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X – No Absolutes

Was alternative Musik betrifft, so scheint die New Yorker Luft eine konservierende Wirkung zu habe. Die dort ansässigen regionalen Größen aus dem Bereich hard bis heavy haben zumindest gefühlt eine außerordentlich hohe Überlebensdauer. Von Anthrax über Biohazard bis hin zu Agnostic Front und Sick of it All; was auch immer sich dort in den Achtzigern zusammengefunden hat, ist einfach nicht totzukriegen (nicht, dass ihnen das zu wünschen wäre). Zu dieser hartnäckigen Riege gehört auch die Metal-Band Prong, von deren Originalbesetzung aber alleine Sänger und Gitarrist Tommy Victor übrig geblieben ist. Mit ‚X – No Absolutes‘ haben die New Yorker ihr nunmehr zehntes Studioalbum veröffentlicht. Wieviel Prong steckt nach dreißig Jahren noch in Prong? Mit dem ursprünglichen thrashig-hardcore-lastigen Metal der Anfangsjahre hatte die Band schon lange gebrochen und sich stattdessen mit ultratiefgestimmten Gitarren mehr an New-Metal-Combos wie KoRn orientiert. ‚X – No Absolutes‘ setzt hingegen den gemischten Stil des Vorgängers ‚Ruining Lives‘ von 2014 fort und bedient sich musikalisch mal hier und mal da.

Der Opener ‚Ultimate Authority‘ haut einem sofort die Metalcore-Keule ins Gesicht, während das darauf folgende ‚Sense Of Ease‘ ein regelrechtes Thrash-Metal-Brett abgibt, inklusive Speed-Solos. ‚Without Words‘ erinnert mit einem ungewöhnlich melodischem Refrain mehr an Punkrock im Stile von Pennywise oder Anti-Flag, als an irgendeine Spielerei des Heavy Metal. Die erste Reaktion bei ‚Do Nothing‘ wird vermutlich der ungläubige Griff zum CD-Cover sein, denn dessen martialisches Totenkopfensemble mag irgendwie so gar nicht zu den fast schon gefühlvollen Hardrock-Klängen à la Ozzy Osbourne passen. Dafür wird der Hörer im Anschluss mit ‚Belief System‘ sogleich wieder eingenordet, denn hier kommt schon mit dem ersten Anschlagen der böse knurrenden Gitarre eine ordentliche Portion New Metal auf den Teller. ‚X – No Absolutes‘ macht seinem Namen wirklich alle Ehre, denn ‚absolut‘ ist hier überhaupt nichts. Die Scheibe könnte glatt ein Tribute-Album an die musikalischen Vorbilder der Band sein, hätte diese nicht alle Titel selbst geschrieben.

Das zehnte Album von Prong ist weder Fisch noch Fleisch, denn es verfolgt keinen Stil wirklich konsequent. Zwar kann Experimentierfreudigkeit auch ein Aushängeschild für eine Band sein, dafür müsste man es ihr allerdings auch irgendwie abkaufen und Prongs Ausflüge in die Hard- und Punkrockgefilde wirken in etwa so bemüht, wie die letzten Alben von Metallica. Einen Radiohit werden die New Yorker wahrscheinlich auch mit schonenderem Gesang und seichteren Klängen nicht landen. Von daher: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Wer vollkommener Metal-Neuling ist, dem könnte man ‚X – No Absolutes‘ allerdings wunderbar als Übersichtswerk empfehlen. Schließlich ist ja von allem ein bisschen was dabei. Nun gut, Spaß beiseite. Auch echte Prong-Fans werden auf dieser Platte wahrscheinlich den einen oder anderen Song zum Abrocken finden. Für das nächste Album könnte sich Tommy Victor aber vielleicht einmal Gedanken machen, wohin die Reise künftig gehen soll.

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