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the optimist

Anathema. An kaum einer Band scheiden sich die Geister mehr – außer vielleicht noch an Opeth. Kein Wunder, denn schließlich ist der Werdegang zweier der Mitbegründer des düsteren Metals sehr ähnlich.

Immerhin haben es so die Worte „düster“ und „Metal“ in diese Anathema-Rezension geschafft. Denn weder das eine, noch das andere ist auf diesem Album zu finden.

Es stimmt, man findet dies beides schon lang nicht mehr auf Anathema-Outputs, die sich eher dem seicht-progressiven (post)-rock zugewandt haben. Fans der alten Tage sei gesagt, dass der Bogen, den ihr um dieses Album machen solltet gar nicht groß genug sein kann.

Ähnlich wie bei Opeth machen auch Anathema Musik für Musiker. All die vielen minimalen Variationen verschiedener Themen, die kleinen Spielereien, die nur das geübte Kopfhörerohr mitbekommt sind sicherlich Zeichen von erhöhtem theoretischem musikalischen Verständnis.

Der Rest ist, um es kurz, knapp und schmerzlos auszudrücken, absoluter Müll.

Warum so hart?

Wer Yasmin Rezas grandioses Theaterstück „Kunst“ gesehen hat, wird verstehen was Anathema für Musik machen. Serge hat ein Bild gekauft. Dieses Bild ist monochromes Weiß. Er hat dafür 200.000 Francs bezahlt und referiert nun über den fantastischen künstlerischen Ausdruck dieses rein weißen Gemäldes.
Dieses Gemälde ist das neue Album von Anathema.

„The Optimist“ ist ein unfassbar großer Haufen gequirlte Langeweile, die selbst für den Paternoster in der Bezirksverwaltung Buxtehude-Nord noch zu einschläfernd wäre. Jeder Song besteht aus einer zwischen öde, sinnfrei oder einfach nur nicht vorhanden pendelnden Idee; jede dieser Ideen ist maximal 20 Sekunden lang und wird dann bis zum Erbrechen auf fünf bis sechs Minuten ausgedehnt. Der von sich selbst als Musikkenner überzeugte Indie-Prog-Rock-Hörer verfällt in verschwurbelte Lobeshymnen ob dieses unglaublichen künstlerischen Talentes, der ach so grandiosen Story dahinter, der herausragenden künstlerischen Qualität.
So wie Serges reinweißes Gemälde.
Klangsphären.
Innovativ.
Außergewöhnliche Kreativität.
atmosphärisch repetitiv.
Bullshit.
„The Optimist“ ist geradezu lächerlich langweilig.

Bei manchen Stücken wie dem instrumentalen „San Francisco“ oder „Ghosts“ möchte man fast unweigerlich nach der „Verstehen sie Spaß?“ – Kamera suchen. Meinen die das ernst? Wollen die dem zahlenden Hörer so etwas wirklich für Geld anbieten?
Die „Wildfires“ werden von so viel völlig übertöntem Hall verdorben, dass es gar nicht mehr auffällt, dass ein und derselbe Klavierakkord bis zum Erbrechen in die Tasten gedroschen wird. Sinnfrei dazwischen gelegtes Drumming, keinerlei Songstrukturen – das ist obskures, dämliches Geseiere.
„Can’t let go“? Man fragt sich langsam wirklich ob diese radiotauglich getrimmte Ödnis Programm und Absicht ist.

Dagegen sind die am Anfang als Referenz benutzen Opeth wirklich die allergrößten Künstler.

Lediglich der einzige Moment des Albums, der auf irgendeine abstruse Weise den Hörer zum Optimisten werden läßt – „Endless Ways“ – rettet das Album vor der Arschbombe des Jahres. Da tut man wenigstens so als könnte man Alcest das Wasser reichen. Klappt zwar nur bedingt, aber selbst das ist weit mehr als der Rest des Albums zusammen.

Es ist keine Schande, Dinge zu ändern. Es ist nicht falsch, sich zu verändern, Neues zu machen. Aber nicht jeder muß damit einverstanden sein. Wenn diese bis zur Unkenntlichkeit glattpolierte Langeweile das ist, was Anathema im Jahr 2017 gern machen möchten, dann sollen sie.

Es ist aber nicht notwendig dieser Art der Musik mehr Niveau zuzusprechen als tatsächlich vorhanden ist. Und man sollte manchem Wohlmeinenden, der diese Musik als „melancholisch“ beschreibt möglicherweise mal tatsächlich melancholische Musik vorspielen.
Denn Melancholie und Langeweile sind nämlich NICHT dasselbe.

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