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Wheatus – Abend der Gegensätze


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Kaum hörbar sind die Backing-Vocals, welche das Duett Karlie Bruce und Gabrielle Aimée Sterbenz von sich gibt, obwohl zumindest die Letztere doch während ihres vorangegangenen Solo-Auftritts bewies, dass sie nicht nur eine Gitarre bedienen, sondern auch dazu singen kann. Ebenso zurückhaltend wie seine Kolleginnen singen spielt auch der Keyboarder Mark Palmer, der seine Tonspur genauso unauffällig unter die Musik mischt, wie er sich selber in den Bühnenhintergrund integriert – nur ein Chamäleon wäre effizienter.
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Im krassen Gegensatz dazu stehen Bassist Matthew Milligan, Drummer Will Tully und das einzige noch aktive Gründungsmitglied der Band, Frontmann Brendan B Brown, die voller Elan ihre Instrumente spielen. Während Matthew sich als Schüchternster des Dreiergespanns im Hintergrund an seinem Bassverstärker hält und mental etwas abwesend, irgendwie in der Musik versunken seine Mähne schüttelt, trommelt Will recht schwungvoll auf seinem Schlagzeug herum und jongliert geschickt mit seinen Drumsticks umher, sofern er in den Pausen zwischen den Songs nicht mit Brendan herumfeixt.

Der wiederum erweckt mit seiner Art als einziger Mensch auf der Bühne den Eindruck, als würde er tatsächlich zu den Wheatus gehören, die im Jahre 2000 die Charts stürmten – denn während Bassist und Keyboarder viel eher wie Musiker einer Progressive-Rock-Band aussehen, die Mädels gut in ein Singer/Songwriter-Duo passen würden und der Schlagzeuger zumindest visuell wohl am Besten in eine Metalcore-Band passt, tritt der Sänger und Gitarrist durch seine Art mit dem Publikum umzugehen und seinem legeren Outfit, bestehend aus Jogginghosen, einem alten roten T-Shirt und der komplett beklebten Western-Gitarre noch am jugendlichsten auf. Und das ist jetzt wirklich grotesk, da BBB doch der Älteste in seiner Band ist.
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Als nicht besonders öffentlichkeitswirksam kann man das Schaffen der Band in den letzten zehn Jahren wohl bezeichnen, sodass eigentlich nie die Frage aufkam, ob Wheatus jetzt eigentlich die Band sind, die ‚Teenage Dirtbag‘ spielte, damit einen Marke schuf und diese weiterverfolgen wollte oder aber ob Wheatus eigentlich nie vorhatten eine Teenager-Quälgeister-Band zu werden und dieses eine Lied einfach nur ein Versehen war. Schaltete man den Ton ab, könnte man denken, dass sich die Band entwickelt hat und wenn auch nicht unbedingt alt, dann doch wenigstens erwachsen und seriös geworden ist. Knipste man jedoch das Licht aus, und hörte nur die Musik, wäre man sich sicher, dass dort drei jung gebliebene Enddreißiger bis Mittvierzieger voller kindlicher oder zumindest jugendlicher Gedanken eine spaßige Show abziehen. Da jedoch Ton und Licht hervorragend funktionieren, ist das Gesamterlebnis… – grotesk. Nichtsdestowenigertrotz ziehen Brendan und seine zwei bis fünf Mitmusiker jedoch eine anständige Show ab. Gleich von Anfang an wird klar gestellt, dass es keine Setliste gibt und die Songs spontan gespielt werden, so wie das Publikum sie grade hereinruft. Also startet die Band gleich mit dem sehr an ‚Teenage Dirtbag‘ erinnernden ‚Lemonade‘ als zweitem Song. Thema: Junge, Mädchen, Liebe – oder auch nicht.
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So kommt es auch, dass bis zum sehr frühen Ende des trotzdem nicht zu kurzen Konzerts noch einige weitere Lieder über ähnliche Thematiken folgen, verpackt in jungendlich vulgäres Vokabular – auch ‚Teenage Dirtbag‘ bleibt nicht aus – sodass sich auch der Gedanke mit dem Entwickeln und Erwachsen-Werden recht bald als Unsinn entpuppt. Was dann aber schon wieder Fragen aufwirft, die auch nach langem Nachsinnieren offen bleiben: Wenn die Musik so unseriös ist, wer sind dann all diese seriösen Menschen auf der Bühne neben und um Brendan? Und wo haben die den Rest von Wheatus gelassen? Und warum machen die so unseriöse Musik? Grotesk…

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