Schlagwort: Dark Americana

Skeleton At The Banquet

Nach den letzten Alben waren die Erwartungen an eine neue Veröffentlichung des amerikanischen Singer-Songwriters Gill Landry sehr hoch. Das aus Louisiana stammende ehemalige Mitglied der Truppe Old Crow Medicine Show überzeugte uns zuletzt 2017 mit „Love Rides A Dark Horse“, einem der besten Dark-Country-Alben des Jahres.

Der Sänger und Gitarrist legt jetzt mit „Skeleton At The Banquet“ (Loose Music ) seinen nunmehr fünften Longplayer vor. Das leicht morbide Cover verrät direkt, was den Hörer erwartet: düster-melancholische Stimmung auf künstlerisch hohem Niveau. Neun eher zurückhaltend instrumentalisierte Songs, bei denen Landrys Stimme und Gitarre klar im Vordergrund stehen, sorgen in gewohnt hoher Qualität für relaxte, melancholische Stimmung. Country, Blues und folkige Americana verschmelzen zu einem eleganten Mix. Egal, ob die Violine in ‚A Different Tune‘ starke Akzente setzt oder ‚Nobody’s Coming‘ mit seinem dezenten Rhythmus und den eingestreuten Bläsern im Hintergrund für leicht morbide Western-Atmosphäre sorgt, Gill Landry schafft es immer wieder, Gänsehaut zu erzeugen.

‚Wicked winds are blowing‘, singt Landry im jazzigen ‚The Refuge Of Your Arms‘, einer starken Dark-Country-Ballade. Man hört ihn förmlich, diesen Wind, der über die einsame Prärie streift und dem Hörer durch die Ohren direkt in die Seele fährt. Gute Musik schafft so etwas, und dieser Musiker versteht etwas davon. Teilweise kann man seine möglichen Vorbilder gut heraushören: Die in ‚Angeline‘ prägnant eingesetzte Mundharmonika erinnert immer wieder an Bruce Springsteen.

Wer den späten Johnny Cash, Leonard Cohen und Tom Waits mag, wird Gill Landry lieben. Wer im Januar 2020 auch nur ein Genrealbum kaufen möchte, sollte hier zuschlagen. Das Bankett ist eröffnet.

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Pony

‚I’ve been around this world and it’s rotten to the core.‘

Es scheint wenig Hoffnung zu geben in der Welt von Orville Peck. Bis in die Tiefe seiner Seele melancholisch verarbeitet er auf seinem Debütalbum alles, was sein – man darf annehmen – noch relativ junges Leben an enttäuschenden Liebschaften, Verlust und unerfüllten Sehnsüchten zu bieten hat. Dennoch, so viel sei vorweggenommen, den Glauben an die wahre Liebe hat der maskierte Barde noch nicht verloren. Auf ‚Pony‘ nimmt er uns nämlich auch und vor allem mit auf seine Suche nach einem Quäntchen Glück.

Kaum ein Genre eignet sich dafür besser als Country. Peck hält es, musikalisch gesehen, mit einer recht traditionellen Auslegung desselben. Das sollte niemanden abschrecken, denn auch wenn die Rede davon ist, dass es Rosen für einen geliebten Menschen regnet, oder er vor Liebeskummer sterben will, gleitet Peck doch mit keinem der 12 Songs des Albums in Kitsch ab. Eher hat er das Zeug zum Klassiker – einem mit queeren Outlaw-Image freilich, der konservative Geschlechter- oder Beziehungsbilder auf den Kopf stellt.

Nicht nur ‚Winds Change‘ klingt wie von einem bescheiden gewordenen Elvis intoniert. Was es hier allerdings nicht gibt, ist Glamour. Stattdessen müssen wir viel Schmerz aushalten. Zumeist sparsam instrumentalisiert, sind die Songs auf Pecks samtiger, voller Stimme aufgebaut. Die spricht zu uns wunderbar klar und erzählt eine um die andere traurige Geschichte, die uns eintauchen lassen in die verborgene Welt eines Außenseiter-Daseins. Im Video zu ‚Dead Of Night‘ wurde auch visuell umgesetzt, was die Stories auf ‚Pony‘ und Pecks ganze Künstlerpersönlichkeit ausmachen: Als maskierter Cowboy durchstreift er die Unterwelt auf der Suche nach etwas, das seine Einsamkeit mildert.

Liebe ist das, im Idealfall. Peck ist fähig und willig zu ganz starken Gefühlen, was einer selbstzerstörerischen Tendenz nicht enbehrt: ‚You know darling, you bring out the worst in me. Sometimes, when I’m around you, I feel like pure evil. I guess they say nobody’s perfect, but they’ve never met a devil like you.‘ Wenn ein Hoffnungsschimmer, ein wenig Glück aufleuchtet, braust der Cowboy wiederum in Euphorie auf. Eine Idee davon bekommen wir im getriebenen ‚Buffalo Run‘, das zwischen all den getragenen Tunes plötzlich in die Höhe schießt und sich in einem fast frenetischen Ende entlädt. Das Album ist durchzogen von einem absoluten Willen zum Pathos (‚You crossed my heart, now I hope to die.‘). Hält man die Welt für so verkommen, wie es das Eingangszitat bekundet, ist das vermutlich der einzige Weg, seine Hoffnung zu bewahren und unverdrossen auf seinem Weg weiterzuziehen. Und endlich sein Glück zu finden.