Schlagwort: Garage Rock

GRANDE ROSE präsentieren melodischen Schwedenrock auf Tour

Treibend, rollend, dunkel, düster, mächtig. Wer Grande Roses aus Stockholm noch nicht kennt, sollte sich schleunigst einen der anstehenden Deutschland-Termine reservieren. Die fünfköpfige Band ist irgendwie immer ‚im Aufbau‘ und auf der Suche. Vom Country kommend entwickelte sich der Sound über die letzten Jahre immer mehr in einen wuchtigen eigenen Stil. Ein Sound, der mit…

Weekend Man

Hau drauf und hab Spaß dabei – bei diesem Garagenrock wippt das Chassis des Autos fröhlich quietschend im Takt. Gleich mit dem Opener ‚Here I come (There You Go)‘ stellen Royal Republic schon mal eine Ansage in den Raum. Der Rest des Albums folgt dann in hemmungsloser Schlichtheit hinterher.

Nicht falsch verstehen, schlicht ist hier nicht negativ besetzt, nicht mal ein bisschen. Laut, geradeaus, schnell, wer Hilfe beim Aufräumen oder Putzen braucht, ist hier genau richtig bedient. Diese Musik treibt dich vorwärts und wenn du in deinem Wahn dann anfängst, wild zu entrümpeln, ohne darüber nachzudenken, um so besser. Denn wenn diese Schweden einem etwas beibringen können, dann wie man sich von unnötigem Ballast trennt.

Die Scheibe ist das musikalische Äquivalent eines Jean Claude van Damme Films (die Rezensentin mag The Muscle From Brussels ab und an ganz gern) – wer braucht schon intellektuellen Tiefgang, wenn es einfach nur amtlich zur Sache geht?

Royal Republic ziehen ihr Ding durch und es macht deutlich mehr Spaß, als IKEA Möbel zusammenzubauen. Ihr viertes Album ist auch deutlich weniger komplex, als ein Billy Regal. Aber wie gesagt, das macht nix, denn ‚Weekend Man‘ macht einfach Laune.

Are We There Yet?

‚Sind wir schon da?‘. Diese Frage, gestellt ungefähr im Minutentakt, begleitete wohl jede Kindheit auf längeren Autofahrten. Als elterliche Reaktion wurden die Scheiben hochgekurbelt, damit es nicht so kalt in der Karre wird und eine neue Zigarette angezündet. Längere Zeit auf den Straßen verbringen mittlerweile wohl auch The Animen aus dem Genfer Vorort Carouge, die seit der Gründung 2008 regelmäßig die Clubs und Bars bespassen. Mit den Zutaten Beat, Surf, Garage, Soul und Indie Rock kloppte man Anfang 2014 mit ‚Hi!‘ ein Hit-Album raus, das sich gewaschen hat.

Für das zweite Album ‚Are We there Yet?‘ musste alles noch eine Spur fetter werden, da wurde die Stilschublade noch ein bisschen weiter aufgezogen und aufgenommen wurde diesmal gleich Übersee, in Nashville/Tennessee mit Hilfe von Andrija Tokic (Alabama Shakes). Die Südstaatenromantik hält in Form von Country auch massvoll Einzug im Sound der Schweizer, so erklingen dann und wann heimelige Pedal-Steel-Gitarren. Ansonsten setzt man auf die bewährte Zusammensetzung, auf catchy Refrains, vibrierende Vintage-Gitarren, schrullige Keyboardsounds und die kratzig aufgenommenen Vocals von Sänger Théo Wyser.

The Animen gefielen sich ja bisher in ihrer Party-Laune. ‚Auf Are We there Yet?‘ bedienen sie nun auch andere Gemütslagen, begleiten bei Zweifeln, Kater, Herzschmerz. Ein Beleg dafür, dass die Band innerhalb der zwei Jahre seit ‚Hi!‘ gereift ist.

Die Reise zum Mittelmaß der Erde

Alex ist sympathisch, hat ’n Mofa und ’ne Gang. Und macht genau die Musik, die sich damit auf Anhieb assoziiert. Irgendwie laut, irgendwie frei, irgendwie verrückt.

‚Wir geh’n raus und schießen Sterne, tanzen in dem Meer aus Licht, die Konsequenzen interessier’n uns nicht.‘

(‚Immer noch so jung‘)

Richtig, ‚Die Reise zum Mittelmaß der Erde‘ ist kein Album für Autofahrer. Da reicht der Mofaführerschein, mit dem man durch die nächtlichen Straßen der quirligen Großstadt (Paris! Berlin! Schwerin!) düst und das sorglose Leben eines Sechzehnjährigen genießt. Rhetorisch aufgeweckt und extrem ergiebig zerren uns Alex und Co. durch die elf Songs ihres Debüts, erzählen von Party, Tanzen, Sommerliebe, Euphorie und offener Zukunft – der unerträglichen Leichtigkeit des Teenager-Daseins.

