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Wuthering Nights – Live In Birmingham

Ich gebe es zu: ich bin Genesis-Fan. So richtig, ob „Foxtrot“ oder „Abacab“, ob „Trespass“ oder „Calling All Stations“, ja, auch „From Genesis To Revelation“ und „Invisible Touch“ liebe ich.

Aber.

So willkommen die Idee von Steve Hackett vor fünf Jahren war, mit einem Set von Genesis-Songs auf Tour zu gehen, mittlerweile gibt es schon das dritte Livealbum mit Schwerpunkt auf Genesis-Songs in Folge, und so langsam hätte ich nun gerne „meinen“ Steve Hackett zurück. Den, der nämlich auch nach seiner Genesis-Zeit mehr als zwanzig größtenteils brilliante Alben mit einer enormen stilistischen Reichweite aufgenommen hat. Immerhin: das erste Drittel der aktuellen „Wuthering Nights“ widmet sich exakt diesem Solo-Hackett. Doch vom letzten Album „The Night Siren“ hätte man gerne noch mehr gehört als nur drei Songs: genau die kommen nämlich dank der echten Drums in der Livesituation deutlich organischer und rockiger als auf der Studioscheibe. Dazu kommen die Klassiker ‚The Steppes‘, ‚Every Day‘ und ‚Shadow Of The Hierophant‘ plus zwei willkommene, überraschende Ausgrabungen in Form von ‚Rise Again‘ (vom großartigen Darktown“-Album) und ‚Serpentine Song‘. Der Rest der Scheibe besteht einmal mehr aus Genesis-Songs – und, ganz ehrlich, nicht jeder davon löst ungeteilte Begeisterung aus.

Das liegt zum Einem an dem nach wie vor die Gemüter spaltenden Gesang von Nad Sylvan. Dessen Manierismen und Gesangsstil wirken bisweilen ein wenig arg gekünstelt, und in den höheren Lagen tendiert er bekanntlich ein wenig zum „Knödeln“. Klar, viele mögen genau das, doch Hand aufs Herz: wenn stattdessen Drummer Gary O’Toole mit seiner leicht an John Wetton erinnernden Stimme den Gesang übernimmt (‚Blood On The Rooftops‘) oder auch Amanda Lehmann auf ‚Shadow Of The Hierophant‘ wirkt das Ganze deutlich angenehmer und, nun ja, gefühliger. Selbst Hacketts eigener Gesang mag zweifelsohne eher etwas dünn sein, wirkt aber dennoch authentischer. Dazu kommt, dass die gesamte Performance ein wenig zu „schön“ klingt: das Schräge, Unkonventionelle, Bizarre, das Genesis auszeichnete, wurde den Songs nämlich weitgehend entzogen. So wirkt die viel zu verhalten gespielte, im Original wunderbar hübsch-häßliche „Enten-treten-im-Park“-Mittelstelle in ‚One For The Vine‘ in dieser Form nicht mehr richtig, und ‚Dance On A Volcano‘ kommt auch nicht so richtig vom Fleck. Dafür darf man sich aber über das schon von Genesis höchst selten gespielte ‚Inside And Out‘ (von der „Spot The Pigeon“-EP) freuen, das Sylvan auch wirklich überzeugend interpretiert.

Bevor das jetzt zu negativ klingt: natürlich ist das Gemoser auf hohem Niveau. Und natürlich ist Sylvan auch prinzipiell ein guter Sänger, wie er auf seinen Soloplatten beweist. Im Vergleich zum Feuerwerk, das die Solosongs in den ersten fünfzig Minuten abbrennen, wirkt aber eben ein Großteil der Genesis-Songs wie von einer (exzellenten) Coverband gespielt. Das kann man natürlich ohne Frage und auch mit ausreichend Unterhaltungswert genießen, wird dem eigenständigen Solo-Künstler Hackett nicht ganz gerecht.

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