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Vive La Fete! Vive La Révolution

Die Schweden The Leather Nun sind ohne Frage eine der wichtigsten Post-Punk-Bands überhaupt. Ende der 1970er veröffentlichten sie ihre erste EP auf dem „Industrial“-Label von No Wave-Lichtgestalt Genesis P. Orridge, John Peel verliebte sich in deren Titelsong ‚Slow Death‘ und pushte ihn in seiner Sendung nach Kräften, und auf ihren Konzerten liefen im Hintergrund auf einer Leinwand Schwulenpornos – schon eine ganze Generation vor Turbonegro. Die düstere, garagenmäßig produzierte Mischung aus Velvet Underground, Iggy Pop, Death Rock und Industrial war indes viel zu unkommerziell, um ein Massenpublikum zu erreichen – dafür der Einfluss auf nachfolgende Musikerkollegen umso größer.

Schnelles Vorspulen ins Jahr 1988. The Leather Nun haben sich in der Zwischenzeit eines deutlich verdaulicheren Sounds angenommen, irgendwo zwischen Gothic Rock, New Wave und knurrigem Bikerrock, und die Band ist auf ihrem kommerziellen Höhepunkt angelangt. Auch außerhalb Schwedens: The Leather Nun spielen, zusammen mit P.i.L., Big Country und Steve Hackett auf dem ersten Rockfestival auf sowjetischem Boden, dem Tallinn Song Festival. Der 45-minütige Set der Band ist nun als „Vive la fête! Vive la révolution!“ erstmals auf CD erhältlich. Soundtechnisch ist das Scheibchen für eine fast dreißig Jahre alte Aufnahme, die mit Sicherheit nie zur kommerziellen Verwertung gedacht war, überraschend ordentlich ausgefallen – natürlich inakzeptabel für HiFi-Fetischisten, aber die werden mit The Leather Nun eh nichts anfangen können. Hauptsächlich konzentriert sich der Set auf die zweite Hälfte der Achtziger, mit „Hits“ (in ihrer Heimat waren sie das tatsächlich) wie ‚Lust For Love‘, ‚I Can Smell Your Thoughts‘ und ‚Jesus Came Riding Along‘ und einer epochalen Version von ‚506‘. Mit ‚A Thousand Nights‘ gibt es bereits einen Vorgeschmack auf das erst zwei Jahre später erscheinende „International Heroes“-Album, und aus der Frühphase gibt es noch das alles zermahlende ‚Prime Mover‘ und die Abrissbirne ‚No Rule‘ obendrauf. Alles im grünen Bereich also, auch wenn das großartige ‚For The Love Of Your Eyes‘ (der beste Reed-Sond, den Lou nie schrieb) unverzeihlicherweise fehlt.

Klar, dem 1985er „Alive“-Album kann „Vive la fête! Vive la révolution!“ nicht ganz das Wasser reichen. Aber da genanntes Referenzwerk a. immer noch nicht auf CD erhältlich ist und b. laut Aussage der Band auch so schnell nicht sein wird, kann man „Vive la fête! Vive la révolution!“ als guten Einstieg in die Welt von The Leather Nun guten Gewissens jedem empfehlen, der oben genannte Bands mag. Fans greifen eh zu.

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