Rock, Psychedelic und Blues miteinander verknüpft.

Kritiker haben den Sound der Band als „Heavy-Metal-Psych-Prog-Blues-Rock“ bezeichnet. Da möchte man meinen: Ja was denn nun? Ein verquirlter Eintopf aus viel zu vielen Zutaten? Nein, ganz bestimmt nicht! Black Lung schaffen es, aus den vielfältigen Genres ihren ganz eigenen, unverkennbaren Mix zu basteln, der nicht nur ins Ohr, sondern auch direkt unter die Haut geht. Emotionen treffen hier auf eine dichte „Wall of Sound“, auf schwere Riffs, aber auch auf fragile, fast intime Melodien.

„Ancients“, das sind acht innovative Songs, die Erinnerungen aufkommen lassen an Schwergewichte wie Led Zeppelin oder Black Sabbath, aber immer und mit jeder Note ihren eigenen Stil finden. Tiefgründige und persönliche Texte malen ein intimes Bild der Musiker, der Sound ist düster, aber nie zu diffus. Mit beeindruckender Klarheit nimmt uns diese schwarze Lunge mit auf eine Reise durch die Nacht, beschert uns silbriges Licht am Horizont und umschmiegt uns mit Wärme, die wir der Band wohlmöglich gar nicht in dieser Form zugetraut hätten.

Für ihr drittes Album haben sich Black Lung, die normalerweise nur aus zwei tiefergestimmten Gitarren und einem Schlagzeug bestehen, Unterstützung am Bass geholt. J. Robbins, der Gitarrist und Sänger der Post-Punk-Band Jawbox war im Studio mit dabei und liefert dem Trio feine, düstere Bassparts.

Herausgekommen bei all der Mühe ist ein wunderbares, teils schwermütiges Psych-Rock-Album, ein Highlight des Jahres ganz sicher, mehr als nur unser Geheimtipp des Monats. Stoner-Rock und Doom-Fans greifen hier eh zu, aber auch allen Metallern mit einem offenen Ohr für schwere, düstere Riffs, und auch die Rocker, die einen legitimen Nachfolger von Black Sabbath oder Led Zeppelin suchen, sollten sich auf jeden Fall näher mit den Baltimorern beschäftigen. Eine bessere Visitenkarte für die anstehende Tour kann es gar nicht geben.

Lang lebe Black Lung.