Schlagwort: Disco

Burn To Boogie

Es gibt vieles, das man mit einer Zeitmaschine anstellen könnte, und es muss gar nicht immer der Versuch sein, die Zukunft oder Vergangenheit zu verändern. So etwas geht meist nach hinten los. Besser, einfach nur zurück in die 70er zu reisen, um Musik zu hören. Retro, glitzernde Discokugeln, Kool & The Gang, Funkadelic, die Bee…

Typhoons

„Disco Disco good good“ ist ein Running Gag aus dem Film „Leg dich nicht mit Zohan an“ mit Adam Sandler. Was dies mit Royal Blood zu tun hat? Beim Hören ihrer neuen Scheibe „Typhoons“ (Black Mammoth) könnten glatt Gedanken aufkommen, dass die Band den Film zu oft gesehen und den Slogan zu ernst genommen hat.

Aber einmal von vorne: Wo soll es mit einer Band hingehen, die mit ihrem selbstbetitelten Debüt im Jahr 2014 gleich auf Platz 1 der britischen Charts schoss und über die der über alles erhabene Dave Grohl sagte, es sei seine neue Lieblingsband? Der 2017er Nachfolger „How Did We Get So Dark?“ knüpfte nahtlos daran an und auch in Deutschland kam spätestens jetzt ein kleiner Hype auf. Allerdings stellte sich gleichzeitig die Frage, wie der weitere musikalische Weg aussehen könnte. Denn das Duo besteht nur aus Schlagzeuger Ben Thatcher und Bassist Mike Kerr, der seinen Bass durch sämtliche Effektgeräte jagt, um eine Gitarre zu imitieren und gleichzeitig durch Loops verschiedene Soundspuren erzeugt. Eine musikalische Limitierung ist dadurch vorbestimmt.

Die Antwort auf diese Problematik bietet „Typhoons“, auf der der Slogan aus besagtem Film zum Tragen kommt. Denn Royal Blood haben ihren Alternative-Rock mal eben mit Daft Punk kombiniert und damit endgültig discotauglich gemacht. Elektroeinflüsse und Synthesizer werden zu einem gleichwertigen neuen Element. Ob das den Gitarren Freund*innnen gefällt oder nicht, ist den Engländern egal. Songs wie „Limbo“, „Typhoons“, „Trouble’s Coming“ oder der von Queens-of-the-Stone-Age-Mastermind Josh Homme produzierte Überhit „Boilermaker“ zerren jeden unweigerlich auf die Tanzfläche, sobald die Discos wieder öffnen dürfen. Allerdings, und das ist jetzt der Nachteil, trägt die Idee nicht über die kompletten elf Tracks. Vor allem hinten raus wirkt es so, als würde zwanghaft auf das neue Konzept gepocht werden, ohne auf die eigentliche Songidee zu achten.

Royal Blood haben es auf „Typhoons“ erfolgreich geschafft ihre Musik in eine Richtung weiterzuentwickeln, mit der vorher nicht zu rechnen war. Ob der Ausflug in die Discowelt nur ein „Disco Break“ wie in „Leg dich nicht mit Zohan an“ ist oder in die Zukunft weißt, wird spannend zu beobachten sein. Die Auflösung von Daft Punk hat jedenfalls eine noch zu besetzende Lücke hinterlassen….

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Manifest

Die Disco-Metal-Maschine ist zurück! Trotz aller Spötter, Kritiker und Szenewächter ist klar, was von Amaranthe auf ihrem neuen Album „Manifest“ (Nuclear Blast) zu erwarten ist. Umso mehr überrascht der Opener „Fearless“. Ein geradliniger und kraftvoller Power-Metal-Song mit ordentlich Tempo, eingängigem Refrain, etwas Disco-Beats und abwechslungsreichem Gesang. Gute Laune, Headbanging und das Tanzbein schwingen sind programmiert. Der perfekte Amaranthe-Track!

Während der geneigte Zuhörer überlegt, was da gerade über ihn eingebrochen ist, sinniert der Rezensent, ob es trotz aller Vorbehalte moralisch vertretbar ist, den Skandinaviern tatsächlich eine Glatte 1 zu geben. Doch was ist das? Aus den Boxen kommen Geräusche. Die CD läuft und ist noch gar nicht zu Ende…

Leider kann „Make It Better“ das Niveau des Openers nicht halten. Es ist sogar eines der schwächsten Lieder des Longplayers. Dennoch lässt sich an ihm gut ablesen, wie „Manifest“ weiter verlaufen wird: Trotz des flotten Beginns setzen Amaranthe fortan lieber auf Mid-Tempo mit mal mehr, mal weniger modernen Metal-Riffs. Hinzu kommen eingängige Hooks, ein wenig Synthie-Einsatz sowie etwas Growling gepaart mit dem starken Gesang von Frontfrau Elize Ryd. All dies ist eben typisch Amaranthe. Erfreulich ist jedoch, dass die elektronischen Sounds wieder gut platziert und weniger dominant als auf den Vorgängern wirken.

Wenn Amaranthe diese Zutaten richtig mischen, ist es genau das, was die Fans hören wollen. Die unfassbar catchy erste Single „Viral“ dürfte ihre Herzen dabei höherschlagen lassen und zukünftig für volle Tanzflächen sorgen. „Scream My Name“ fällt vor allem wegen seiner deutlich hervorstechenden und leicht verqueren Synthesizer positiv auf. Ebenso können das eingängige „The Game“ oder das etwas flottere „Archangel“ als gelungen bezeichnet werden. In besonderem Maße sticht die mit Streichern und Klavier arrangierte Ballade „Crystalline“ hervor. Erwähnenswert ist ebenfalls „Do Or Die“, bei dem die ehemalige Arch-Enemy-Sängerin Angela Gossow einen Gastauftritt hat.

