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Khonsu – Auf den Spuren von Blade Runner und Emperor

Whiskey Soda (WS): Stell uns doch bitte Khonsu vor. Ihr seid nur zu zweit – ist die Band demnach eher ein Studioprojekt oder eine „richtige Band“? Und wie sieht es mit Live-Auftritten aus?
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S. Gronbech (SG): Khonsu besteht seit 2010. Damals habe ich die Band gegründet. Ich spiele alle Instrumente und komponiere die Songs. Auf den bisher erschienenen zwei Alben gab es mehrere Sänger. Unseren neuen Sänger T’ol würde ich aber als festes Bandmitglied bezeichnen. Auf dem Debütalbum „Anomalia“, das 2012 bei Season of Mist erschien, hat Thebon von Keep of Kalessin gesungen. Aber ich hatte den starken Eindruck, für „The Xun Protectorate“ eine andere Art von Gesang zu brauchen und habe dann T’ol kontaktiert. (Er singt bei den beiden norwegischen Death Metal Bands Chton und Killing for Company; Anm.d. Verfassers). Zusätzlich haben noch Rune Folgerø von Manes und Atrox klaren Gesang und Obsidian C. von Keep of Kalessin Gitarren beigesteuert. Die beiden sind aber „nur“ Gastmusiker und keine festen Bandmitglieder.

Leider ist Khonsu eigentlich ein Studioprojekt. Zumindest haben wir derzeit keine Pläne, live aufzutreten. Das mag sich zwar in der Zukunft ändern und hängt unter anderem auch vom Erfolg und der Aufmerksamkeit ab, die das Album bekommt. Weil wir aber nur zu zweit sind, müsste ich dann Sessionmusiker engagieren – und das ist der Hauptgrund, warum es wahrscheinlich nicht passieren wird. Das wäre einfach sehr aufwändig und teuer, auch weil ich es nur tun wollte, wenn wir eine wirklich coole Live-Show mit integrieren würden. Das ist extrem viel Arbeit und kostet viel Geld, mehr als ich bereit bin, dafür zu investieren. Ich habe ausserdem einen ganz normalen Job und andere Dinge, mit denen ich beschäftigt bin. Andererseits bin ich fest überzeugt, dass Khonsu live bestimmt ziemlich cool klingen würde. Von daher: Wenn das Album sich sehr gut verkaufen und wir ein gutes Angebot bekommen würden, würden wir uns das vielleicht schon nochmal durch den Kopf gehen lassen.

WS: Deine Musik geht ja stark in die experimentelle oder progressive Ecke. Bedeuten dir Begrifflichkeiten wie „Progressive Extreme Metal“ oder „Post Black Metal“ etwas? Und was ist dein Bezugspunkt zum Black Metal, der bei Khonsu stark zum Tragen kommt? Also, abgesehen davon, dass du aus Norwegen kommst.
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SG: Ehrlich gesagt höre ich nicht sehr viel Metal und ich habe nur sehr geringe Verbindungen zur Norwegischen Metalszene. Ich hab einen ganz normalen Job und sehr wenige Menschen aus meinem Freundeskreis hören Metal. WENN ich Metal höre, dann sind es aber tatsächlich die alten Black Metal Klassiker aus den 90ern. Darkthrone, Emperor, Gehenna und so weiter. Ich mag diese Alben vor allem wegen ihrer einzigartigen Atmosphäre und bin musikalisch entsprechend stark von diesen frühen, norwegischen Black Metal Bands geprägt. Die ganzen Genres und Schubladen interessieren mich aber davon abgesehen gar nicht.

WS: Aus der Sicht eines Musikmagazins könnte man euch im Rahmen der dennoch angeklungenen stilistichen Einreihungen ja durchaus als eine Art Geheimtipp bezeichnen. Du darfst hier jetzt schamlos Werbung machen. Warum sollte Genrefans deiner Band eine Chance geben?

SG:

Jeder, der modernen, atmosphärischen und experimentellen Extreme Metal mag, sollte mal in Khonsu reinhören. Die Musik hat viele progressive, elektronische Elemente und auch Industrial-Einflüsse. Das alles mit einem düsteren, futuristischen Dreh. Sehr innovativ und ich habe durchaus schon Stimmen gehört, die die Band in der Art und Weise wie wir verschiedene Genres miteinander mischen, als bahnbrechend bezeichnet haben. Der Hörer wird auf eine einstündige, epische Reise durch den Kosmos mitgenommen, durchlebt die unterschiedlichsten Stimmungslagen und Musikstile. Man weiss nie, was einen als nächstes erwartet.

WS: Lass uns ein wenig über euer gerade erschienenes, zweites Album „The Xun Protectorate“ sprechen. In eurer Presseinfo beschreibt ihr das Album als „sehr herausfordernd selbst für aufgeschlossene Hörer“, mit einer starken Spannung zwischen „schön und sanft“ auf der einen sowie „brutal und rauh“ auf der anderen Seite. Euer vorheriges Album, das du schon kurz erwähnt hast, ist inzwischen vier Jahre her. Inwiefern unterscheidet sich das neue Album von eurem Debüt und was scheint dir ansonsten noch erwähnenswert?

