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Morningside

Amelia Murry ist ein Kind ihrer Zeit. In völliger Eigenregie hat sie unter ihrem Künstlernamen Fazerdaze und mit ihrer ersten EP einen Bekanntheitsgrad quer über den Erdball entwickelt, von dem manche Bands mit Label und Promo-Agentur im Rücken nur träumen können. Dem Internet ist’s gedankt, dass DIY in der Popmusik wieder eine Bedeutung hat.

Ohne Plattenvertrag und Businessplan kann es aber eben auch mal drei Jahre dauern, bis der ersten erfolgreichen Veröffentlichung – besagter selbstbetitelter EP aus dem Jahre 2014 – endlich ein profundes Album folgt. Mit ‚Morningside‘ debütiert Fazerdaze nun offiziell und schlägt per Plattenlabel dann doch den professionellen Weg ein.

Dabei hat sich der Arbeitsstil der Neuseeländerin (von Band-begleiteten Live-Auftritten mal abgesehen) nicht wesentlich geändert. Mit Gitarre und Computer bastelt sie sich zu Hause ihre Songs und bedient sich musikalisch ausgiebig in den frühen Neunziger Jahren. Damit liegt sie voll im Trend, in dem die Mischung aus Lo-Fi, Shoegaze und Dreampop derzeit so angesagt ist. Das hatten wir zwar vor Jahrzehnten alles schon einmal, aber aufgepeppt mit Drumcomputer und Synthieklängen wird es kompatibel für das Jahr 2017 gemacht.

Die digitalen Hilfsmittel haben allerdings nicht nur den Vorteil, dass Fräulein Murry die Songs in ihrer Gänze allein und bequem von ihrem Schlafzimmer aus einspielen kann. Ihre recht simplen und verspielten Synthesizereinlagen wirken doch auch immer ein wenig trashig und letztlich so billig, wie die Produktion der Tracks tatsächlich ist. Da ist es schon ein wenig schade um die Songs von ‚Morningside‘, die eine so schöne Melancholie einerseits und Leichtfüßigkeit andererseits zur Grundlage haben. Dank ihrer zarten Stimme wirkt alles von Fazerdaze entzückend verträumt, auch wenn die Saiten für ‚Misread‘ oder ‚Friends‘ mal etwas härter angeschlagen werden. Diese Zauberhaftigkeit jedoch, die z.B. die Vorabsingle ‚Little Uneasy‘ versprochen hat, hält nicht über die volle Albumlänge an. In dessen zweiter Hälfte laufen sich Arrangements leer und können die eigentlich hübschen Songideen nicht mehr konstruktiv unterstützen.

Für ein ganzes Album reicht es eben doch nicht aus, sich recht unbedarft an der heimischen Musiksoftware auszuprobieren. Wenn es für die erste EP noch interessant genug war, kann das Konzept ‚girl in bedroom on guitar‘ auf ‚Morningside‘ nicht in ganzer Linie überzeugen. Für das nächste Album wünschen wir uns daher ein klares Ziel und Mut zu mehr Profil.

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