Schlagwort: Screamo

Katharsis

Kaum scheint in Finnland mal die Sonne, schon kommt ein ungehobeltes Punk-Trio daher und unternimmt alles, damit es wieder dunkel wird. Mustasuo lärmen, brüllen und schreien voller Inbrunst gegen das Licht an. Sie scheinen nicht nur ihren inneren Dämon bekämpfen zu wollen, sondern haben an ihrem freudlosen Handwerk auch noch Freude. Denn Helligkeit blendet und verblendet. Und das kann einem Punk nicht schmecken. Also holen sie mit „Katharsis“ (Off Records) zum Rund-um-Schlag aus, um sich den Frust von der Seele zu prügeln.

Mit einer rudimentären Mischung aus Screamo, Crust und Grindcore läuten Mustasuo das Ende der schöngeistigen Kultur ein. Holpriger D-Deat, wilde Blastbeats und Kettensägen-Riffs kämpfen im wahrsten Sinne des Wortes in dem Tornado eines ächzenden und kratzenden Sound gegen einander an. Das Szenario, das sich einem eröffnet, verdient nur eine Charakterisierung: pure Verzweiflung. Das heisere Geschrei ist kaum auszuhalten. Die musikalische Darbietung ist kalt und schmerzend. Jede Note tut weh. Sie trauen sich auch, Elemente von trostlosem Noise und walzendem Industrial in ihren ätzenden Cocktail einfließen zu lassen. Eine halbe Stunde lang strapazieren sie die Nerven des Zuhörers bis zum Zusammenbruch. Gefahrensucher-Musik trifft den Kern dieser Eruption am besten. „Katharsis“ hört man nicht einfach, man wagt es, wie ein Mutprobe. Shane Embury ist mit Sicherheit ein Fan dieser verrückten Finnen.

Mit ihrem Debütalbum stehen Mustasuo in der Tradition legendärer finnischer Bands, die sich nie um Trends oder die Hörgewohnheiten des Mainstreams geschert haben. Mustasuo atmen den Spirit von Bands wie Terveet Kädet und Rotten Sound und sind dabei doch so grundverschieden. Herrlich ist die Ruhe nach „Katharsis“. Aber es wird den Moment geben, da passen die zehn Songs, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Mustasuo bei Facebook

Mustasuo bei Bandcamp

COILGUNS – Neues Video und neue Tourdaten

Coilguns

Die Schweizer Screamo-Fraktion Coilguns hat ein neues Video von ,Manicheans‘ von ihrem aktuellen Album „Watchwinders“, das am 25. Oktober via Hummus Records veröffentlicht wird, am Start. Genießt die relaxte Hektik. Das Quartett aus La Chaux De Fonds ist auch weiterhin live-technisch in hiesigen Breiten unterwegs. Hier die wichtigsten Termine für eure Planung. 16.11. – Köln…

Symmetry Lover

An angry melody inside my head,
Deadbeats are not for dancing. (‚Consequences‘)

Damit ist fast alles gesagt, was man über ‚Symmetry Lover‘ (Through Love Records, I.CORRUPT.RECORDS und Trace In Maze Records) wissen muss. Hier wird nicht getanzt, hier wird sich schwerfällig bewegt. Und ernsthaft, bedeutsam, gern auch schmerzvoll dreingeschaut. Das Dortmunder Bandprojekt lässt mit seinem Debütalbum in Screamo-Manier keinen Zweifel an seiner Gereiztheit. Und will einen Rückzugsraum schaffen für alle, die sich unverstanden, abgewiesen und ausgegrenzt fühlen.

I am sick of smiling when I’m filled with pure disgust. (‚Golden Thread‘)

Das kann nur begleitet werden von Klängen der düsteren Art. Das Album ist bepackt mit schweren Riffs und einer sirrenden Snare, der Bass bedient die tiefsten Notenlagen. Die Gitarrenwände geben mit Ansätzen von charmanten Melodien ein bisschen Halt, ansonsten sind die Stücke bewusst sperrig komponiert. Leider sind die Brüche in den Arrangements nicht immer gelungen, sondern wirken oft zu verkopft. Das entspricht wiederum dem hohen Anspruch, den die Band an ihre Songs und besonders an deren Botschaften stellt. Die ist unsubtil verpackt in dystopischen Texten voller Zorn, Enttäuschung und femal anger.

The fire’s raging inside me, I’m gonna burn you down
your attempt to shush me will raise my scorn. (‚Golden Thread‘)

Das in fast jedem der acht Songs geäußerte Bedürfnis, sich von seiner Umgebung abzugrenzen, ist vor allem für Heranwachsende wichtig, wenn nicht obligatorisch. Bis zu einem gewissen Maße kann das auch jeder kritisch denkende Mensch fortgeschrittenen Alters nachvollziehen. In seiner Unbedingtheit wird das bei Symmetry Lover aber doch irgendwann anstrengend. Und kann leicht ins Verzweifelte abrutschen, zumal die Sprache der Songs betont intellektgeleitet ist.

I won’t make peace, no I won’t,
with a devious demon.
I will dissect, I will destroy
craving for sunshine. (‚Silent Riots‘)

Nicht allzu glücklich ist die Entscheidung für englische Texte. Hier bestätigt sich, dass sie kaum ein/e Deutsche/r in so einem langgezogenen Kreisch-Gesang wirklich überzeugend rüberzubringen vermag. Das tut der Glaubwürdigkeit der Songs nicht gut. Gewollt hingegen ist, dass ‚Symmetry Lover‘ im Ganzen ein unbehagliches Album ist – so wie das Leben eben auch. Sich seinen Ängsten und seinem Ärger zu stellen, mag schmerzhaft sein, ist für einen ehrlichen Umgang mit sich selbst aber unabdingbar. Wenn so manche/r Hörer/in diese Botschaft mitnimmt, ist doch viel erreicht.