Schlagwort: Celtic Metal

Ancient Winter

Wer im breit gefächerten und längst übersättigten Land der symphonischen Klänge Zeit und Mühe auf sich nimmt, um irgendwo doch noch etwas zu entdecken, das nicht nach ermüdendem Schema F klingt, der tut sich schwer. Symphonic Metal ist einerseits zwar leicht zugänglich, auf der anderen Seite ist es aber ebenso leicht, im Sumpf der Vergessenheit zu verschwinden. Das Niveau, das es einem als Band erlaubt herauszustechen ist folglich nicht nur hoch, sondern sehr hoch! Leah gehört da auch unter eine dieser Vielen. Oder vielleicht doch nicht?

Die unauffällige Songwriterin aus Kanada präsentiert mit „Ancient Winter“ (Ex Cathedra Records) bereits ihr fünftes Album. Unauffällig deshalb, weil die fünffache Mutter als Künstlerin bisher lediglich mit Studiomusik beschäftigt war und das Touren momentan (noch) kein Thema ist. Trotzdem kann Leah seit ihrem ersten Album „Of Earth & Angels“ (2012) auf eine beachtliche Schar von Fans und begeisterte Kritiker zurückblicken. Ihr neues Werk führt ihren eingeschlagenen Weg konsequent fort. So ist „Ancient Winter“» nicht einfach nur ein weiteres Weihnachtsalbum. Vielmehr ist es die eindrückliche Weiterentwicklung einer Songwriterin, die es versteht, in jedem ihrer Songs eine Stimmung aufzubauen, die unweigerlich Kopfkino auslöst und den Zuhörer in andere Welten entführt. Dabei dominieren keltische wie auch folkloristische Klänge, die in einem symphonischen Soundgewand einen unwiderstehlich hypnotischen Mix aus Enya, Loreena McKennitt und Nightwish erzeugen. Nicht von ungefähr wird Leah mitunter auch die „Metal-Enya“ genannt.

Mit knappen 35 Minuten ist „Ancient Winter“ ein zwar sehr kurzes, aber stimmiges Album geworden, das auf jegliche weihnachtlichen Klischeesongs verzichtet. Mit Ausnahme der drei (kaum bekannten) Weihnachtssongs ‚PuerNatus‘, ‚Gaudete‘ und ‚Noël Nouvelet‘ hat Leah beim Songwriting selbst Hand angelegt. Und das Resultat grenzt streckenweise an purer Magie. Man höre sich nur mal ‚Upon Your Destiny‘ an und lasse dabei die Gedanken wandern. Klar, vermutlich wird der eine oder andere den Metal-Anteil vermissen, aber auch mit weniger Biss ist Leahs Musik weit davon entfernt seicht zu klingen.

Leah hat mit „Ancient Winter“ ein wirklich tolles Weihnachtsalbum veröffentlicht, das sich keineswegs hinter demjenigen von Loreena McKennitt „A Midwinter Night’s Dream“ zu verstecken braucht. Dennoch fehlt mir der eine, epische Song, der dem Album vorbehaltlos die Höchstnote verliehen hätte. Und dass Leah dazu fähig gewesen wäre, dass weiss man spätestens seit ‚The Quest‘ aus ihrem gleichnamigen Album. So oder so bleibt „Ancient Winter“ aber ein grossartiges Album, das mit Zuversicht auf die weitere Laufbahn dieser aussergewöhnlichen Indie-Künstlerin schauen lässt.

(Verfasst von Rosario Fazio)

Leah Website
Leah bei Facebook
Leah bei Instagram
Leah bei YouTube

LACUNA COIL – Tour mit ELUVEITIE und INFECTED RAIN

Vergangenen Freitag erschien das neue Album „Black Anima“ der italienischen Hartbrote Lacuna Coil. Jetzt geht’s darum, der Fangemeinde die neuen Songs live zu präsentieren. Dazu sind die Alternative-Metaller aus Mailand gemeinsam mit Infected Rain aus Moldawien und der Schweizer Celtic-Horde Eluveitie unterwegs. 08.11. Stuttgart, LKA Longhorn 09.11. Oberhausen, Turbinenhalle II 19.11. Frankfurt, Batschkapp 20.11. Hannover,…

Metamorphosis

Die Schweizer Highland-Metaller Pertness feiern 2019 ihren 25. Geburtstag – zum letzten Nikloaus bereits beschenkten sie sich und ihre Fans mit dem vierten Studioalbum „Metamorphosis“ (Pure Steel Records). Der Markenkern der Band ist (neben den auf der Bühne getragenen Kilts) ihr schicker Mix aus Celtic-, Power- und Thrash Metal. Der sorgte in der Vergangenheit nicht nur bei der Zielgruppe, sondern auch der schreibenden Zunft durchaus für Verzücken. Besonders die Alben „Seven Times Eternity“ (2008) und „Frozen Time“ (2012) sind hier hervorzuheben.

Die Jungs sind immer noch mit Power am Start, sei es bei den groovenden Riffs (‚Words of Lies‘), stimmig-melodischen Gitarren-Leads (Intro von ‚Firestorm‘) oder deftigen Stakkato-Thrash-Drums. So gesehen: sicher gespielt, man bleibt seiner Linie treu im Berner Oberland. Was besonders auffällt: Die drei erwähnten, stilistischen Grundelemente fließen auf dem neuen Album noch mehr zusammen, sie bilden meist ein kompaktes Konglomerat. Bei den älteren Titeln war einerseits der Power-Metal-Anteil höher und die einzelnen Stile schienen sich mehr gegenüber zu stehen. Das sorgte für sehr interessante Dynamik und Abwechslung – hier fällt „Metamorphosis“ im Vergleich schwächer aus.

Dynamik und Abwechslung gibt allerdings noch immer, beim Tempo haben die Jungs die ganze Palette voll drauf. Von wegen, Schweizer im Allgemeinen und Berner im Besonderen seien langsam! Pertness haben vor allem den Midtempo-Uptempo-Wechsel stilsicher drauf, wie bei ‚Face to Face with Hell‘ oder beim großartigen ‚Flying To The Sun“. Beim abschließenden ‚There’s a Storm In My Mind‘ kommt der Celtic-Vibe im Dreiklang von Gitarre, Gesang und Flöte am besten rüber. Bei den typisch keltischen Melodielinien macht sich allerdings mitunter etwas Monotonie breit.

Pertness Webseite
Pertness bei Facebook
Pertness bei Youtube
Pure Steel Records (Label)

Ategnatos

Eluveitie, der international bekannteste Metal-Export der Schweiz, ist zurück. Zurück in mehrerlei Hinsicht. Zurück mit einem neuen Metal-Album nach dem Akustik-Werk „Evocation II – Pantheon“ vom letzten Jahr. Zurück mit dem ersten Metal-Album seit dem Weggang von Anna Murphy, Ivo Henzi und Merlin Sutter im Mai 2016, die anschliessend Cellar Darling gründeten. Zurück mit einem Album, das laut Band in vielerlei Hinsicht an das Durchbruch-Album „Slania“ von 2008 mit dem Hit ‚Inis Mona‘ erinnert. Und zurück in den Fascination Street Studios des schwedischen Mixing-Zauberers Jens Bogren.

„Auf diesem mystischen und philosophischen Album bringen Eluveitie Mythologie, heidnischen Glauben und Spiritualität in unsere moderne Welt.“ Die Idee hinter dem Album war, die zahlreichen Krisen der Gegenwart im Licht der menschlichen Archetypen zu sehen, die sich in Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte nicht verändert haben. Das Album ist düster, ernst und wütend und doch gibt der Titel „Ategnatos“ (gallisch = Wiedergeburt) einen mehr als nur subtilen Hinweis darauf, dass ohnehin alle Existenz einem Kreislauf unterliegt.

In 16 Liedern mit einer Laufzeit von einer Stunde entfaltet das helvetische Nonett eine Urgewalt des Celtic-Death-Metal. Auch wenn die Band längst ihren eigenen Sound gefunden hat, scheint die „Wiedergeburt“ der Bandchemie und dem Kompositionsprozess gut getan zu haben. „Ategnatos“ fühlt sich aus einem Guss und „voll in die Fresse“ an wie lange nicht und lässt die letzten Alben „Helvetios“ (2012) und „Origins“ (2014) klar hinter sich zurück. Auch wenn letzteres in der Heimat erstmals Platz 1 der Albumcharts belegte und auch in Deutschland mit Platz 4 die bis anhin höchste Platzierung erreichte.

Den Album-Opener ‚Ategnatos‘ hatten die Schweizer bereits zwei Monate vor dem Release ihren Fans präsentiert und was soll man sagen? Die Flöten, die Trommeln und der Gesang von Harfenistin Fabienne Erni, die mit dem Weggang vom Murphy zur Hauptsängerin avanciert ist , geben dem Titel einen ruhigen Einstieg. Schon kurz darauf ist Frontmann Christian Glanzmann das erste Mal mit seinen Growls zu hören – vorbei ist es mit „ruhig“. In klassischer Eluveitie-Manier setzt der Bandleader den derben Gegenpunkt. Von thrashig, über die bekannten Todesgrowls bis hin zu schrillen Black-Metal-Screams wird hier gleich mit einer Bandbreite an Gesang aufgetrumpft. Auch ‚Rebirth‘, bereits weit über ein Jahr bekannt, setzt selbst für Eluveitie auf besonders derbe Drum-Beats und Screams. Natürlich mit folkigen „Unterbrechungen“. Wow.

Das Riffing und der Vibe zu Beginn von ‚The Raven Hill‘ sind eine kleine Reminszenz an ‚Inis Mona‘ . Doch hier fällt wie beispielsweise auch bei ‚A Cry In The Wilderniss‘ kurz zuvor oder dem Kracher ‚Mine Is The Fury‘ kurz danach auf, dass die Band durchaus gewillt und in der Lage ist, spannende rhythmische Variationen einzubauen. Die haben mit ihren Taktwechseln teils gar einen progressiven Touch, der durch die Variation den Gesamteindruck des Albums positiv aufwertet. Dabei war Abwechslung noch nie eine Schwäche der Band, im Gegenteil. Auch auf „Ategnatos“, das immerhin siebte Studioalbum der Schweizer, gibt es kleine Perlen, die ein wenig aus dem Rahmen fallen. So wie das einminütige Zwischenspiel mit Flöte und Gitarre mit dem Titel ‚The Silver Glow‘. Das wiederum leitet das wunderbare ‚Ambiramus‘ ein.

‚The Slumber‘ lässt zunächst ein ruhiges Wiegenlied erahnen, doch in der Mitte des Songs zerstört Glanzmann die Hoffnung auf ein Durchatmen einmal mehr. ‚Breathe‘ hat so gar keinen Todesmetall, sondern einen Alternative-Metal-Touch, was den Song nicht weniger sympathisch macht. Das minimalistisch instrumentierte ‚Eclipse‘ lässt abschliessend Fabienne Ernis Stimme bzw. dem traditionellen Irish-Folk-Gesang so viel Raum, das man zum Ende nur besonders anerkennend Nicken kann. Ein wunderbares Album hat die Band aus Winterthur da erschaffen.