‚Hallo Herz, was ist da los?‘

, so emotional ist das und so süß wie der erste Sex. Um ganz alltäglichen Geschichten geht es, die doch jeder Mensch in dem Alter, wenn man denkt man sei unsterblich, immer wieder zum ersten Mal erlebt. Die Band um die Brüder Sascha und Gregor Hörold hat die Gabe, dafür unverbrauchte und trotzdem irgendwie vertraute Worte zu finden.

Wer ganz in den Texten aufzugehen und sich seiner jugendlichen Tanzwut hinzugeben vermag, den stört so manche allzu blumige Melodielinie sicher nicht; der ‚Klimbim‘ eben, für den Matze Vogel im Band-Line-up wortwörtlich zeichnet. Alex Mofa Gang setzen auf Tempo und Extraversion, aber auch der ein oder andere bemühte rauere Akkord kann nicht über die grundsätzliche Harmlosigkeit ihrer Platte hinwegtäuschen. Staunen darf man dennoch, wie überzeugend sich die Herren Musiker die Gefühlswelt eines Heranwachsenden bewahrt haben. Im Zusammenhang mit dem Video zu ‚Unser Haus‘ geben sie ein wenig von ihrem Geheimnis preis und sprechen von einem ‚jugendverlängernden Biotop‘. Mal sehen, wie lange dessen Wirkung anhält. Auf Dauer ist dieser eingeschlagene Kurs jedenfalls schwer zu halten, ohne irgendwie lächerlich zu werden.

Demons

Bier trinken, Horrorfilme schauen und Rock’N’Roll spielen: Da hat man doch wahrlich schon von schlechteren Lebensplanungen gehört. The Dahmers sind vier junge Herren mit Vorlieben für etwas aus der Mode gekommene Langhaarfrisuren und Oberlippenbärte. Geschmackssicher benannt nach dem US-Serienmörder Jeffrey Lionel Dahmer, der als The Milwaukee Monster zwischen 1978 und 1991 mindestens 17 Männer und Jugendliche in Wisconsin tötete, schickt sich das 2011 im schwedischen 7.500-Seelen-Städtchen Bromölla gegründete Quartett nun an, musikalisch Angst und Schrecken zu verbreiten.

In der Heimat ist das Albumdebüt bereits seit letztem Jahr draußen und jetzt ist ‚Demons‘ auch reif für den Rest Europas. Auf der hierzulande erhältlichen CD-Version wird die EP ‚Terror On Wheels‘ gleich mitgeliefert. Insgesamt lassen The Dahmers also satte 17 Tracks auf ihre Hörer los.

Giftige Gitarren und Vocals, Mörderballaden auf Speed – die Songs auf ‚Demons‘ preschen mit schier unbändiger Energie voran. Rock And Roll und Punk, mit Elektroschocks in der Garage zum Leben erweckt. Ein lärmender Frankenstein sozusagen, der so einige derbe Horrorstorys parat hat. Bei all dem lyrischen Gemetzel muss aber auf keinen Fall auf Hitcharakter verzichtet werden: Die Melodien klingen wie bei ‚Down On My Knees‘ oder ‚I’m Going Insane‘ richtig frisch, kraftvoll und machen so richtig Spass. Ein Song wie ‚Creepy Crawl‘ wird in gerade mal 33 Sekunden heruntergerotzt. Kommen aber dann noch Finessen hinzu wie etwa die Offbeat-Quetsche in ‚Stalker‘, dann wird die Angelegenheit nahezu genial.

‚Demons‘ versammelt Hits, die normalerweise für drei Alben reichen würden. Das Subgenre Horror-Punk-Rock’n’Roll dürfte dann aber doch etwas zu speziell für den ganz großen Wurf sein. The Dahmers ist aber jeder erdenklicher Erfolg zu gönnen. Ein absoluter Geheimtipp.