Auf „Manifest“ spielt die Band all das aus, was sie schon immer ausgemacht hat. Zwar handelt es sich bei einigen Songs um Standardware der Marke Amaranthe, allerdings dürfte jeder Freund der Gruppe in den zwölf Liedern gleich mehrere Highlights für sich entdecken.

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Club Majesty

Wer das Disco Inferno der 70er Jahre qua leicht verspäteter Geburt nicht live miterleben konnte hat nun die Gelegenheit, dem mutmaßlichen Revival beizuwohnen: Royal Republic graben die Glitzer-Jacketts und Disco-Kugeln aus, um auf ihrem neuen Album ‚Club Majesty‘ (Nuclear Blast) den schillernden Rausch einer durchtanzten Nacht exzessiv zu feiern.

Akustisch mutet das Ganze so an, als hätten Franz Ferdinand im Duracell-Häschen-Modus fatalerweise einen Dance Battle mit Howlin‘ Pelle Almqvist von The Hives angezettelt. Klingt abgefahren, ist es auch, aber auf die allerbeste Art und Weise. Royal Republic übertreiben es mit den Anleihen aus Glamrock – The Sweet lassen bei ‚Like A Lover Like You‘ lieb grüßen – und Disco dermaßen, dass es schon wieder cool ist. Und zwar saucool.

Die vier Schweden feiern Boogie Nights und Disco Lights (‚Can’t Fight The Disco‘) und besingen mehr als einmal die erotischen Spannungen zwischen Männlein und Weiblein, so zu hören im frech-frivolen ‚Under Cover‘ oder im 80er-verliebten ‚Anna Leigh‘. Dabei beherrschen sie die Klaviatur des Indierock ebenso meisterlich wie die eingängigen Beats der 70er. Royal Republic kreieren einen schweißtreibenden musikalischen Bastard, der die Hörerschaft nach allen Regeln der Kunst durch die Mangel dreht und am Ende mit Verachtung auskotzt – nur, damit man sich für diese Tour de Force auch noch demütig und beseelt bedankt.

Ausflippen, abgehen, den inneren John Travolta gepflegt von der Leine lassen – dafür ist ‚Club Majesty‘ der perfekte Soundtrack. Anspruchsvolle Gemüter sollten besser einen Bogen um die Scheibe machen, denn Intellektuelles oder Politisches haben Royal Republic nicht auf der Agenda, Hedonismus ist die Direktive. Bis die Glitzer-Jacketts vor lauter Extase in Fetzen am Leib hängen.

https://www.royalrepublic.net/

www.nuclearblast.de

www.starkult.de

ROYAL REPUBLIC: Neue Single ‚Anna-Leigh‘

Die schwedische Soundmaschine Royal Republic steht mit ihrem neuen Album ‚Club Majesty‘ in den Startlöchern. Kurz vor der Veröffentlichung am 31. Mai gibt’s in Form der Single ‚Anna-Leigh‘ noch ein Schmankerl, um die Vorfreude so richtig anzuheizen. Der Clip zum Song Marke back to the 80ies wurde in nur drei Tagen in Berlin unter der…

Alice

Beatsteaks, Tocotronic, Sleaford Mods – Bands, die einen popkulturell progressiven Anspruch und trotzdem das große Publikum im Blick haben, engagieren für ihre Konzerte dieser Tage gern Karies als Support. Das bestätigt eigentlich nur, dass die Stuttgarter keine Nischenband sind, es nie waren. Und das trotz ihres sperrigen Sounds und der unbedingten Entschlossenheit, am Mainstream vorbei zu musizieren und ja keine Erwartungen zu erfüllen.

Und so ist, wenig überraschend, ‚Alice‘ ganz anders als ihre beiden Vorgängerplatten. Und festigt doch, ebenso wenig überraschend, den guten Ruf von Karies. Weil sie nämlich das Signet Post-Punk im weitest möglichen Sinne auslegen und -reizen. Ihre Noise-Avancen schränkt die Band auf ihrem dritten Werk stark eine, stattdessen sind ausgeprägte Synthie-Arrangements und sphärische Melodien zu hören, die bisweilen ins dreampoppige abdriften.

Erfreulicherweise geht es nicht mehr so elegisch zu wie auf ‚Es geht sich aus‘. Der Opener ‚Holly‘ wartet sogar mit äußerst dynamischem Gesang auf, und ‚Pebbo‘ lebt von einem flotten Disco-Beat à la Hubert Kah (‚Whoo!‘). Die Achtziger lassen die Band einfach nicht los. Schöner war es jedoch, als Karies sich auf ihrem Debüt noch eher an DAF und Co. orientiert haben. Mit den ersten drei Stücken wurde ‚Alice‘ zwar ein starker Auftakt verpasst. Dessen Kredit wird im Folgenden aber durch hartnäckige Verkopftheit und synth(et)ischen Klängen langsam aufgebraucht. Die Dynamik liegt am Ende fast nur noch in den Texten der Songs.

Sicher, Karies sind vielseitig und ziehen ihr Ding durch. Sie erteilen einengenden Genre-Schubladen einmal mehr eine Absage. Auf der anderen Seite bleiben sie dadurch aber schwer fassbar und stehen für keine bestimmte Stimmung. Das ist bei etwas so Emotionalem wie Pop-Musik oft aber doch ausschlaggebend. Die Stärke der Band bleiben damit hauptsächlich die inspirierende Sicht und treffenden Kommentare auf die heutige Zeit und das Geschehen in ihr.