SG: Es ist auf jeden Fall noch epischer und im Gesamten einfach besser gelungen als „Anomalia“. Das neue Album hat vermutlich etwas mehr Black-Metal-Elemente, ist aber in seiner Ausrichtung nach wie vor ideenreich und vielseitig. Es gibt sehr viel zu entdecken und zu fühlen, wenn man sich dem Erlebnis öffnet. Nur dann kann man die komplette Erfahrung erleben.

Natürlich gibt es auch eine Entwicklung, das neue Album ist auf jeden Fall reifer und auch kompromissloser. Und dann sind da noch die Riffs. Auf „Anomalia“ entstanden die Riffs über einen Zeitraum von fast 15 Jahren, es waren also auch sehr alte Riffs dabei. Das neue Album habe ich im Laufe eines Monats komponiert.

3.jpg „WS: Du hast für das Konzeptalbum ja ein fiktives, dystopisches Universum entworfen, in dem die Handlung in einer mehrere hundert Jahre entfernten Zukunft abläuft. Es enthält Begrifflichkeiten aus der tibetischen Philosopie und aus der ägyptischen Mythologie. Die Texte erscheinen eher düster und pessimistisch, fast nihilistisch. Ging es dir denn auch um eine tiefere Aussage oder wolltest du „einfach nur eine coole, musikalische Geschichte“ erzählen?

SG: Ausser meiner Begeisterung für Science Fiction und dem Wunsch, mit Musik, Texten und dem Artwork mein eigenes futuristisches Universum zu präsentieren, steckt kein „tieferer Zweck“ hinter Khonsu. Die dystopische Atmosphäre hat nichts mit politischen oder religiösen Überzeugungen zu tun. Ich liebe es, über das Universum und unseren Platz darin zu spekulieren, den tieferen Sinn unsere Existenz. Aber um eine Botschaft oder etwas in der Art ging es mir dabei nicht.

Das Album handelt von einer Raumkolonie mehrere hundert Jahre in der Zukunft. Die Erde ist unbewohnbar und Raumstation ist in einer Umlaufbahn um die Sonne. Die Existenz der Bewohner dieser Stadt im Weltraum ist ohne Ziel und Richtung, ein düsterer und deprimierender Ort. Die Arbeiter auf der Raumstation sind viele Tausend Klone ohne jegliche Individualität und eigenes Bewusstsein. Einer dieser Klone „erwacht“ und beginnt Visionen zu bekommen. Mit der Zeit ist er überzeugt davon, dass der Sinn seiner Existenz ist, die Raumstation in die Sonne zu steuern und so die sinnlose Existenz der Menschheit zu beenden.

WS: Ein wichtiger Teil der Gesamterfahrung von Khonsu ist auch der visuelle Ansatz. Er erinnert an düstere Science-Fiction-Klassiker wie „Blade Runner“ oder Grapic Novels wie „Hellboy“. Es gibt eher selten Bands, die einen solche Düster-Science-Fiction-Ansatz haben. Was macht für dich die Faszination daran aus, dieses Szenario mit Metal zu verbinden?

SG: Einer meiner Lieblingsfilme ist tatsächlich „Blade Runner“ und diese Inspiration merkt man dem neuen Album offensichtlich an. Mich hat das All und der ganze Weltraum schon immer fasziniert, und daher ist das auch eine fundamentale Inspiration für Khonsu. Neben Sciene-Fiction fasziniert mich elektronische Musik und das mit Black Metal zu kombinieren. Etliche meiner liebsten Black-Metal-Alben haben auf die eine oder andere Art einen solchen Sci-Fi-Touch, zum Beispiel „In The Nightside Eclipse“ von Emperor.

WS: Wieso überhaupt ein Konzeptalbum und welche Schritte sind deiner Meinung nach elementar, um eines zu produzieren?
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SG: Ich mag Konzeptalben einfach selbst sehr gerne. Alle Lieder sind miteinander verbunden und verwoben und Teil einer übergeordneten Handlung. Gemeinsam mit dem Artwork, der Geschichte und der Musik kann man so eine viel umfassendere Erfahrung vermitteln. Bevor ich mit der Arbeit an Musik und Konzept begonnen habe, habe ich mich bewusst entschieden, etwas grosses, episches zu machen. Und da war ein Konzeptalbum dann einfach naheliegend. Die ganze Geschichte, also die einzelnen Liedtexte, habe ich nicht selbst geschrieben, sondern Torstein Parelius (Manes, Chton). Ich habe ihm die Grundidee eine düsteren, futuristischen Stadt gegeben, die in einer Umlaufbahn um die Sonne ist. Nachdem er die Texte geschrieben hatte, musste ich sie den passenden Songs kombinieren, denn er hatte nicht explizit für einzelne meiner Musikstücke geschrieben. Gleichzeitig habe ich die Ideen und Texte zu Adrien Bousson geschickt, der das gesamte Artwork entwickelt hat. Er hat einen grossartigen Job gemacht und ohne seinen fantastischen Bildern wäre das Album nicht so gut geworden.

WS: Welche abschliessenden Worte hast du? Vielleicht die Antwort auf eine Frage, die wir gar nicht gestellt haben?

SG: Es freut mich wirklich sehr, dass euch die Band und die Musik gefällt und ihr uns mit den interessanten Fragen dabei unterstützt, etwas bekannter zu werden! Und ich möchte alle deutschen Fans grüssen und ihnen viel Freude mit der Musik von Khonsu wünschen. Danke für euren Support!

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