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Emperor – Vordergründig Legenden

Mit etwas Beschäftigung kann sich diese Frage ganz eindeutig mit „Die Wege des Black Metallers sind unergründlich“ beantworten lassen. Denn Emperor sind vieles, aber mitnichten legendärer als die berühmte Konkurrenz. Oder?

Fangen wir mit dem Musikalischen an. Die rasende Eisspeedsterei die Emperor auf ihren ersten drei Veröffentlichungen anbieten war damals neu, anders, spannend. Aber schon auf diesen Alben kann man nüchtern betrachtet nur wenig wirklich exquisites Songwriting erkennen und die progressiven Elemente die nach und nach in Massen Einzug in die Musik Emperors gefunden haben verschwinden in einem miserabel produzierten Soundbrei, der zumindest im Jahr 2017 UND selbst in remasterter Form ziemlich blechern und kreischend anmutet.

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Mit „IX – Equilibrium“ schmissen Emperor dann plötzlich mit allen nur erdenklichen Stilen um sich, um das dann als Hommage an ihre Wurzeln zu verstehen – dabei heraus kam zum Beispiel mit „The Warriors Of Modern Death“ der Beweis, dass von Quorthon stehlen nicht gleich bedeutet dass man auch nur annähernd so gut ist wie Bathory. Auch die restlichen blackmetalfremden Elemente auf dem Album machen trotz Produzentenwechsels immer noch keinen guten Klang aus. Insgesamt fand Emperor mit den kommenden Alben aber Anklang bei der Presse und so ging im Jahr 2001 eine Karriere zu Ende, die in den Glanz des Legendenstatus getaucht war obwohl es dafür eigentlich nicht wirklich viele Gründe gab. Leicht progressiv-schräges Gelärme mit unterirdischer Produktion gab es damals (wie heute) zur Genüge.

Interessanter wird es bei Emperor aber wenn man mal durch die Musik hindurchsieht. Wir haben hier eine in der Black Metal-Welt, bei Fans, kritischen Hörern und Presse gleichermaßen anerkannte und beliebte Band.

Burzum dagegen wird von aller Welt verteufelt, Fans mit Burzum-T-Shirts werden angefeindet und sogar nicht einmal auf Konzerte oder Festivals gelassen – und zwar auch auf solche, auf denen Emperor zur Genüge aufgetreten sind. Varg Vikernes mag ein Spinner sein, krude Rassentheorien aufstellen, gerne mit Feuer zündeln und Nebenbuhler um die holde Weiblichkeit gern mal aus dem Weg räumen. Ja, ein Spinner, dessen Ablehnung – zumindest was den Menschen dahinter angeht – verständlich sein mag und von Moralaposteln sogar als Muß eingefordert wird.

Wer aber sieht, dass außer Ihsahn ganz Emperor im Knast saß als das Debut entstand der darf schon einmal nachfragen. Körperverletzung beim Bassisten Tchort, Brandstiftung (ach was…woher kennen wir das denn nur?) bei Samoth und…. Mord bei Schlagzeuger Faust, noch dazu Mord an einem Homosexuellen mit eben diesem Grund als niederem Beweggrund. Mag das auch noch so lange her sein, die Kehrtwende von Saulus zu Paulus ging bei Emperor so schnell dass man den Finger an genau dieser Stelle auch so viel später gern noch einmal auflegen darf. Dass einem Burzum-Shirt-Träger der Zugang zu einem Festival verwehrt wird auf dem Emperor auftreten ist zumindest nichts anders als absolut lächerlich.

Als sich Emperor 2005 für Konzerte erneut zusammenfanden stand laut Aussage von Ihsahn ausschließlich der Kommerz im Vordergrund – man wollte damit Geld verdienen. Das haben Emperor dann auch so bis heute beibehalten, inklusive Auftritte in Wacken und anderen großen Festivals – besetzt mit einem Brandstifter an der Gitarre und einem Mörder an den Drums.
Wenn man mal rekapituliert – Eine Band voller Krimineller, ideologisch bedingter Mörder und Brandstifter die ziemlich erbärmlich produzierte Musik veröffentlicht hat, sich dann auflöst und nur weitermacht um mit maximal möglichem Kommerzgedanken Geld zu machen soll also der legendäre Gralshüter des Black Metal sein?

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Natürlich ist diese Frage in diesem Moment absichtlich extrem unfair ausformuliert, denn es gibt auch die andere Seite. Die Seite, bei der der künstlerische Kopf der Band Ihsahn zu seinen kriminell gewordenen Kollegen gehalten hat, der selbst niemals irgendwie kriminell geworden ist. Eine Band die über alle Widrigkeiten hinweg einen unter Hunderten heraushörbaren Sound entwickelt hat, ein Klangbild, das wie kein anderes zu einem Sinnbild von Frost und Eis geworden ist. Eine Band, der ihr Image eigentlich egal war – etwas das man von vielen anderen Black Metal-Bands nun wahrlich nicht behaupten kann. Eine Band die so ehrlich ist und dazu steht, dass sie mit ihrem Handwerk Geld verdienen will und klare Worte findet. Die typisch peinlichen „true“- Attitüden der Black Metal-Szene waren Emperors Sache jedenfalls nie.

Jede große Band, die etwas bewegt hat und die als „kult“ bejubelt wird sprengt üblicherweise Grenzen. Musikalische Grenzen, Provokationsgrenzen, künstlerische Grenzen. Emperor hat viele diese Grenzen ausgelotet und überschritten. Sie werden also wohl doch zurecht als eine der legendärsten Bands des Genres gelobt und ein Re-Release aller ihrer Outputs in verbesserter Form ist absolut legitim – vor allem weit legitimer als bei anderen Bands die laut eigenen Worten bei solchem „Kommerz“ nicht mitmachen würden es dann aber doch tun.

Dennoch sollte man eben auch die ziemlich dunkle Seite der Band nicht unterschlagen und die Hybris Emperor zu vergöttern aber z.B. Burzum zu verteufeln sollte man dringend ablegen. Moralische Latten hängen für alle gleich niedrig oder hoch. Der Schwarzmetall der 90er hat viele Ikonen und kaum eine davon ist integrer als die andere. Auch Emperor nicht.

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