ROYAL REPUBLIC – Neues Album, Single und Herbsttour

Die Schweden sind zurück! Royal Republic haben in Berlin ihr neues Album ‚Weekend Man‘ aufgenommen, das am 26.02.16 erscheinen wird. Die vierte Scheibe von Adam Grahn, Hannes Irengård, Jonas Almén und Per Andreasson ist in Kreuzberg entstanden, wo sich die vier so wohl fühlen, dass sie es mittlerweile als ihre ‚Operationsbasis‘ bezeichnen. Vorab ausgekoppelt ist…

Poster

Tijuana Panthers, die Band aus Long Beach mit der mexikanischen Stadt im Namen, ist zurück. Gerade mal ein Jahr nach dem dritten Album ‚Wayne Interest‘ – ein Wortspiel, das im Englischen so gar nicht hinhauen will – stehen Gitarrist Chad Wachtel, Bassist Daniel Michicoff und Schlagzeuger Phil Shaheen schon wieder mit ‚Poster‘ auf der Matte.

Die Panther bieten einen eher flauschigen als fauchenden Mix aus 60s-, Garage-, Punk- und Surf-Rock. Im Gegensatz zu den kalifornischen Punkrock-Kollegen setzen die Tijuana Panthers auf perlende Akkorde, Rock And Roll Gitarren-Soli und Surf-Vibrato. Ein Song wie ‚Send Down The Bombs‘ bekommt mit seinen markanten Basslinien sogar einen Post-Punk-Touch, während ‚Power Plant‘ ordentlich Psychedelic beigemischt wird. Den Gesang teilt sich das Trio. Mit den heimeligen Backgroundchören kommt schon fast Beach Boys-Feeling auf, wäre da nicht dieser Hang zur Melancholie, der sich immer wieder einer Wolke gleich vor die Sonne über einem nahezu menschenleeren Strand schiebt.

In nur zwei Tagen aufgenommen liefert ‚Poster‘ den Soundtrack zu den länger werdenden Schatten, wenn das Meiste vom Sommer gelaufen ist. Mit Melodien, die sich hartnäckig ins Gedächtnis brennen, bei entsprechend spartanischer Produktion, die das Album zu dem macht, als das es gedacht ist: zu einem Stimmungsbild, einer Momentaufnahme.

Heydays

Von den so genannten ‚Heydays‘ ist meist im negativen Kontext die Rede. Klar: Kein Höhepunkt ohne Abwärtskurve – und wonach sich auch zurücksehnen, wenn nichts zurückliegt? So erfreut sich der kurze Begriff überwiegend spöttischer Nutzung. Etwa, wenn gegen Bands geschossen wird, die ihre besten Jahre hinter sich haben und im Stechschritt auf die Klippen der Belanglosigkeit zusteuern.

Die Total Babes passen nicht ganz in dieses Raster. Umso leichter mag ihnen als jungen Blutsverwandten ähnlich junger Bands die Betitelung ihres Albums gefallen sein, dessen altbacken verziertes Cover egalerweise entweder einen Topflappen oder eine Kachel abbildet. Die Frage nach dem Sound ist nur scheinbar eine dringlichere: Am Ende pendelt es sich irgendwo im Noise-Punkpop ein – falls es so etwas überhaupt gibt und falls man nicht schon lange, lange vorher seine Ruhe haben möchte. Denn die gönnen einem Total Babes kaum – von knapp zwei Minuten klaviergetragener, vom fernen (aber feinen) Ticken einer Standuhr rhythmisierter Besinnlichkeit, genannt ‚Sunny Side‘, einmal abgesehen. Und vielleicht dem chillig zurückgenommenen Genießer-Groove von ‚Repeat Gold‘.

Cloud Nothings‚ Schlagzeuger Jayson Gerycz gründete diese prinzipiell verzichtbare Band mit Christopher Brown an Gitarre und Mikro. Beide machten da schon als Swindlella zusammen Lärm, sahen aber Stauraumbedarf zum weiteren Auslagern ihrer Ideen. Durch entsprechend viele Siebe scheint ‚Heydays‘ geflossen zu sein, eint es doch die poppigsten, buntesten, ja: albernsten Momente des bislang Publizierten. Allerdings auch die blassesten – trotz einigem Schmackes und mehr als bloß einer Sorte eingeflossenen Frühlingsgefühls. Oder gerade deswegen: Ohne die Last, überzeugen zu müssen, mag es sich freier musizieren, aber nicht zwingend interessanter.

Schön anzuhören ansonsten, wie den Musikern die Sonne aus den Poren scheint. Schön, sich den Dreck abzuhüpfen, wenn sie den Takt vorgeben. Nur bloß nicht zu hoch – Garagendecken sind schließlich niedrig, die Spannungsbögen ebenfalls. Zum altbewährten gefuzzten Gitarrengeschrammel gesellt sich behelfsmäßig anmutende Synthesizer-Untermalung. Und in persona Cloud Nothings-Chef Dylan Baldi, um mal wieder am Saxophon auszuspannen. Ja, so eine Side-Project-Spielwiese ist ein Luxus für sich: Man hat Zeit übrig, macht daraus eine Platte und niemand kann einem dafür an den Kragen.

Moonlight

Wieso erfinden sich Musiker überhaupt neu? Entweder, man hat genug von seinem eigenen alten Schaffen und möchte neue Horizonte entdecken. Oder – es gehen einem die Ideen aus. Letzteres könnte auf Hanni El Khatib zutreffen. Was in seinem starken Debütalbum ‚Head In The Dirt‘ noch nach lässigem Garagerock à la Arctic Monkeys klang, weicht nun schleppenden, düsteren und relativ einfallslosen – wie er es nennt – ‚Bluesrock‘-Nummern. ‚Moonlight‘ überzeugt in erster Linie durch seine Unausgeglichenheit. Während der erste Song ‚Moonlight‘ von einem trägen, nervigen, nicht endend wollenden Gitarrenriff geprägt ist und somit leider einer der schlimmsten Tracks gleich zu Beginn auftaucht, erinnert das darauf folgende ‚Melt Me‘ zum Glück wieder an seine alte Zeiten. Naja, wenn man anderthalb Jahre Abstand zum letzten Album überhaupt als lange Periode bezeichnen kann. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum einige Songs noch nicht ausgereift und ideenlos wirken. Immerhin ist eine Eigenschaft geblieben: Die melodischen Refrains sind immer noch keine Stärke von ihm.

Wenigstens ein paar Titel beweisen, dass noch immer die coole Sau in Hanni El Khatib steckt. Beispielsweise ‚Worship Song (No.2)‘, bei dem man sich verzweifelt fragt, wo denn die Nummer eins geblieben ist, sticht mit seinem bluesigen Salonstil und psychedelischem Trip im Walzerrhythmus ebenso heraus wie ‚Mexico‘, ein Kontrastlied mit ruhiger, fast schon entspannter Strophe und wuchtigem, wütendem Refrain, in dem ein Synthie-Triller wie eine Sirene dröhnt. Dazu liefert der Amerikaner palästinensischer Abstammung mit ‚Dance Hall‘ eine sexy-smoothe, sehr reduzierte Nummer, die gleich an die legendäre Tanzszene aus [i]Pulp Fiction[/i] erinnert.

Nun aber zu etwas doch Verwunderlichem: Wie schon beim Song ‚Penny‘ im letzten Album hat sich Hanni El Khatib wieder an einem ‚musikalischen Vorbild orientiert‘, um es mal diplomatisch zu formulieren. Da ‚Penny‘ durch seinen in Relation zum gesamten Album unglaublich fröhlich poppigen Charakter eh schon so stark aus der Reihe tanzte, nahm man es da nicht ganz übel. Hier wirkt es eher danach, dass El Khatib möglicherweise die Ideen ausgehen: in ‚Home‘ erklingt nämlich das gleiche etwas ausgelutschte Gitarrenriff, wie es schon in ‚Nanana‘ von My Chemical Romance auftaucht. Und wenn er bei seinem nächsten Album wieder etwas klaut, hat es zumindest Tradition.

Letztlich hat sich ‚Moonlight‘ noch relativ wacker geschlagen, aber an sein Debüt kommt es bei Weitem nicht ran. ‚Head In The Dirt‘ lieferte Ohrwürmer en masse und war viel mehr – Verzeihung – ‚auf die Fresse‘. Bei ‚Moonlight‘ ist es vielmehr ein Wechselspiel aus zum einen gelungenen Songs mit alten grungigen Elementen und zum anderen eher mühsam geschriebenen, unausgereiften Titeln. Vielleicht lässt sich Hanni El Khatib beim nächsten Album einfach ein bisschen mehr Zeit – und kehrt nebenbei komplett zum alten Stil zurück.

The Subways mögen keinen prätentiösen Bullshit

Erst im September bespielten die britischen Garagen-Rocker das Berliner Lido, einen Club der grob geschätzt einen Viertel des Publikums aufnimmt, das sich am Freitag im ausverkauften Huxleys einfand. Doch ein großer Club bedeutet nicht einfach nur mehr Menschen, sondern auch mehr Platz der ausgefüllt sein will – und zwar nicht nur rein physisch. Doch obwohl die Subways sich dabei ein wenig schwer taten, kann man nicht sagen, dass es sich nicht gelohnt hätte mit dem Dreiergespann einen Abend zu verbringen…