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Bedrooms

Schande unserer Ignoranz! Fast drei Jahrzehnte ist unser Kontinent nicht mehr geteilt und in alle Himmelsrichtungen zugänglich und trotzdem kennt man hierzulande die Länder in Mittel- und Osteuropa hauptsächlich als günstige Urlaubsziele. Und was ist mit ihrer Popkultur? Von der kommt bei uns, streng westorientiert wie wir in dieser Frage nach wie vor sind, wenig an.

Da sei es Initiativen wie der von Bite it Promotion gedankt, dass sie uns eine Band wie (The) Lesser Men aus Zagreb, Kroatien ans Herz legen. Die zeigen uns mit ihrem zweiten Album ‚Bedrooms‘ nämlich, wieviel wir in popkultureller Hinsicht gemeinsam haben: die selben Einflüsse, die selben Träume, den selben Schmerz. Und das nicht nur bezogen auf Musik, sondern das Leben im Allgemeinen. ‚Disoriented Bed-Rock‘ nennen sie ihr Genre und widmen es damit dem Ort, an dem sich wohl überall auf der Welt sämtliche zwischenmenschliche Höhen und Tiefen abspielen.

So wie die einleitenden Drums es ankündigen, haben die Songs des Albums eine klare Struktur und jedes Instrument seinen vorgesehenen Platz darin. Nüchtern ist das beinah, zumindest hält die Band einen gewissen intellektuellen, durchaus gesunden Abstand zu ihrem Werk. Dennoch hat es einen sanfte Eindringlichkeit, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier jemand viel New Order gehört hat. Auch wenn das Herz mal durch geht und es frickelig wird, bewahrt der Kopf doch genügend Klarheit, um den Anschluss an die Songstruktur nicht zu verlieren. Soll heißen, (The) Lesser Men wissen in jeder Sekunde genau, was sie tun.

Was dabei herauskommt ist eine Art sophisticated Post-Rock (siehe Titeltrack, ‚Summer Is Gone and So Am I‘) mit Ausläufern in den Shoegaze (‚Hours‘, ‚Useless Man Think Tank‘). Nie rutscht das aber in Pathos ab, sondern ist angenehm abgeklärt. Nur manchmal lässt es ein wenig an Leidenschaft missen (‚Never Tell‘). Dennoch entfaltet jeder der Songs langsam ein Potential, von dem der Hörer bei den ersten Akkorden noch keine Ahnung hatte. Dieses Prinzip findet seine Perfektionierung im abschließenden ‚The Cycle‘.

Im Ganzen ist ‚Bedrooms‘ eine eher entspannte Platte. Gut zu hören – eben – im Bett, wenn es morgens keinen Grund zum frühen Aufstehen gibt oder abends mit einem guten Buch der Tag ausklingt.

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