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Stage

In meiner privaten Sammlung stehen, gerade frisch nachgezählt, insgesamt achtzehn Livealben der Britenrocker Thunder, von der Japan-EP bis zum Acht-Disc-Boxset. Das legt zwei Dinge nahe: a. Thunder sind live ziemlich gut und b. ich hab‘ ziemlich einen an der Klatsche.

Für „Stage“ ist nur Punkt a. relevant. Denn natürlich kann jeder, der die Band jemals live erlebt hat, bestätigen, daß die Band erst auf der Bühne so richtig auflebt. Ähnlich wie seinerzeit Slade haben Thunder nämlich die Gabe, tatsächlich die Barriere zwischen Band und Publikum verschwimmen zu lassen und so ziemlich jeden Anwesenden mit einem fetten, gutgelaunten Grinsen wieder heimzuschicken. Auch bei dem auf diesem Mitschnitt vorliegenden Gig in Cardiff ist das prächtig nachzuhören. Drummer Harry James und Basser Chris Childs legen das groovige Fundament, Ben Matthews und Luke Morley sorgen für ordentlich Gitarren-Dampf und darüber kann Frontmann Danny Bowes alle Register der Rock’n’Roll-Gesangskunst ziehen. Von kraftvoll-mitreißend bis zu bluesig-gefühlvoll, auch 37 Jahre nach Veröffentlichung seiner ersten Single mit der Band Nuthin‘ Fancy (schon damals war Luke Morley an seiner Seite!) ist und bleibt Bowes einer der besten Rocksänger überhaupt und fraglos auf Augenhöhe mit Legenden wie Plant, Rodgers und Coverdale – wenngleich das nur Wenige wissen.

Das Wesentliche wäre damit also geklärt – auf zu den Details. Im Vergleich zum 2016 veröffentlichten Package „All You Can Eat“ ist „Stage“ ein klein wenig enttäuschend ausgefallen. Es handelt sich nämlich „nur“ um einen realtiv straighten, regulären Thunder-Gig. Überraschungen in der Setlist gibt’s keine, es gibt fünf Songs von „Rip It Up“, vier vom Vorgänger „Wonder Days“ und fünf vom Debüt „Backstreet Symphony“. Die 25 Jahre Bandgeschichte zwischen „Backstreet Symphony“ und „Wonder Days“ werden mit gerade mal zwei Songs (‚River Of Pain‘ und ‚I Love You More Than Rock’n’Roll‘) abgespeist, was den acht in dieser Zeit veröffentlichten Studioalben natürlich nicht wirklich gerecht wird. So vermittelt „Stage“ für Thunder-Neulinge ein ziemlich unvollständiges Bild – auf Hits und Klassiker wie ‚Low Life In High Places‘, ‚Loser‘, ‚Everybody Wants Her‘, ‚Robert Johnson’s Tombstone‘, ‚The Devil Made Me Do It‘, ‚Just Another Suicide‘ oder ‚A Better Man‘ muss man hier nämlich verzichten. Und da die auf anderen Thunder-Livealben immer wieder eingeschoben Schmankerl wie ansonsten unveröffentlichte Coversongs oder übersehene Albumtracks hier auch fehlen, findet sich auch für den harten Fan nicht viel Anreiz.

Das bedeutet nun natürlich nicht, daß „Stage“ auch nur annähernd für die Tonne ist. Letztlich ist es ja auch egal, was gespielt wird oder nicht, solange man einfach 90 Minuten Spaß hat. Wer sich an den erwähnten Punkten nicht stört, kann und sollte hier fraglos zugreifen – Thunder sind eben einfach immer sehens- und hörenswert. „Stage“ geht somit als eine schnörkellose Dokumentation der letzten Tour durch – genau das bekommt man hier, nicht mehr und nicht weniger.

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