|

Juggernaut: Alpha

Das Metal-Sextett Periphery von der US-Ostküste gehört neben TesseracT und den Animals as Leaders zur Speerspitze einer neuen Generation von Progressive-Metal-Bands, deren Ursprung wohl bei Meshuggah zu finden ist. Allesamt hervorragend exzellente Musiker, haben sie dem in vieler Hinsicht gar nicht mehr so fortschrittlichen Genre mit ihrer Öffnung zu „anderen“ Musikstilen wie Metalcore und Jazz sowie einer von den Effekten bis zur (Selbst)-Vermarktung modernen Haltung zur Musik eine Frischzellenkur verpasst, die sich nicht nur in stetig steigenden Anhängerzahlen, sondern auch in einer breiten Beachtung in Metal-Magazinen ausdrückt. TesseracT werden von Dream-Theater-Gitarren-Magier John Petrucci nicht nur für ihr letztes Album „Altered State“ als die wohl momentan beste Metal-Band verehrt und auch die Cousins von Animals as Leaders haben im vergangenen Jahr mit ihrem neuesten Werk „Joy In Motion“ bei all jenen, die Metal mit Jazz-Einflüssen lieben, für allerhöchste Verzückung gesorgt. Nun legt Periphery mit dem Doppel-Konzeptalbum „Juggernaut“ nach, das inhaltlich und auch musikalisch eine Einheit bildet, aber als zwei Einzelalben „Juggernaut: Alpha“ und „Juggernaut: Omega“ verkauft wird.

Der Einstieg ‚A Black Minute‘ auf „Juggernaut: Alpha“ klingt wie eine soft-anspruchsvolle, sich dynamisch steigernde Variante eines Linkin-Park-Songs, doch bereits mit dem knapp dreiminütigen ‚MK Ultra‘ wird jeder Ansatz von Wohlfühl-Stimmung mit harten Riffs und polyrhythmischen Wechselbädern à la Meshuggah in die Flucht geschlagen. ‚Heavy Heart‘ ist ein melodiöser Hammer-Titel. Wieder kommt einem unwillkürlich Linkin Park in den Sinn, die zwischen Klargesang und Screams oszillierenden Vocals erinnern einfach stark an deren Sänger Chester Bennington und Mike Shinoda. Der große – und bemerkenswerte Unterschied ist das wesentlich hochwertigere Songwriting. Der Gesang schmeichelt den Ohren, aber die Eingängigkeit ihrer erfolgreichen Kollegen haben die Songs nicht. Nicht einmal jene, die im Kontext des gesamten Albums chillig und melodiös daher kommen. ‚Alpha‘ läßt Electronica-Elemente aufblitzen – doch nur kurz, dann haben bei dem dynamischen Stück wieder die drei (!!) Gitarren und Sänger Spencer Soleto die absolute musikalische Deutungshoheit. Bei ’22 Faces‘ sind die Riffs wieder komplexer, progressiver im besten Sinne, der Gesang beeindruckend in seiner Bandbreite. ‚Rainbow Gravity‘ zählt mit seinen vertrackten polyrhythmischen Riffs im Hintergrund wieder zu den „sperrigeren“ Stücken, jenen, die sich erst über die Atomsphäre erschließen, die bedrohlich und chaotisch wirkt. Das abschließende ‚Psychosphere‘ ist mit über 6 Minuten das längste Lied – Nomen est Omen: Man fühlt sich durch die verwirrte Seele eines Menschen schwebend, im ständigen Wechsel zwischen beinahe medidativen Gitarrenstrecken und wutentbrannten Eruptionen von Riffs, Drums und Screams.

Vom Gesang her könnte man Periperhy als eine anspruchsvolle Variante von Linkin Park bezeichnen, aber mit Jazz- und Prog-Elementen, die zwar nicht sehr leicht verdaulich sind – aber sehr, sehr köstlich schmecken. Und das wohlmundende akustische Menü geht ja auf „Juggernaut: Omega“ gelungen und mit Vollgas weiter.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar